Martin von Arndt – Der Wortschatz des Todes (Buch)

Wenn der Zeuge nicht aussagen kann

Der Wortschatz des Todes
© ars vivendi

Oleksandr Kowaltschuk sitzt in der JVA, da er den polnischen Geschäftsmann Krzysztof Majewski erschossen haben soll. Nicht nur das, Oleksandr hat den Mord gestanden und Fotos des Getöteten finden sich in seiner Wohnung. Für seinen noch unerfahrenen Pflichtverteidiger Julian Bergmann ein schwerer Fall. Die aus Russland stammende Ex-BKA-Ermittlerin Irina Starilenko wird von ihrem Bruder Konstantin um Hilfe gebeten, um dessen Freund Oleksandr zu helfen, denn dieser kann den Mord nicht begangen haben. Konstantin und Oleksandr sind bei der Antifa aktiv, weswegen Irina ihren Job verlor, da es früher oder später zu einem Interessenkonflikt gekommen wäre, und haben zum Zeitpunkt des Mordes weit entfernt einen Brandanschlag auf ein Haus der Identitären verübt. Doch wegen dieser Straftat kann sich Konstantin nicht gegenüber der Polizei als Zeuge melden, zumal er sich gerade auch um seine fünfzehnjährige Tochter Xenia kümmern muss, die aus disziplinarischen Gründen für eine Woche von ihrem Internat suspendiert wurde. Xenias Mutter befindet sich derweil einmal mehr in einer Akutklinik aufgrund ihrer Depressionen.

„Aber das Wichtigste ist, dass sie uns eingeschärft haben, die Aussage grundsätzlich zu verweigern und das auch nicht zu rechtfertigen. Am besten wie eine gesprungene Platte immer denselben Satz wiederholen.“

„Großartig! Und als es in dem Seminar darum ging, kein voreiliges Geständnis abzulegen, war Oleksi gerade Pipi, oder was?“

Während Konstatin nicht helfen kann, ermitteln Irina und Bergmann, wobei die zuständigen Kommissare alles andere als hilfreich sind. Da passt es gut, dass Irinas Schulfreundin Mascha zugleich die zuständige Aktenführerin bei der Mordkommission ist. Oleksandr stammt aus der Ukraine, wo er einen bekannten Blog gegen den russischen Angriffskrieg betrieb, weshalb er zur Flucht gezwungen war. Und ja, er wollte den vermeintlichen Waffenschieber Majewski wegen dessen engen Kontakten zu Putin ermorden. Doch jetzt verweigert Oleksandr jegliche Mithilfe und Aussagen, so dass Irina nur schlecht vorankommt. Mit einem alten Kontakt zum BKA kommt sie jedoch entscheidend weiter und erfährt, dass der polnische Geschäftsmann tatsächlich ein Russe war und die Tatwaffe eine alte Pistole, die 1979 bei einem Banküberfall der RAF eingesetzt wurde.

„Warum haben Sie ihn getötet?“

„Zet!“

„Zet …?“

„Das ist der Name, den Putin seiner „militärischen Spezialoperation“ gegeben hat, dem Überfall auf die Ukraine. Zet wie der Anfangsbuchstabe von „für den Sieg“, za pobedu.“

Wichtige Spuren führen zu den Ereignissen rund um den Euromaidan, der 2014 den Beginn des späteren Ukrainekrieges einläutete. Wie es bei jedem Krieg üblich ist, wird als erstes die Wahrheit geopfert. Rechtsextremismus, Faschismus, Asow und FSB; mehr geht kaum und Irina muss aufpassen, nicht selber in Gefahr zu geraten.

Packender Politthriller vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges

Martin von Arndt ist für packende und vor allem gut recherchierte Politthriller bekannt, wovon nicht nur die Kommissar-Eckart-Trilogie („Tage der Nemesis“, „Rattenlinien“ und „Sojus“) zeugt, sondern auch seine Einzelwerke „Wie wir töten, wie wir sterben“ und aktuell „Der Wortschatz des Todes“. Auf so einen Buchtitel muss man allerdings erst mal kommen, auf das befremdlich wirkende Buchcover ebenfalls. Dazu passt ein kurzes Glossar, dessen Zusammenstellung sich nicht wirklich erschließt, da zahlreiche im Roman verwendete Begriffe und Abkürzungen hier nicht zu finden sind. Damit wären dann die drei, zugegeben unmaßgeblichen Kritikpunkte auch schon abgehakt.

„Asow ist mehr als ein Bataillon. Es ist eine der größten Jugendbewegungen in der Ukraine und Mitglied der internationalen Reconquista-Bewegung. Der geht’s um die „kulturelle Wiederaneignung“ völkischer Werte und die „Verteidigung der weißen Rasse“. Unter allen beschissenen Nazis auf dieser Welt sind das die beschissensten!“

„Der Wortschatz des Todes“ beschreibt eindringlich die Vorgeschichte des Ukrainekrieges, sprich vor allem die Ereignisse des Euromaidan und damit die Irreführung der ukrainischen Bevölkerung durch gezielte Desinformation. Fanatische Ukrainer, die von einer weißen Rase träumen und sich dem Asow anschließen, wirken genauso mit wie der übermächtige FSB, der russische Inlandsgeheimdienst, der auch im Ausland aktiv ist und dort vor Morden nicht zurückschreckt. Gut, wer das Wort „Ukraine“ aufgrund der täglichen Berichterstattung in den Medien nicht mehr lesen mag, wird das Buch eher liegenlassen; wer sich hingegen für die dortigen Ereignisse interessiert oder generell einen spannenden Politthriller lesen möchte, sollte unbedingt zugreifen.

Nach der Lektüre hat man reichlich Stoff zum Nachdenken, beispielsweise wie weit Freundschaft und Loyalität gehen können, dargestellt am Beispiel von Konstantin und Oleksandr. Über „den langen Arms Moskaus“ darf sinniert werden, man denke an Todesfälle durch offene Fenster, ebenso wie über die möglichen Interessen Amerikas an internationalen Konflikten. Ein kleiner Cliffhanger am Buchende stellt eine Fortsetzung für Irina und Shun, ihren Gampr, in Aussicht. Dies passt zum Bucheinband, denn bereits dort heißt es: „Der erste Fall …“, was wir gerne wörtlich nehmen und der Fortsetzung mit Interesse entgegenblicken. Klarer Lesetipp!

Autor: Martin von Arndt

Titel: Der Wortschatz des Todes

Verlag: ars vivendi

Umfang: 288 Seiten

Einband: Taschenbuch

Erschienen: September 2025

ISBN: 978-3-7472-0712-3

Produktseite

Wertung: 12/15 dpt

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