Obwohl das Cover es suggeriert, ist “All Cheerleaders Die” kein typischer Teenie-Slasher, in dem ein messerschwingender Killer sich durch High School oder College meuchelt und unter leicht beschürzten jungen Hupfdohlen für erhöhten Blutsturz sorgt.
Stattdessen hat Lucky McKees und Chris Sivertsons Hochglanz-Remake des eigenen Films von 2001 einen ähnlich mystischen Unterton wie McKees früheres Werk “The Woods”. Hexen hexen, das heißt eigentlich ist es nur eine, die Wicca Leena, die mittels eines Stein-Zaubers dafür sorgt, dass der Filmtitel vorerst ein Intermezzo bleibt.
Dabei beginnt alles wie erwartet. Die clevere Madeleine dreht einen Interview-Film mit ihrer früheren Sandkastenfreundin Alexis, mittlerweile Star des Cheerleader-Teams. Die das übliche Klischee bedient: Gut aussehen, in den Schminktopf fallen, Sex mit dem Captain der Football-Mannschaft, die leichtesten Kurse aussuchen, damit der Notenschnitt im grünen Bereich bleibt. Die durchgeplante Leere.
Leider endet das geplante beste Jahr an der Highschool für Alexis nach einer missglückten Sprungkombination schon vorm ersten Schultag mit einem Genickbruch.
Maddy bewirbt sich wenig später um den freigewordenen Platz bei den selbst ernannten “Bitches”. Nicht, um in Alexis’ Fußstapfen zu treten, sondern um den Cheerleadern, die sie in ihrem Videotagebuch unverblümt als “Kackbratzen” (etwas gepflegter “dumb bitches” im Original) bezeichnet, und explizit Alexis’ Exfreund Terry, das Schuljahr zur Hölle zu machen.
Ihr erster Versuch ist bereits so erfolgreich, dass Terry ausrastet, handgreiflich wird, und den vier Mädchen eine berserkerhafte Autor-Verfolgungsjagd liefert, die in einem tödlichen Unfall gipfelt.
Gut, wenn man eine aufmerksame Hexe kennt, die passend zur Stelle ist und sich mit Wiederbelebungszaubern auskennt.
Kleine Persönlichkeitsveränderungen muss man in Kauf nehmen, im Falle der Schwestern Martha und Hanna sogar einen kompletten Körpertausch. Dass normale Nahrungsmittel keine Option mehr sind, stellt vorerst ein größeres Problem dar. Doch wofür hat man ehemalige Freunde, die unter der Fuchtel eines soziopathischen Anführers, keinen Finger krümmten, um Leben zu retten. Jetzt müssen sie Blutzoll zahlen.
Leider erweist sich Terry, der Unsympath numero uno, als ziemlich widerstandsfähig. Doch mit Hexen und Toten spielt man nicht. Denn manchmal erheben sie sich aus ihren Gräbern. Mit der Ankündigung, dass “All Cheerleaders Die” lediglich der erste Part eines mehrteiligen Projekts sei, endet der Film.
Das konservativ-nihilistische Menschen- und vor allem Frauenbild des gemeinen Slashers unterlaufen McKee und sein Partner Sivertson ziemlich zügig. Nachdem der Prolog mit Stereotypen spielte, werden Maddy, die drei Cheerleader Tracy, Martha, Hanna und Wicca Leena recht differenziert gezeichnet. Selbst die etwas überraschende Liebesbeziehung zwischen Maddy und der zuvor verachteten Tracy, inszenieren die Regisseure recht glaubhaft und ohne spekulativen Voyeurismus.
Lucky Mckee erweist sich nach “May”, “The Woods” und “The Woman” einmal mehr als Horrorfilm-Regisseur mit explizit weiblichem Blickwinkel.
Die Jungs kommen denn auch wesentlich schlechter weg. Drogen, Sex und Football lautet die heilige Dreieinigkeit, der Terry und seine Kumpel folgen. Passend, dass das Football-Team “Dogs” heißt. Terry ist der gewissenlose Rudelführer, dem seine Freunde – mit einer zögerlichen Ausnahme – hörig folgen.
Was ihnen nicht gut bekommt, auch wenn die Racheaktion der untoten “Bitches” keineswegs reibungslos verläuft. Hier setzt es einige heftige Bluteffekte, wobei McKee & Sivertson insgesamt relativ zurückhaltend agieren. Eine Splatter-Orgie ist “All Cheerleaders Die” zu keinem Zeitpunkt.
Der Film lässt sich – bei knapp neunzig Minuten Länge – Zeit, seine Geschichte zu entwickeln, kippt nach dem ersten Drittel vom Rache- zum übernatürlichen Hexen-Thriller. Behält aber über die komplette Strecke seinen märchenhaften Charakter mit düsteren Untertönen bei.
Ob man dem Film Gutes tut, ihn als blutige, erotische Horrorkomödie zu lancieren, ist fraglich. Denn der Witz ist eher sarkastisch, hintergründig und nicht allzu breit gestreut. Glücklicherweise verwursten die beiden Regisseure den Körpertausch-Aspekt nicht zum bloßen Klamauk. Sorgt für dezidierte Verwirrung bei den Schwestern und eröffnet neue Möglichkeiten, die nicht ausschließlich zur Freude der Beteiligten ausprobiert werden.
So ist “All Cheerleaders Must Die” eher ein blutiges Melodram, das pubertäres Gefühlschaos, den Preis der Freundschaft und die Verlogenheit allzeit brüchiger Normen thematisiert. Natürlich bleibt der Film ein weitgehend unterhaltsamer Horrorstreifen, weit in die Tiefe gehende Psychologisierung gibt es nicht, dafür bleibt der männliche Teil der Belegschaft zu unsympathisch und stereotyp. Die Charakterstudien der Protagonistinnen sind wesentlich besser gelungen.
Schauspielerisch ist das recht ansprechend geraten, insbesondere die ehemaligen “Neighbours”-Kolleginnen Caitlin Stasey (als Maddy) und Sianoa Smit-McPhee (Leena) machen ihre Sache sehr gut, die restliche Belegschaft gibt ihren Figuren plakativ aber stimmig individuelle Facetten. Geschickter Schachzug zudem, für den psychopathischen Terry mit dem glatten, smarten Tom Williamson zu besetzen, dem man seine ethische Ödnis nicht auf den ersten Blick ansieht.
Technisch ist der Film – insbesondere angesichts seines nicht exorbitant hohen Budgets – ebenfalls ordentlich geraten. Etwas aseptisch vielleicht, und bei den CGI-Effekten muss man wie üblich ein Auge zudrücken, damit sie halbwegs beeindruckend aussehen. Die bonbonbunte Farbgestaltung, die wenigen, fast theaterhaften Settings passen zum Sujet, und der Verzicht auf die Betonung des “Grindhouse”-Effekts ist den Filmemachern hoch anzurechnen. Sie nehmen ihre Figuren und ihre Geschichte ernst, wie man ein mystisches Horror-Märchen halt ernst nehmen sollte.
Als Partyfilm würde ich allerdings etwas anderes einlegen.
Cover & Szenenfotos © Koch Media
- Titel: All Cheerleaders Die
- Originaltitel: All Cheerleaders Die
- Produktionsland und -jahr: USA
- Genre:
Horror, Mystery, Thriller, Dramedy,
- Erschienen: 04.12.2014
- Label: Koch Media
- Spielzeit:
86 Minuten auf DVD
89 Minuten auf Blu-Ray - Darsteller:
Caitlin Stasey
Sianoa Smit-McPhee
Brooke Butler
Amanda Grace Cooper
Reanin Johannink
Tom Williamson - Regie:
Lucky Mckee
Chris Sivertson
- Drehbuch:
Lucky Mckee
Chris Sivertson - Kamera: Greg Ephraim
- Musik: Mads Heldtberg
- Extras:
Hinter den Kulissen (ca. 24 Minuten)
Original Kinotrailer
Trailershow
- Technische Details (DVD)
Video: 2.35:1 (16:9)
Sprachen/Ton: D, GB/DTS, Dolby Digital 5.1
Untertitel: D
- Technische Details (Blu-Ray)
Video: 2.35:1 (16:9)
Sprachen/Ton: D, GB/DTS HD-Master Audio 5.1
Untertitel: D - FSK: 16
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 10/15 dpt