Andreas Winkelmann – Housesitter (Buch)


Andreas Winkelmann - Housesitter (Cover © rowohlt)«Dicke Mauern, sichere Fenster und Türen und eine Alarmanlage waren machtlos gegen das Böse.»

Stellt euch vor, ihr kommt nach dem Urlaub nach Hause. Irgendwie riecht es anders – ihr schiebt es auf die abgestandene Luft nach zwei Wochen mit geschlossenen Fenstern. Doch dann fallen euch andere Dinge auf: Schmutz am Fensterrahmen, eine leere Dose Ravioli in der Küche… Während ihr noch versucht, den Schock zu verdauen, schält sich plötzlich ein Mann aus der Dunkelheit. Ein Mann mit einem Hammer, den er erbarmungslos auf euch niedersausen lässt.

Genau das ist Thomas und Saskia passiert. Im Glauben, Thomas ermordet zu haben, entführt der sogenannte „Housesitter“ die schwangere Frau. Was im Anschluss mit ihr geschehen ist, stellt den knapp überlebenden Ehemann und die Polizei vor ein Rätsel. Thomas begibt sich auf die Suche nach seiner Frau und versucht mithilfe der Polizistin Priska Wagner, die eigentlich an einem anderen Fall arbeitet, sie lebend zu finden. Währenddessen wiederholt sich die Tat…

Die Idee klingt nach Nervenkitzel und Gänsehaut und eigentlich darf man genau das bei den Büchern Winkelmanns auch erwarten. Leider konnte der Autor dieses Mal aber nicht ganz überzeugen.

Zweifellos hat der Thriller seine Momente und sorgt streckenweise für Beklemmung, lässt den erhofften Nervenkitzel immer mal wieder aufblitzen. Gerade zu Beginn legt das Buch stark los und steigt ohne großes Vorgeplänkel direkt in die Handlung ein – aus Sicht des Täters. Auch ist es gewohnt flüssig und insgesamt packend geschrieben. Allerdings stoppen zu viele Nebenhandlungen und für den Fortgang der Story unerhebliche Informationen immer wieder die Spannung und den Lesefluss. Zahlreiche Details sollen die Charaktere sicherlich greifbarer machen, erreichen aber letztendlich größtenteils nur ein Ausbremsen der eigentlichen Handlung.

In verschiedenen Handlungssträngen erleben wir mit Thomas sein persönliches Grauen, begleiten wir Priska bei ihren halbprivaten Ermittlungen und erhalten wir Einblick in die gestörte Psyche des Täters. Die Zusammenführung der einzelnen Plots erfolgt schlüssig und nachvollziehbar, kommt aber nicht ohne eine ganze Reihe von Klischees aus. Insbesondere der Täter, sein Motiv und seine Vergangenheit lassen kaum Neues erkennen.

Priska Wagner als starke, unabhängige Frauenfigur – ein Charaktertyp, der uns ins Winkelmanns Büchern immer wieder begegnet – erinnert ein wenig an die Journalistin Greta aus seinem jüngst unter Pseudonym erschienen Thriller „Nummer 25“. Beide Frauen sind gleichermaßen stur, unnachgiebig und entschlossen. Sie handeln auf eigene Faust und lassen sich nicht beirren. Priska ist im Prinzip der wahre Hauptcharakter, der den Großteil der Handlung trägt und dem man als Leser gerne folgt. Neben ihr verblasst Thomas als Opfer und Rächer. Er wirkt etwas farblos und langweilig, wirklich mitfühlen kann man mit ihm nicht. Interessanter, wenngleich auch viel zu klischeebehaftet, ist da der Täter, dessen Perspektive wir immer wieder einnehmen. Ein kranker Geist, der sich durch das Eindringen in fremde Heime und die Entführung hübscher Frauen ein eigenes, warmes Zuhause erschaffen will. Die Vorstellung, dass ein Verrückter während des eigenen Urlaubs ins Haus eindringt und dort die gesamte Zeit über lebt, auf diese Weise den Ort, an dem man sich am sichersten fühlt, unwiederbringlich zerstört, ist ohne Frage mehr als erschreckend. Insofern ist Thomas‘ Verzweiflung und Unbehagen, das ihn jedes Mal erfüllt, sobald er über seine Türschwelle tritt, absolut nachvollziehbar und überzeugend dargestellt. Davon abgesehen fällt es aber schwer mit ihm warm zu werden.

Fazit: „Housesitter“ reicht nicht an andere Thriller von Andreas Winkelmann heran. Die interessante, unheimliche Grundidee verliert sich in einer teilweise zähen Handlung voller Klischees. Die von Winkelmann gewohnte Spannung will nicht so recht aufkommen, sondern beschränkt sich auf einige wenige Stellen. Aufgrund des flüssigen Schreibstils lässt sich das Buch aber dennoch gut und zügig lesen.

Cover © rowohlt

Wertung: 8/15 Sicherheitsschlösser


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