Petros Markaris – Offshore


Petros Markaris - Offshore ( Cover © Diogenes)Katharsis nach der Krise – ‘Offshore’ von Petros Markaris

Die Antwort auf diese Frage gibt der Titel schon vor. Das ‘whodunnit?’, so mag man meinen, ist doch damit schon geklärt. Doch Markaris geht es in seinen Charitos nie wirklich um den kriminalistischen Übeltäter, sondern um die Seele Griechenlands.

Petros Markaris versteht sein Handwerk als Krimiautor perfekt. Scheinbar mühelos vermählt er in seinem inzwischen elften Band der Reihe um Kommissar Kostas Charitos den Fortlauf der polizeilichen Ermittlungen mit den gesellschafts- und finanzpolitischen Entwicklungen Griechenlands. Hat sich Markaris bislang an der Gegenwart seines Heimatlandes abgearbeitet, so entwirft er hier eine, ja soll man Dys- oder U-Topie sagen?

So ist es bezeichnend, dass ein Mord an einem Beamten schneller aufgeklärt wird, als Charitos die Einladung seiner Tochter zum Essen annehmen kann. Die drängendere Frage für ihn lautet: Woher kommt all das Geld? Woher die scheinbar unbeschwerte Stimmung der Griechen – nur sechs Jahre nach der großen Krise? Doch noch während seiner Gedanken passiert ein weiterer Mord, der sich nun ungleich komplexer präsentiert. Und ab hier kippt die Stimmung des Romans. Durchfluteten bis dahin ausnahmslos positive Perspektiven, wird es wieder melancholisch, beinahe sogar schicksalsergeben pessimistisch.

Die Rolle ausländischer Investoren, die Willfährigkeit griechischer Beamter und das bloße Zusehen Europas werden Griechenland wohl wieder in die Krise katapultieren. Dennoch verlieren weder Markaris noch Charitos ihren Humor, der das einzige Mittel zu sein scheint, diesem sich ewig wiederholenden Elend zu begegnen.

Den Fall an sich reichert Markaris mit einigen wirklich überraschenden Wendungen an. Und obwohl er dem Privatleben seiner Protagonisten jenseits Charistos Familie nicht so viel Raum gibt, finden sich auch hier einige Volten, die folgerichtig Abbild der gesellschaftlichen Entwicklungen sind.

Insgesamt stehen auf der Haben-Seite ein mehr als solider Kriminalfall, durchaus kluge abwägende Überlegungen über die Krise Griechenlands und der Zukunft Europas sowie ein bitterböser Blick auf die so schnell wieder aufkommenden Untriebe des Finanz- und Bankenwesens. Und spätestens hier ist der Krimi im Angesicht der Cum Ex-Geschäfte oder der Panama Papers politisch und gesellschaftsanalytisch auch für Deutschland hochrelevant.

Cover © Diogenes Verlag

  • Autor: Petros Markaris
  • Titel: Offshore
  • Teil/Band der Reihe: 11
  • Originaltitel: Offshore
  • Übersetzer: Michaela Prinzinger
  • Verlag: Diogenes
  • Erschienen: 08/2017
  • Einband: Hardcover Leinen
  • Seiten: 336
  • ISBN: 978-3-257-60814-4
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite
    Erwerbsmöglichkeiten

Wertung: 11/15 dpt


Schreibe einen Kommentar

Hinweis: Mit dem Absenden deines Kommentars werden Benutzername, E-Mail-Adresse sowie zur Vermeidung von Missbrauch für 7 Tage die dazugehörige IP-Adresse, die deinem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, in unserer Datenbank gespeichert. E-Mail-Adresse und die IP-Adresse werden selbstverständlich nicht veröffentlicht oder an Dritte weitergegeben. Du hast die Option, Kommentare für diesen Beitrag per E-Mail zu abonnieren - in diesem Fall erhältst du eine E-Mail, in der du das Abonnement bestätigen kannst. Mehr Informationen finden sich in unserer Datenschutzerklärung.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ähnliche Beiträge

Du möchtest nichts mehr verpassen?
Abonniere unseren Newsletter!

Total
0
Share