Patti Smith – Traumsammlerin (Buch)


Patti Smith - Traumsammlerin - Cover © Kiepenheuer & WitschDieses kostbare Buch im Brevier-Format ist vieles nicht, für das man es zunächst halten könnte: eine Neuerscheinung zum Beispiel. Oder auch: im dem Sinne biographisch, dass das gesamte Leben betrachtet würde (vgl. “Just Kids”). Oder: ein reiner Gedichtband. Oder: im technischen Sinne ein Märchen (das sieht auch die Autorin selbst so, denn »Alles in diesem kleinen Buch ist wahr« S. 13). Aber nichtsdestotrotz ist es märchenhaft und traumhaft schön.

“Woolgathering” erschien bereits 1992 in den USA . Seit Ende 2013 ist es erstmals – von Brigitte Jakobeit (u.a. Übersetzerin von Miles Davis’ Autobiographie) einfühlsam ins Deutsche übertragen –  in einer aktualisierten Fassung auf dem deutschsprachigen Markt erhältlich. Der Band ist dem Vater der Rockpoetin gewidmet und versammelt »Texte über ihre Kindheit, Gedichte und Gedanken über das Leben, die Zeit und ihre Zeitgenossen« (Verlagsinfo). In diesen Texten werden viele Dinge gesammelt – Murmeln, Träume, Erfahrungen. Aber nicht, wie Menschen Briefmarken-Sammlungen komplettieren, sondern so wie Kinder eben »Schätze« anhäufen (S. 18). Allein schon der programmatische Beitrag “Die Wollsammler” hat eine lyrische Wirkung, die sonst vielleicht nur gute Haikus erzielen – ohne das Konzept allzu sehr zu erklären oder zu verraten. Auch wie hier einfache Gegenstände wie Bücher (S. 11), Faksimile-Reproduktionen (S. 45; »Einer meiner wertvollsten Schätze«) oder Verrichtungen wie die Zubereitung von Pfefferminz-Tee (S. 47) beschrieben werden, atmet buddhistischen Willen zum Hier und Jetzt. Und in der Tat erwähnt Frau Smith sogar kurz ihren Dorje.

Dennoch werden Fans des Gesamtkunstwerks “Patti Smith” sicher auch nach Erklärungen suchen – und werden mit frühen Inspirationen belohnt (Patty Waters, S. 47: »Auf jeden Fall konnte sie singen. Eine Stimme wie Rauch«). Auch Robert (Maplethorpe, S. 48) taucht zumindest namentlich kurz auf.

Besonders faszinierend ist der sich in völliger Abwesenheit großer Worte entfaltende Prozess der Suche nach einem tauglichen Ventil für all diese Gefühle, diese Kreativität. Patti ist vom Zeichnen und Malen mindestens ebenso fasziniert wie vom Schreiben (S. 67), aber »… ich hatte nicht das Zeug dazu« (S. 71). So ging es zunehmend in Richtung einer Verbindung von Schreiben/Poesie und Musik (»… wie der Ruf der Tanzmusik in einer Sommernacht. Lachen und Freude, die sich überallhin ausbreiten. Und alle tanzen, tanzen einfach nur« S. 33-34; Einschlafen zu Musik auf Rerun, S. 49). Und Freude bereitet die auch als E-Book erhältliche “Traumsammlerin” wirklich von der ersten bis zur letzten Seite!

Cover © Kiepenheuer & Witsch

Wertung: 13/15 dpt

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