Die Kombination von Coming-of-Age-Geschichte während eines Roadtrips hat sich bewährt und wird deshalb immer wieder gerne genommen. Alexandra Tobor ist mit „Minigolf Paradiso“ auch auf diesen Zug aufgesprungen. Bei ihr kommt noch die Thematik der Entwurzelung durch Migration und des verzweifelten Versuchs, im Zielland heimisch zu werden, hinzu. Sie erzählt die Geschichte der sechzehnjährigen Malina, die in den Sommerferien zum ersten Mal alleine zu Hause bleibt, während ihre Eltern in den Urlaub fahren, und dort durch Zufall entdeckt, dass ihr Großvater Alois, von dem ihr immer gesagt worden war, er sei schon vor Jahren ertrunken, gar nicht tot ist.
Nach kurzer Suche findet sie ihn auf einer Kirmes, wo er an einer Losbude arbeitet. Sie bricht ein Gespräch vom Zaun und erfährt so, dass er sein Geld mit Talk- und Gameshowauftritten verdient und außerdem eine Minigolfanlage in Castrop-Rauxel betreibt. Weil Malina nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen möchte, gibt sie vor, ihn für die Schülerzeitung interviewen zu wollen. Als sie ihn deshalb in seinem heruntergekommenen Wohnwagen besucht, konfrontiert sie ihn mit der Tatsache, dass er ihr angeblich ertrunkener Opa sei. Nach kurzem Zieren und Winden, gesteht er, dass er damals unbedingt Polen habe verlassen, seine Frau aber habe bleiben wollen. Deshalb habe er seinen Tod vorgetäuscht.
Opa und Enkelin sind sich nicht spontan sympathisch und doch führen verschiedene Umstände dazu, dass sie gemeinsam nach Polen fahren, jeder mit einer unterschiedlichen Agenda. Will Alois Dudek einen vergrabenen Schatz heben, um seine Schulden bei ein paar üblen Schlägern zu begleichen, hofft Malina darauf, ihn dazu zu bewegen, mit ihr zu seiner Frau, ihrer Oma, zu fahren, die sie nicht mehr gesehen hat, seit sie klein war. Ihre Mutter hatte damals alle Brücken hinter sich abgebrochen, um in Deutschland ein neues Leben anfangen zu können.
Von der Ausgangsidee her ist der Roman ganz nett. Die recht vernachlässigte Malina, die keinen Anschluss findet und gerne etwas über ihre Herkunft erfahren möchte, und der grantige Chaot und selbsternannte Lebenskünstler Alois, der in seinem Traumland nicht das erhoffte Glück gefunden hat, sind beide Suchende und über die erste Hälfte des Buches hin sind ihre verbalen Schlagabtausche und die Situationen, in die sie hineinschlittern, auch recht unterhaltsam. Doch leider geht der Autorin dann ein wenig die Puste aus und versandet die Geschichte in einer absurden Friede-Freude-Eierkuchen-Heimeligkeit mit Happy End, der der Schwung abhandengekommen ist.
- Autor: Alexandra Tobor
- Titel: Minigolf Paradiso
- Verlag: Rowohlt
- Erschienen: 05/2016
- Einband: Taschenbuch
- Seiten: 255
- ISBN: 978-3499236303
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Wertung: 9/15 dpt