Brandon Sanderson – Schatten über Elantel. Ein Nebelgeborenen-Roman (Wax und Wayne 2; Buch)


Brandon Sanderson - Schatten über Elantel (Cover © Piper Verlag GmbH)An einem späten Mittwochabend verlor ich mich, nach Anlaufschwierigkeiten, in den Straßen einer fremden Stadt, dachte über soziale Gerechtigkeit und Populismus nach: „Schatten über Elantel“.

Waxilium Landrian ist Gesetzeshüter mit Leib und Seele und zudem eine ziemliche Berühmtheit in Elantel. Sowohl seine Fähigkeiten als Münzwerfer als auch seine schadensreiche Art der Verbrecher*innenjagd bereiten Feind*innen wie Vorgesetzten ziemliches Kopfzerbrechen. Gemeinsam mit dem kleptomanisch veranlagten Wayne und der Polizistin Marasi muss er manche Einrichtung zertrümmern, um seine uralte und mächtige Gegnerin zu besiegen.

„Schatten über Elantel“ ist der zweite Band der Wax-and-Wayne-Reihe von Brandon Sanderson, der aber – so versprach es der Verlag – problemlos auch als Einstieg in die Welt von Scadrial gelesen werden kann. Andererseits kündigte der auch „feinen Humor“ an, ein Prädikat, bei dem im Fantasy-Genre grundsätzlich Vorsicht geboten ist. So verwundert es auch nicht weiter, dass der Witz des Buches häufig derb und plump daherkommt und den Lesefluss eher stört als bereichert. Dennoch funktioniert das Buch nach dem holprigen Start mit fortschreitender Seitenzahl immer besser, was weniger an den zwar detailreich, aber dennoch seltsam leblos gezeichneten Figuren liegen dürfte, als mehr an dem Setting von Sandersons Roman.

Im Gegensatz zur ersten Nebelgeborenen-Trilogie schuf der Autor für die Wax-und-Wayne-Reihe, zu der „Schatten über Elantel“ zählt, ein überzeugendes Steampunk-Western-Setting mit Anleihen des späten 19. Jahrhunderts einschließlich der Frage nach Arbeiter*innenrechten und Herrschaftsprivilegien: Hemdsärmelige Justiz außerhalb der zivilisierten Großstadt, Kutschen und Automobile, Halstücher und Nebelmäntel, aber auch überlastete Fabrikarbeiter*innen und ein Heer von Arbeitslosen, dazu eine korrupte Politik- und Adelskaste und zwielichtige Verbrechertypen irgendwo zwischen Billy the Kid und Al Capone. Interessant ist dieses Gemisch nicht zuletzt mit Blick auf die aktuelle politische und wirtschaftliche Situation der USA, die mit großen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verwerfungen einhergeht. Auch im Roman ist der Arbeiter*innenaufstand die Wiederholung eines bereits zuvor ausgetragenen Kampfes um soziale Gerechtigkeit, den man längst ausgetragen glaubte. Leider zeigt sich, wie bei den Hauptfiguren, auch bei den Arbeiter*innen Sandersons Schwäche, Handlungsmotivationen glaubhaft zu vermitteln.

Seine Stärke allerdings sind Stimmungen und der große Spannungsbogen: Den dehnt Sanderson sehr überzeugend in der zweiten Hälfte seines Romans zu einem langen Showdown, der den Kampf gegen das übernatürliche Böse mit dem Aufstand der Arbeiter*innen gegen die Stadtoberen vermischt. Zweifelhaft ist am Ende einmal mehr die populistische Schlussbotschaft des Romans auf der Metaebene: Das Volk – in Gestalt eines hochanständigen Polizeichefs – erhebt sich gegen eine korrupte und dekadente Elite, die nur darum korrupt und dekadent ist, weil sie die Regierungsgewalt innehat. Da kann man sich direkt auf den nächsten Aufstand freuen.

Fazit: „Schatten über Elantel“ ist eine gute Idee mit manchen Schwächen in der Umsetzung; Highfantasy der Definition, wenn auch nicht der Umsetzung nach. Ohne Vorwissen hilft nur Wikipedia, sich in den verschiedenen Fähigkeiten und Bevölkerungsgruppen zurechtzufinden, was dann immerhin zu einer leidlich kurzweiligen Lektüre verhilft.

Buchcover © Piper Verlag GmbH

Wertung: 9/15 dpt

  • Autor: Brandon Sanderson
  • Titel: Schatten über Elantel. Ein Nebelgeborenen-Roman
  • Teil/Band der Reihe: Wax und Wayne 2
  • Originaltitel: Shadows of Self. A Mistborn Novel
  • Übersetzer: Karen Gerwig
  • Verlag: Piper Verlag GmbH
  • Erschienen: 03/2017
  • Einband: Paperback
  • Seiten: 528
  • ISBN: 978-3-492-70435-9
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite
    Erwerbsmöglichkeiten

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