Das Album “Ritual” von der Band Oomph! ist schon Anfang 2019 erschienen. Es ist also schon ein wenig älter. Das soll der Rezension aber keinesfalls schaden. Gründe, warum die Review erst jetzt erscheint, ist die Promotion-Politik des Labels Napalm Records: keine physischen Exemplare mehr und neuerdings auch keine Downloads. Wenn die Platte dann auch nur erst ein, zwei Tage vorm Release-Tag bemustert wird, dann kann ich auch warten und irgendwann etwas dazu schreiben. Rezensionen sind immer ein Geben und Nehmen, der Großteil macht das freiwillig aus Leidenschaft. Und sicherlich auch wegen der Vorteile, dass Ganze vorher zu erhalten. Das Verhältnis hat sich deutlich verlagert. Aber: Nun zum Review. Außerdem: die Promo-Politik wird natürlich nicht in die Bewertung einfließen, soll aber nicht unerwähnt bleiben.
Die Wolfsburger sind schon lange im Geschäft und machen mittlerweile eher Rock wie Neue Deutsche Härte. Aber immer noch von der “härteren” Sorte. Dies ist auch Ansichtssache. Wer im Grindcore zu Hause ist, wird das müde belächeln und abwinken. Der Longplayer startet mit “Tausend Mann und ein Befehl”. Einem Stück, dass den blinden Gehorsam im Militär und sicherlich auch generell thematisiert. Vom Sound her geht es mit “Achtung! Achtung!” ähnlich weiter. Bisher nichts, was mich mitreißt und sonderlich intensiv anspricht.
Danach kommt “Kein Liebeslied” und obwohl es keines ist, werden es die Hörer lieben. Ein Song über die Evolution des Menschen samt einer Beurteilung, was die Menschheit vollbracht hat. “Trümmerkinder” niemand die Kriegs-Thematik aus “Tausend Mann und ein Befehl” wieder auf. Der Titel bezieht sich wohl auf die Kinder, die in den Trümmern des Krieges aufgewachsen sind.
Der Titel “Europa” zeigt es deutlich und inhaltlich lässt vermuten, dass es sich hierbei um ein europakritisches Lied handelt. Ob komplette Abneigung dagegen oder nur der Wunsch nach Verbesserung bleibt unklar. Bei letztem Punkt wär ich d’accord mit der Band. Ersteres wäre sehr zum Nachteil.
“Im Namen des Vaters” klingt wie eine Kritik am Eingriff in die Natur, speziell mit Methoden wie CRISPR. Eine gewisse Ironie, die Band wird sich wahrscheinlich mit dem mRNA-Impfstoff impfen lassen. Das hat zwar nichts mit DNA und CRISPR zu tun, konsequenterweise und zu Ende gedacht, würde es aber dennoch unter dieses Thema fallen. Mit “Das Schweigen der Lämmer” gibt einen Song über den sexuellen Missbrauch innerhalb der Kirche(n).
Mit “TRRR – FCKN – HTLR” haben Oomph! einen sarkastischen Song, laut eigenen Aussagen im entsprechenden Track-By-Track-Video, über unter anderem die Machtmechanismen in den drei Themenfeldern Religion, Pornografie und Nazideutschland abgehandelt.
Auch in den restlichen drei Stücken des regulären Albums beziehungsweise sechs bei der CD-Version mit den Bonustracks “In der Stille der Nacht”, “Lazarus” und einem Remix von “TRRR – FCKN – HTLR” von Lord Of The Lost, gibt es keine Stücke, die mich richtig berühren, mitreißen begeistern können.
Die Themen sind wichtig, interessant und gut gewählt. Ob es sich dabei um “stumpfe” Provokation handelt oder nicht, ist Geschmackssache. Aber es gab deutlich melodischere und ansprechendere Alben von Oomph! als “Ritual”. Und nur dank der Themenwahl sowie meine Anerkennung sich zu treu zu bleiben und handwerklich ein gutes Album hinzulegen, sind die Punkte zu verdanken. Und ja, mir ist bewusst, dass sich eine Band weiterentwickeln möchte und nicht immer Album X wiederholen mag. Aber: Das meine ich auch nicht. Eher: Die Trademarks von der Wolfsburger Band traten schon mal deutlicher hervor und waren ansprechender im Sound-Kleid verpackt.
- Interpret(en): Oomph!
- Titel: Ritual
- Label: Napalm Records
- Erschienen: 2019
- Spielzeit: 56:33 Minuten
- Sonstige Informationen:
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- Tracklist:
- Tausend Mann und ein Befehl
- Achtung! Achtung!
- Kein Liebeslied
- Trümmerkinder
- Europa
- Im Namen des Vaters
- Das Schweigen der Lämmer
- TRRR – FCKN – HTLR
- Phönix aus der Asche
- Lass die Beute frei
- Seine Seele
- In der Stille der Nacht (Bonstrack)
- Lazarus (Bonustrack)
- TRRR – FCKN – HTLR (Lord Of The Lost Remix – Bonustrack)
Wertung: 7/15 dpt