Seit 2003 schreibt der rührige Autor Jan Weiler nun schon eifrig Unterhaltungsliteratur – da werden gerne mal Klischees aufgegriffen, beispielsweise mit den “clash of the cultures”-Romanen “Antonio im Wunderland” oder “Maria, ihm schmeckt’s nicht!”, ebenso die weihnachtlichen, zwischenmenschlichen oder fußballerischen.
Doch es gibt noch einige weitere Dinge, die Angriffsfläche bieten, und eines davon sind die lieben Kleinen, die langsam groß werden. Diese einstigen Zwuckelchen, wie goldig sie doch waren. Wie sie die Welt erkunden wollten. Wie sie begeistert lachten, wenn man mit ihnen blödelte. Wie sie sich freuten, wenn man mit ihnen im Garten den Ball hin und her gekickt oder mit ihnen in ihren Zimmern gespielt hat. Und wie toll sie schon auf Toilette gehen konnten, ganz alleine! Wow, und noch ein neuer Zahn bahnte sich den Weg nach draußen und schob den Milchzahn aus dem Kiefer. Was haben diese Kleinen gestrahlt, wenn sie mit glänzenden Augen ihre Weihnachtsgeschenke ausgepackt hatten!
Doch heute? Die morgendliche Begrüßung wird von den Wesen, die vom Mädchen zur Frau, vom Jungen zum Mann werden, als Beleidigung aufgefasst. Das Zimmer riecht seltsam, manchmal auch dessen Bewohner. Statt Erzählungen ohne Punkt und Komma kommen aus den Mündern der pubertierenden Kids nur noch mumpfige Laute – wenn überhaupt, bleibt es bei ein bis zwei Silben. Freundliche Bitten werden mit cholerischen Ausbrüchen erwidert, gerne auch mit Desinteresse abgestraft. “Mama, Papa, guck mal!” war einmal, heute bleibt die Kinderzimmertür verschlossen und wird wie durch einen Sprungfedermechanismuss wieder zugeknallt, falls man sich des Betretens erdreistet – auch trotz vorherigen Klopfens. Das selbe Kind, das in der zweiten Klasse noch prahlte, die coolsten Eltern der Welt zu haben, findet seine Alten nur noch endpeinlich. Und wozu mit den Eltern reden, wenn man gerade eine heiße abkürzungsschwangere “Diskussion” auf WhatsApp führt?
Jan Weiler, selbst zweifacher Vater, weiß genau, wovon er redet, und in seinem Buch “Das Pubertier”, dessen größten Teil er hier – zusammengestellt aus drei verschiedenen Mitschnitten – liest, werden all die klassischen und modernen Pubertätsstandards auf äußerst amüsante Weise in kurzen, ineinander greifenden Kapiteln abgehandelt. Die Namen selbiger sprechen da bereits für sich: “Tyrannenterror”, “Stangenfieber”, “Poesiealbum”, “Migrationspläne” oder aber der wiederkehrende Abschnitt “Im Pubertierlabor” Untertiteln wie etwa “Weckdienst”, “Gelddinge” oder “Zeitverbleib”.
Der in den Endsechzigern geborene Autor und Vorleser trägt seine wahrlich witzigen Schilderungen mit einer angenehm bissigen Ironie vor und erinnert hinsichtlich Ruhe und “Beiläufigkeit” nicht selten an Dieter Nuhr – nicht inhaltich, wohlgemerkt, sondern von der legeren, auf sympathische Art gelangweilt-genervt klingenden Stimmung her.
Man muss beim Lauschen der fast achtzig Minuten nicht nur grinsen, weil man eventuell selbst eines oder mehrere dieser Pubertiere im heimischen Gehege hält und das alles irgendwie schon am eigenen Leib erfahren hat, sondern auch, weil man sich in vielen der erzählten Situationen auch an die eigenen Zeiten der Adoleszenz erinnert und sich hier und dort selbst wiedererkennt. Weilers “Erfahrungsberichte” sind frei von verklausulierten Kabarettismen für die Ü-IQ-120-Fraktion, sondern dienen der leichten Unterhaltung, mitten aus dem Leben. Unterhaltung, die bei Erwachsenen oder eben auch bei Pubertierchen hervorragend funktioniert. Letzteres kann der ergrauende Rezensent belegen, denn aus den Kinderzimmern, deren Bewohnerinnen 14 und 17 Jahre alt sind, kam nicht selten schallendes Gelächter, als vorliegende CD leihweise in deren Playern rotierte.
Cover © der Hörverlag
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