John Green – Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken (Buch)


John Green - Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken (Cover © Hanser)Story:
Für die 16-jährige Aza Holmes ist jeder Tag ein Kampf – allerdings nicht gegen die üblichen Sorgen und Probleme eines Teenagers, sondern gegen ihre Ängste vor Bakterien, unaussprechlichen Krankheiten und die Frage, ob sie überhaupt existiert. Ihrer besten Freundin Daisy scheint dies nichts auszumachen, sie hält treu zu ihr, auch wenn Aza nur wenig spricht und sich zumeist in ihren Gedankenspiralen verfängt. Als eines Tages der schwerreiche Davis Pickett verschwindet und auf Hinweise zu seiner Ergreifung 100.000 Dollar Belohnung ausgesetzt werden, ist Daisy Feuer und Flamme – schließlich ist Aza mal mit Davis Junior befreundet gewesen. Grund genug, den jungen Davis aufzusuchen und sich an der Jagd nach Pickett zu beteiligen. Für Aza ein Alptraum, insbesondere da sie bald mehr für Davis Junior empfindet und dafür ihren Ängsten entgegentreten muss.

Eigene Meinung:
„Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken“ ist der lang erwartete neue Roman von John Green, der nach seinem (verfilmten) Bestseller „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ endlich ein neues Jugendbuch vorlegt – dieses Mal mit einer gänzlich anderen Thematik und unerwartet erwachsenen Figuren. Der Autor zählt zu den wichtigsten und bekanntesten Stimmen im Jugendbuchbereich und hat bereits unzählige Preise für seine Werke gewonnen.

Die Geschichte dreht sich um Aza Holmes und ihre Angstzustände, die das Leben der jungen Frau bestimmen. John Green geht dabei sehr genau ins Detail und beschreibt die Gedankenspiralen, in denen sich Aza befindet überaus authentisch und beklemmend, was dafür sorgt, dass man sich gut in Aza hineinversetzen kann. Man durchlebt ihre Ängste mit ihr und leidet mit ihr, wenn sie sich nicht gegen die fiesen Gedanken wehren kann, die ihr das Leben schwer machen. Dieser Part der Geschichte ist sehr gut umgesetzt und erlaubt dem Leser einen Einblick in ein Krankheitsbild, das man sich im Normalfall gar nicht vorstellen kann. Allerdings bleibt der Rest der Handlung ein wenig auf der Strecke – die Suche nach Davis Pickett nimmt einen überraschend kleinen Teil ein, denn den beiden Freundinnen bietet sich eine unerwartete Lösung. Auch die Beziehung, die sich zwischen Davis Junior und Aza entwickelt, bleibt eher oberflächlich, woran einmal mehr Azas Gedanken und Ängste schuld sind.

(Der hinter dieser Leiste verborgene Teil der Rezension könnte eventuell spoilern, daher wird er erst per Klick sichtbar!)
Es ist ein wenig schade, dass John Green dem Roman keinen positiven Ausgang beschert, denn im Grunde endet das Buch so wie es angefangen hat. Azas Geschichte hat keinen wirklichen Anfang und kein Ende – John Green scheint dem Leser nur einen knappen Einblick in ihr Leben zu gewähren, ohne etwas zu erklären oder zu beenden. Sicherlich wird die Sache mit Picket aufgeklärt, Azas Probleme werden jedoch nicht bewältigt. Das muss nicht unbedingt schlecht sein – das wirkliche Leben hat nicht immer ein Happy End parat und endet auch nicht, wenn alle Probleme überwunden sind -wer auf ein festes Ende mit Klärung aller offenen Fragen hofft, der wird enttäuscht werden.

Die Figuren sind sehr authentisch und gut in Szene gesetzt, wenngleich sie ein wenig blass bleiben. Am besten lernt man Aza kennen, durch deren Augen man die Welt sieht. Sie ist eine Figur, die viele Schwächen und mit ihren psychischen Problemen zu kämpfen hat. Ihre Freundin Daisy bleibt dagegen etwas eindimensional (sie wird uns vorwiegend als Star-Wars-Fan vorgestellt), ebenso Davis, mit dem Aza am besten online im Chat kommunizieren kann. Dies liegt natürlich daran, dass man als Leser durch Aza eine stark eingeschränkte Sichtweise hat, da diese sich zumeist mit sich selbst beschäftigt und in ihren eigenen Gedanken gefangen ist. Dennoch ist es ein wenig schade, dass die Charaktere dadurch kaum Farbe gewinnen und man sich ebenso gefangen fühlt wie die Hauptfigur.

Stilistisch gibt es nichts zu bemängeln – John Green legt ein wunderbar stilsicheres Buch vor, das durch tolle, glaubwürdige Beschreibungen und einen sehr jugendlichen Stil besticht. Man ist nah an der jugendlichen Heldin und taucht tief in ihre Gedanken- und Problemwelt ein. Mit seinen übrigen Büchern ist „Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken“ schwer zu vergleichen, da es erwachsener wirkt. Es ist nicht so romantisiert und dramatisch wie „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“, sondern ernster und wesentlich gemäßigter was den Handlungsbogen betrifft.

Fazit:
„Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken“ ist ein gelungenes Jugendbuch von John Green, der einmal mehr seine Fähigkeit unter Beweis stellt, für Jugendliche zu schreiben und sich mit diesen zu identifizieren. Wie keinem anderen gelingt es ihm, authentische Charaktere zu entwickeln und ungewöhnliche Geschichten zu Papier zu bringen. Sein neustes Jugendbuch mag nicht an „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ herankommen, doch es gibt interessante Einblicke in ein recht unbekanntes Krankheitsbild und erzählt eine Passage aus dem Leben einer psychisch kranken Jugendlichen ohne Drama, Hektik und Action. Wer John Green liebt, kommt auch an diesem Buch nicht vorbei.

Cover © Hanser

  • Autor: John Green
  • Titel: Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
  • Originaltitel: Turtles All the Way Down
  • Übersetzer: Sophie Zeitz
  • Verlag: Hanser
  • Erschienen: 11/2017
  • Einband: Hardcover mit Schutzumschlag
  • Seiten: 288
  • ISBN: 978-3-446-25903-4 
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite

Wertung: 11/15 dpt


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