Andreas Eschbach – Das schwarze Messer (E-Book)


Andreas Eschbach - Das schwarze Messer E-Book Cover © Lübbe DigitalIm übertragenen Sinne könnte man, wenn das 2011er Eschbach-Epos “Herr aller Dinge” ein Musikalbum wäre, “Das schwarze Messer” als eine Art Bonustrack sehen, denn bei dieser Kurzgeschichte, die man mal locker mal eben während des Frühstückskaffees inhalieren kann, handelt es sich um eine thematische Erweiterung des Hauptwerks – jedoch ist diese Geschichte auch problemlos als eigenständiges Werk lesbar. Vorkenntnisse hinsichtlich des Hauptwerks sind zwar von Vorteil, aber nicht genussrelevant.

Um jenen titelgebenden Gegenstand, der in “Herr aller Dinge” eine Rolle spielte, hat der schreibwütige Autor noch eine kleine Geschichte gesponnen, in welcher Alain Whitstock II., ein begeisterter Sammler alter Artefakte, Protagonist ist. Die Beziehung zu seinem Vater, Alain Whitstock I., erweist sich als kompliziert, denn der versucht dank seines überdimensionalen Egos, aus seinem Sohn ein Abziehbild seiner Selbst zu machen. Die Ansichten und Absichten des jungen Alain unterscheiden sich allerdings bereits in ihren Ansätzen extrem von denen des Alten Vater will vorwärts und möchte das Geld für Macht instrumentalisieren, während der Sohn das Geld lieber umsetzt und in die Vergangenheit zurückblickt.

Dieser Hang zur Vergangenheit befeuert auch seine Sucht nach den uralten Gegenständen, denn jedes Mal, wenn er diese berührt, ereilt ihn ein Gefühl der wohlig warmen Schwere, dessen Intensität vom Alter der Artefakte anhält. Und in diese alten Gegenstände glaubt er sein Geld hervorragend investiert zu haben. Als er in Japan unterwegs ist, fühlt er sich bereits in der Nähe des Schreins Seitou-Jinjya von besagtem schwarzen Messer angezogen, welches dort weilt. Die Hinweise hat er allerdings seinem Vater zu verdanken, welcher in Tokio nach dem Krieg als Wirtschaftsberater arbeitete. Nun steht Alain junior vor der Frage aller Fragen: Wie weit springt er über seinen eigenen Schatten, um das schwarze Messer bald sein Eigen nennen zu können?

Eschbach beweist anhand dieses kleinen Lesehäppchens, dass Spannung auch ohne epische Ausmaße möglich ist – in seinem typisch vereinnahmenden Stil erzählt er phantasievoll und liebevoll detailliert eine sich im Kopf sofort ins Visuelle verwandelnde Story, aus der man gut und gerne auch einen kompletten Roman hätte stricken können. Man könnte durchaus vermuten, dass Eschbach sich mit “Das schwarze Messer” einer Art Selbstversuch der Marke: »Wie erzähle ich viel auf wenigen Seiten?« hingegeben hat, und falls dem so sein sollte, kann man den Versuch als gelungen bezeichnen.

Was ein wenig ärgerlich ist, ist etwas, wofür Eschbach nichts kann, nämlich die Tatsache, das seltsamerweise diverse Wörter ohne Leerzeichen aneinanderkleben, obwohl sie nicht zusammengehören – das lässt den Lesefluss dann doch ein wenig stocken. Doch ganz gleich, ob mit oder ohne Fehler beim Satz: Möchte man zwischendurch eine schöne Short Story lesen, ganz gleich, ob man E-Books liebt oder hasst, macht man bei 0,49€ nicht viel falsch. Denn die Handvoll Seiten lesen sich zur Not auch noch auf dem Rechner oder Smartphone, ohne dass es ermüdend wird.

Cover © Lübbe Digital

Wertung: 11/15 dpt


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