
Nachdem Detective Chief Inspector Colin Sutton erfolgreich die aufreibende Suche nach dem Hammermörder Levi Bellfield geleitet hat (“Manhunt I – Die Jagd nach dem Hammermörder”), bekommt er den undankbaren Auftrag die “Minstead-Operation” beratend zu unterstützen. Siebzehn Jahre (1992 bis 2009) ist der sogenannte “Night Stalker” (nicht zu verwechseln mit dem gleich titulierten amerikanischen Serienvergewaltiger und -killer Richard Ramirez) in Süd London bereits unterwegs, begeht Einbrüche und missbraucht ältere Menschen jeden Geschlechts. Obwohl DNA-Spuren existieren, konnte der Täter nicht dingfest gemacht werden.
Sutton wird reserviert empfangen, arbeitet sich aber schnell ein und organsiert die Ermittlung mit der gewohnten Akribie und Hartnäckigkeit. Als DS Simon Morgan, der bisherige Kopf der Einheit aus gesundheitlichen Gründen ausfällt, übernimmt Sutton die Leitung, kümmert sich um Unterstützung, die eine großflächigere Überwachung möglich machen soll und arbeitet nahezu rund um die Uhr.
Da Delroy Grant geradezu angestachelt von der Verfolgung, seine Taten unbeirrt und dreist ausführt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis er einen Fehler begeht. Und genauso kommt es auch.

Wie bereits die erste Staffel basiert “Manhunt II: Auf Der Jagd Nach Dem Night Stalke” auf den Erinnerungen von DCI Colin Sutton, überzeugend dargestellt von Martin Clunes, der gekonnt vermeidet, dass Doc Martin-Manierismen das Porträt des recht geerdeten Polizisten überlagert. Sein Sutton ist kein detektivisches Genie, sondern ein Mann, der die Koordinierung einer großen, inhomogenen Gruppe beherrscht, der den Überblick behält und sich wie ein Maulwurf in den zu bearbeitenden Fall eingräbt. Dabei bringt er erstaunlich viel Mitgefühl und Zeit für die Opfer und ihre Angehörigen auf. Die Opferbetreuerin DC Patricia Henry bekommt zudem einen eigenen Erzählstrang.
Beide Teile von “Manhunt” zeigen, dass Polizeiarbeit Teamwork ist. Kein einzelnes Superhirn bringt Täter zu Fall, sondern komplexe Aufgabenabstimmung. Was schwierig wird, wenn die Ressourcen knapp sind, sich Dienststellen in die Quere kommen, nicht ernst genommen fühlen oder um Kompetenzen gerangelt wird. Auch den bürokratischen Sisyphosaufgaben widmet sich die englische Serie, vermag es dabei aus dem spröden, arbeitsintensiven Grundlagenstoff enorme Spannung zu ziehen.

Von Beginn an ist klar, wer die Täter sind und dass sie verhaftet und verurteilt werden. In “Manhunt” spielt das “Wie” des langen Weges zum Schuldspruch die Hauptrolle. Das Umschiffen und Beseitigen von Hindernissen ist ebenso relevant wie Fehlversuche, Ermittlungspannen und kleine, mühsam erzielte Fortschritte. “Manhunt” macht keinen Hehl daraus, dass es einer Portion Glück, Timing und Fehler unvorsichtig werdender Krimineller bedarf, um gerade bei lang andauernden Ermittlungen zum Erfolg zu kommen.

Dass das Unterfangen keine dröge Angelegenheit wird, liegt am Können der Beteiligten. Die Drehbücher zu beiden Teilen sind fokussiert, geben den Figuren dabei genügend Raum zu brillieren. Hier wird kommuniziert und nicht hohle Gesprächsdramaturgie betrieben. Es gibt keine Pseudokonflikte und keine künstliche Zuspitzung durch die Verwendung banaler Thriller-Topoi. So geraten die Familien der Ermittler nicht ins Visier der Täter und düstere Geheimnisse aus der Vergangenheit der Beteiligten sprengen das Geschehen nicht. Derartig abgestandenes Krimi/Thriller-Prozedere hat die intelligente Produktion nicht nötig. Die Täter werden nicht mystisch überhöht, darstellerischen Raum erhalten Levi Bellfield und Delroy Grant erst nach ihrer Verhaftung, eine Dämonisierung bleibt dankenswerterweise aus.

Stattdessen wird den Opfern und der Umgang mit ihnen Raum gegeben und trefflich genutzt. So wird bei “Manhunt II: Auf der Jagd nach dem Night Stalker” thematisiert, dass der Fall nicht spektakulär genug ist, da die Opfer, meist im hohen Rentenalter, gesellschaftlich nahezu unsichtbar sind. Einer der Gründe, warum Grant so lange ungehindert seine Verbrechen begehen konnte. Ein anderer liegt in einer nachvollziehbaren, aber vermeidbaren und überflüssigen Ermittlungspanne.

Beide (kurze) Staffeln von “Manhunt” zeigen Menschen bei ihrer Arbeit. Zwar verknappt und in Details fiktionalisiert, aber dicht an der Realität. Das reicht, im Verbund mit ausgezeichneten Darstellerleistungen und fähigen Aktiven im Hintergrund, für bestes Fernsehen.

Cover und Bilder: Edel Motion/Glücksstern
- Titel: Manhunt II: Auf der Jagd nach dem Night Stalker
- Originaltitel: Manhunt II: The Night Stalker: Part 2
- Produktionsland und -jahr: England, 2021
- Genre: Krimiserie, Thriller
- Erschienen: 08.12.2023
- Label: edel Motion
- Spielzeit:
4 X 45 Minuten auf 1 DVD - Darsteller: Martin Clunes
Claudie Blakley
Matthew Gravelle
Stephen Wight
Beth Goddard
Diveen Henry
Matt Bardock
Jude Akuwudike - Regie: Marc Evans
- Drehbuch: Colin Sutton(Creator)
Ed Whitmore - Musik: Niall Byrne
- Kamera: Baz Irvine
- Extras: Trailershow
- Technische Details (DVD)
Video: Bildverhältnis 16:9
Sprachen/Ton: Deutsch, Englisch, Dolby Digital 5.1
Untertitel: D - FSK: 12
- Sonstige Informationen:
Produktseite
Wertung: 12/15 dpt