“Totengabe” ist mittlerweile der sechste Band der Archie-Sheridan- Reihe. Nachdem ein verdeckter Ermittler aus Archies Team erschossen aufgefunden wird, führen alle Beweise zu Jack Reynolds. Er ist Drogenboss, und der Ermittler wurde bei ihm eingeschleust, um dessen Verbindungen auffliegen zu lassen. Nun ist diese Aktion jedoch gefährdet, da das Team nicht weiß, ob seine Tarnung selbst aufgeflogen ist.
So will Archie Sheridan auf einer von Jack Reynolds veranstalteten Dinnerparty Informationen sammeln. Dort trifft er auf Leo, Reynolds’ mittlerweile einzigen Sohn, nachdem Gretchen Lowell dessen Schwester umgebracht hat und sein Bruder Selbstmord beging. Er ist mit Susan, einer ehemaligen Journalistin und Freundin Sheridans, liiert. Auch er ist drauf und dran, den Drogenring seines Vaters hochgehen zu lassen, seit seine Schwester vor zehn Jahren ermordet wurde.
Doch Sheridan erwacht am Morgen neben dem Fluss und kann sich nicht wirklich an die Nacht erinnern. Als er dann ein kurzes blondes Haar, was sich bald als Schamhaar herausstellt, in seinem Mund findet, stellt er sich die Frage, was in der Nacht passiert sein mag. Auch Leo kann ihm nicht alles schildern, nur dass er ihn durch einen Würgegriff kurz bewusstlos gemacht hat, da Partner seines Vaters zu dem kleinen Bootshaus kamen, wo die beiden waren. Archie war verschwunden, als Leo wieder ins Nebenzimmer kam, um nach ihm zu sehen. Anscheinend ist er die Treppen des Bootshauses zum Strand hinuntergegangen…
Außerdem wurde eine Leiche an die Insel gespült. Dieser Mord trägt die Handschrift von Gretchen Lowell, welcher einmal mehr die Flucht aus dem Gefängnis gelungen war. Sie ist Archies größte und beste Gegenspielerin und es beginnt ein Wirrwarr, das Spannung darauf aufbaut, was mit dem Ermittler und der Frau auf der Insel geschehen ist und inwieweit Gretchen dieses mal dahintersteckt.
Und dann wäre da noch Rachel, mit der Archie eine relativ offene und lockere Beziehung führt, welche eigentlich nur auf sexueller Basis ist. Susan hingegen hat immer mehr Probleme mit Leo, da dieser nicht aufgeben will, den Drogenring auszuschalten und keine Beziehung mit ihr möchte. Sie lebt oft in Angst, dass herrauskommt, dass Leo gegen seinen Vater arbeitet. Erst als Archie sich Videomaterial von der Nacht anschaut, erfährt man als Leser langsam mehr.
“Totengabe” wurde schlichtweg großartig geschrieben ist besitzt einen perfekten Spannungsbogen. Den meisten Lesern werden die Figuren aus den vorhergehenden Bänden vertraut sein, und falls nicht, wird man dennoch keine wirklichen Verständnisprobleme haben. In diesem aktuellen Band steht Gretchen wieder im Mittelpunkt – und Archies Vergangenheit mit ihr. Gretchen ist aus Archies Sicht eine wunderschöne psychopatische Serienmörderin, die es immer wieder schafft, aus Gefängnissen und Anstalten zu fliehen.
Man erkennt relativ schnell, dass die beiden eine besondere Verbindung haben, ebenso, dass Gretchen ihn sehr gut nach ihrem Willen lenken kann. Sie versucht ihn auf ihre Art glücklich zu machen. Als Archie zum Geburtstag seine Dinnerparty gibt, bekommt er in der Nacht darauf sein spezielles “Geschenk” in Form einer angespülten Leiche präsentiert – Gretchen behauptet, den Täter gesehen zu haben. Sie erwartet, dass Archie den Fall aufklärt. Hierbei versucht sie ihn zu zwingen, ihr zu vertrauen und ihr “Spielchen” mitzuspielen.
So entsteht ein Strudel, in den immer mehr Personen hineingezogen werden. Archie weiß nicht, wem er glauben soll, und Susan, die Gretchen als Druckmittel einsetzt, damit Archie ihre Befehle verfolgt, gerät näher an einige Abgründe als sie sich zu denken gewagt hat.
Die Figuren sind sehr gut konstruiert, durchdacht, besitzen Tiefe und ihre eigene Geschichte. Cain gelingt es gut, die Charaktere und deren Beziehungen darzustellen, was natürlich auch daran liegt, dass die Figuren schon einige Bände lang Zeit hatten, sich zu entwickeln. Auch der Schreibstil ist angenehm flüssig zu lesen, und das Verhältinis von Dialogen, Gedanken und Orts- und Gegenstandsbeschreibungen ist passend gewählt und ausgeglichen. Manchmal erscheinen einem die Wendungen in diesem Ausmaß jedoch als etwas weit hergeholt, und auch die einzelnen Charaktere sind manchmal zu starr in ihrem denken verankert.
Im Gesamten lässt sich jedoch sagen, dass jeder, der die Reihe bereits kennt, sie weiterlesen sollte – und auch diejenigen, denen die Reihe bislang unbekannt war, sich nicht scheuen sollten, es mal mit Archie Sheridan zu versuchen. Denn das Buch zieht einen wahrhaftig in den Bann und lässt einen erst wieder los, bis alles aufgeklärt ist.
Cover © blanvalet
- Autor: Chelsea Cain
- Titel: Totengabe
- Teil/Band der Reihe:
Teil 6 der Archie-Sheridan-Reihe - Originaltitel: Let me go
- Übersetzer: Fred Kinzel
- Verlag: blanvalet
- Erschienen: 11/2014
- Einband: Taschenbuch
- Seiten: 480
- ISBN: 978-3-442-38386-3
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 12/15 dpt