Ertrunken im Container
Helsinki. Mittsommer steht an und aufgrund des Feiertags arbeitet Kriminalkommissarin Paula Pihlaja erstmals mit Kriminalhauptmeister Aki Renko zusammen, der aufgrund seiner Redseligkeit eher gemieden, vor allem aber unterschätzt wird. Die Vermutung, dass es ruhig bleiben wird, erweist sich schnell als Trugschluss, denn vor der Villa der Lehmus-Stiftung wird ein Schiffscontainer gefunden, in dem sich ein dramatisches Todesspiel ereignete. Eine Frau mit dunkler Hautfarbe ertrank in dem Container, der mit Meerwasser gefüllt wurde. Der Container gehört der Lehmus-Gruppe, dessen Firmengründer Hannes Lehmusoja vor einigen Monaten verstarb. Das Unternehmen ist im Baugewerbe und im Bereich Logistik tätig und startet vor vielen Jahren in Namibia sein Afrikageschäft. Der neue Firmenchef ist Hannes Sohn Juhana, der mit Elina die gemeinsame Tochter Ella und den fünfzehnjährigen Adoptivsohn Jerry hat. Jerrys dunkle Hautfarbe lässt erahnen, dass er aus Namibia stammt und der Hautfarbe der toten Frau nach zu urteilen, könnte sie ebenfalls von dort stammen.
In der Familie Lehmusoja erkennt auf einem Foto des Leichnams niemand die Frau, deren wahre Identität zunächst ein Geheimnis bleibt. Es stellt sich heraus, dass es sich um Rauha Kalondo handelt, eine Universitätsdozentin, die tatsächlich aus Namibia stammt. Für Paulas Kollegen Hartikainen scheint der Fall klar, nur hat sein Gedanke einen kleinen Haken.
„Die Adoptiveltern ertränken die biologische Mutter ihres Kindes in einem Seecontainer am Tor ihrer eigenen Stiftung? Das klingt nicht besonders glaubhaft.
Ruhig erzählter Plot, aber gelungener Serienstart
Laut Verlagsinformation ist A. M. Ollikainen das – wenig originelle – Pseudonym des Ehepaars Aki und Milla Ollikainen, die beide schon jeweils Bücher geschrieben haben. „Die Tote im Container“ ist der Auftakt der Team-Helsinki-Reihe, deren zweiter Teil „Grausames Spiel“ im April 2023 erschienen ist. Wie bei einem Serienstart üblich, werden zunächst die Protagonisten vorgestellt. Das Team Helsinki besteht aus vier Ermittlern, allen voran Paula, die ein Geheimnis mit sich trägt, welches zum Romanende aufgelöst wird. Daneben Aki Renko, dessen Name sehr an die Hauptfigur von Martin Cruz Smith (Arkadi Renko, „Gorki Park“) erinnert; ein junger Familienvater, der gerne unterschätzt wird. Dann wären da noch die Kollegen Hartikainen, der seiner Ex hinterhertrauert, ohne sich dies groß anmerken zu lassen und Karhu („Bär“), von dessen sexueller Orientierung die Kollegen nichts wissen sollen.
Der Plot orientiert sich schwerpunktmäßig an Paula, gibt ab und an ihren Kollegen aber auch eigene Freiräume und streut gelegentlich auch andere Perspektiven ein, welche letztlich die „Vorgeschichte“ in Namibia aufklären, denn es steht schnell die Vermutung im Raum, dass der adoptierte Jerry womöglich Juhanas Sohn sein könnte. Ein damaliges Verhältnis mit der Ermordeten wäre ja immerhin möglich.
Wenngleich in dem Unternehmen und der Stiftung die Zahl der mitwirkenden Personen im oberen einstelligen Bereich verharrt, zuzüglich eines leicht durchgeknallten Künstlers, bleibt der Spannungsbogen durchaus auf ordentlichem Niveau. Nicht alle mögen sich an die Vergangenheit erinnern, mitunter wird gemauert, einige Geheimnisse wollen gewahrt bleiben. Die Ermittlungen werden detailliert geschildert, der Erzählstil ist durchgehend ruhig, Actionelemente gibt es erst im furiosen Finale. Mit furios sind dabei jene Kapriolen gemeint, die letztlich zur Auflösung des Falles und der familiären Verhältnisse führen. Ein Serienauftakt, der neugierig auf weitere Fälle macht, mit Potential nach oben. Angesichts des Übertitels „Team Helsinki“ verwundert allerdings, dass man kaum mitbekommt, dass die Geschichte tatsächlich in Helsinki spielt.
- Autor: A. M. Ollikainen
- Titel: Team Hesinki-Die Tote im Container
- Originaltitel: Kontti. Aus dem Finnischen von Gabriele Schrey-Vasara
- Verlag: Lübbe
- Umfang: 351 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: März 2023
- ISBN: 978-3-40418950-2
- Produktseite
Wertung: 12/15 dpt
