Ein Film, in dem alles Kulisse ist. Alain Delons Gesicht, das in der noir-Ästhetik als Inbegriff der Gefühlskälte erscheint, mimt hier den idealistisch-naiven Revolutionär und den vorrevolutionären Rächer der Unterdrückten in einer Doppelrolle, fügt sich jedoch in betulichen Kampf- und Ballszenen charmant zwischen die von Christian-Jaque genial ausgewählten Manschettenknöpfe, Toupets und Kleider. Das Neuerscheinen von ‘Die schwarze Tulpe’ auf BluRay ist, obwohl der Film ein gutes halbes Jahrhundert alt ist, nahezu zwangsläufig, stellt doch erhöhte Auflösung und verstärkter Kontrast das hübsche Setting und die facettenreichen Oberflächen in den Mittelpunkt. Auch dass Degenklirren in HD-Sound zu genießen, ist nett. Nur: Sonst hat der Film kaum etwas zu bieten. Außer uralt-Witzen und Stereotypen, die weder schmerzen, noch unterhalten, gewinnt man nichts; man verliert aber nur wenig, wenn man sich die knappen zwei Stunden launigen Historienfilms anschaut.
Delon stellt dabei das Zentrum des Films dar, in Delons Karriere übernahm der Streifen jedoch lediglich die Funktion eines Star-Vehikels, in dem er doppelt glänzen durfte: Im Vor- und Nachspann besonders hervorgehoben wird sonst fast nur sein Pferd Voltaire – a propos Literatur: Mit dem gleichnamigen Roman von Alexandre Dumas hat ‘Die schwarze Tulpe’ rein gar nichts zu tun. Dennoch handelt es sich um eine historische Erzählung, die kurz vor der französischen Revolution ansetzt und sich um einen maskierten Dieb, der sich die schwarze Tulpe nennt, dreht (im Roman hingegen geht es um einen Tulpenzüchter!).
Einer der bezeichnendsten, weil amüsant und gleichzeitig zurückhaltend, Witze ist, dass der Rächer anfangs ein halber Robin Hood genannt wird, da er zwar von den Reichen stehle, es aber nicht unter den Armen verteile. Er wird dennoch vom Volk verehrt, und das, obwohl er in Wahrheit selbst der Graf Guillome de Saint Preux, also adelig ist – umso gefährlicher wird es für ihn, als der sonst eher tollpatschige Polizeichef ihm in einem Kampf eine Narbe an der Wange versetzt.
Fortan übernimmt sein Bruder, ebenfalls von Delon dargestellt, die Rächerrolle; da dieser sich aber politischer begreift und ungeschickter ist, bringt er sich selbst und die falsche Identität in Gefahr. Parallel gibt es zwei love-interests, hübsch dargestellt von der auch biographisch eher aristokratischen Dawn Addams sowie Virna Lisi, bei der sich Rolle und Biographie ebenfalls ähneln: Die ‘italienische Naturschönheit’, die 1964 kurz vor ihrem Absprung nach Hollywood stand, wo sie später mit Frank Sinatra und anderen Größen auftreten sollte.
Insofern ist der historische Film selbst historisch geworden und wirft ein Schlaglicht auf den Glanz und Glamour des europäischen Films, der hier nicht minder kurzweilig, marktorientiert und international auftritt als sein Pendant hinter dem Atlantik. Nur die Schlösser und Kulissen, die sind echt – aber der Film deshalb den Sommerurlaub in Südfrankreich ersetzen kann, darf bezweifelt werden.
Cover und Szenenbilder © Concorde Home Entertainment
- Titel: Die schwarze Tulpe
- Originaltitel: La tulipe noire
- Produktionsland und -jahr: Fr/It/Esp, 1963)
- Genre:
Komödie, Drama, Action, Historienfilm
- Erschienen: 11.06.2015
- Label: Concorde Home Entertainment
- Spielzeit:
115 Minuten - Darsteller:
Alain Delon
Virna Lisi
Dawn Addams
- Regie: Christian-Jaque
- Drehbuch:
Christian-Jaque
Paul Andréota
Henri Jeanson
José Luis Dibildos - Kamera: Henri Decaë
- Schnitt: Jacques Desagneaux
- Musik: Gérard Calvi
- Technische Details (BluRay)
Video: 1920x1080p (2.35:1) @24 Hz
Sprachen/Ton: D (DTS-HD Master Audio 2.0), Fr (DTS-HD Master Audio 2.0)
Untertitel: D
- FSK: 12
- Sonstige Informationen:
Produktseite
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Wertung: 7/15 dpt