Wilfried Manheller – In den dunklen Gassen von Mayen (Buch)

Gesellschaftliche Abgründe in der Vulkaneifel

Im kalten Februar des Jahres 1919 wird Kommissar Jakob van de Molen frühmorgens zur Genovevaburg gerufen, denn auf dem Weg dorthin wurde die Leiche von Elfriede gefunden, die als Dienstmädchen für Stadtrat Maus arbeitet. Erst wenige Tage zuvor machte Elfriede dem überraschten Kommissar einen Heiratsantrag, obwohl sich beide kaum kannten. Ihr Exfreund Walter, der ihr in Anwesenheit van de Molens drohte, sie zu erschlagen, rückt in den Fokus der Ermittlungen, hat jedoch durch seine Trinkkumpane ein vermeintlich sicheres Alibi.

Als sich herumspricht, dass van de Molen die Ermordete anscheinend näher kannte, sieht Maus die passende Gelegenheit, sich des unbeliebten Kommissars zu entledigen. Erst vor rund fünf Monaten wurde van de Molen aus Berlin in die Stadt Mayen in der Vulkaneifel versetzt. Maus, angeblich Offizier aus Kaiserzeiten, sieht in ihm eine Gefahr, denn seine Vergangenheit weist dunkle Flecken auf, die keineswegs bekannt werden dürfen.

„Wie hieß die Stadt, in der er seine Stelle antreten sollte? Mayen? Kein Mensch in Berlin kannte diesen Ort.“

Van de Molen hat zudem mit Widerständen in den eigenen Reihen zu kämpfen. Sein Vertreter Winter fühlt sich um die sicher geglaubte Beförderung betrogen und Kainz ist ein Zuträger von Maus, der sämtliche fallrelevanten Informationen sofort ins Rathaus weitergibt. Dann jedoch lernt van de Molen das zehnjährige Klaukind Lisbethchen kennen, wodurch der Fall eine rasante Wendung erfährt.

Angekündigter Serienstart ist gelungen

Der bei KBV erschienene Krimi „In den dunklen Gassen von Mayen“ von Wilfried Manheller ist als Start einer Serie um den Ermittler Jakob van de Molen angekündigt und man darf gespannt sein, wo gegebenenfalls ein zweiter Teil spielen wird. In Mayen oder in Berlin, wo ein gewisser Ernst Gennat große Stücke auf seinen einstigen Mitarbeiter hält. Gennat spielt in dem Roman eine Nebenrolle, welche dazu dient, dem Kommissar gelegentlich unter die Arme zu greifen, sprich vor bösartigen Intrigen des Stadtrats Maus zu schützen. Ein netter Gedanke, allein das erwähnte Mordauto gab es erst einige Jahre später.

„Meine Herren, Sie werden sehen!“ Maus hob sein Glas. „Auf den Kaiser!“

Seine Stammtischbrüder hoben das Glas, vergaßen aber den Kaiser zu erwähnen.

Mayen hat den Krieg einigermaßen überstanden, jedoch ist die wirtschaftliche Situation für viele Menschen mehr als bedrohlich. So gibt es zahlreiche Klaukinder wie Lisbethchen, die versuchen zum Überleben ihrer Familie beizutragen und unter schlimmsten Bedingungen hausen. Umso „bemerkenswerter“ ist es da, dass ausgerechnet das Kind schlauer ist als die meisten Erwachsenen. Dessen ungeachtet sind sowohl Lisbethchen wie van de Molen Sympathieträger, die man wiedersehen möchte. Dies gilt nicht für alle Polizisten und schon gar nicht für die Honoratioren der Stadt, die sich in ihrer Selbstgefälligkeit sonnen und beeindruckend viel sprichwörtlichen Dreck am Stecken haben. Eine toxische Mischung aus Intrigen, Macht, Missgunst und vor allem Missbrauch ergibt einen trüben Blick hinter vermeintlich wohlfeine bürgerliche Fassaden. Ob zaudernder Bürgermeister, cholerischer und aufschneidender Stadtrat, hetzender Zeitungsmacher oder gar nicht so christlicher Geistlicher; sie alle dienen nicht als Vorbild. Im Gegenteil.

Der Krimiplot ist durchaus spannend und lebt von den Machtspielen innerhalb und außerhalb der Polizei. Deren Arbeit wird gut dargestellt, wobei es die historisch bedingten Einschränkungen in der Ermittlungsarbeit zu berücksichtigen gilt. Selbst der legendäre Gennat hat seine erfolgreichsten Jahre, in denen er die Polizeiarbeit revolutionieren wird, erst noch vor sich. Die Handlung orientiert sich an den Ereignissen in Mayen, der Weltkrieg ist zu Ende und daher weit weg, ebenso wie Berlin; will sagen, dass diese Punkte zwar Erwähnung finden, aber letztlich eine untergeordnete Rolle spielen. Der Übergang vom Kaiserreich zu einer demokratischen Republik ist noch nicht bei allen angekommen, zudem sind die Zuständigkeiten zwischen Mayen und den in Koblenz stationierten Amerikanern nicht immer klar. Ein Umstand, den sich van de Molen durchaus zu Nutzen macht.

Insgesamt ein guter Mix mit vielen zwielichtigen Personen, die ihre Fahne schnell in den Wind hängen. Wie bereits erwähnt, ein Wiedersehen wäre zu wünschen.

  • Autor: Wilfried Manheller
  • Titel: In den dunklen Gassen von Mayen
  • Verlag: KBV
  • Umfang: 366 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: Mai 2025
  • ISBN: 978-3-95441-725-4
  • Produktseite

Wertung: 11/15 dpt

Teile diesen Beitrag:
Schreibe einen Kommentar

Hinweis: Mit dem Absenden deines Kommentars werden Benutzername, E-Mail-Adresse sowie zur Vermeidung von Missbrauch für 7 Tage die dazugehörige IP-Adresse, die deinem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, in unserer Datenbank gespeichert. E-Mail-Adresse und die IP-Adresse werden selbstverständlich nicht veröffentlicht oder an Dritte weitergegeben. Du hast die Option, Kommentare für diesen Beitrag per E-Mail zu abonnieren - in diesem Fall erhältst du eine E-Mail, in der du das Abonnement bestätigen kannst. Mehr Informationen finden sich in unserer Datenschutzerklärung.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ähnliche Beiträge

Du möchtest nichts mehr verpassen?
Abonniere unseren Newsletter!

Total
0
Share