Sandra Strauß und Schwarwel (Hrsg.) – Nicht gesellschaftsfähig – Alltag mit psychischen Belastungen (Buch)


Sandra Strauß und Schwarwel (Hrsg.) – Nicht gesellschaftsfähig – Alltag mit psychischen Belastungen (Buch)

Sandra Strauss und Schwarwel (Hrsg.) - Nicht gesellschaftsfähig - Alltag mit psychischen Belastungen (© Glücklicher Montag)
Sandra Strauß und Schwarwel (Hrsg.) – Nicht gesellschaftsfähig – Alltag mit psychischen Belastungen (© Glücklicher Montag)

Unter dem Hashtag #nichtgesellschaftsfähig findet man immer noch Zitate aus dem gleichnamigen Buch “Nicht gesellschaftsfähig – Alltag mit psychischen Belastungen” von Sandra Strauß und Schwarwel (Hrsg.). In dem Werk widmen sich mehr als “hundert Autor:innen, Interview-Partner:innen, Comiczeichner:innen und Cartoonist:innen auf 612 Seiten in 23 Kapiteln dem Thema psychische Belastungen”.

Es ist ein Buch im “Almanach-Magazin-Style”, das mit vielen Stimmen spricht und psychische Belastungen weiter stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken möchte. Außerdem sollen die Texte zur Enttabuisierung sowie Entstigmatisierung beitragen.

Zu Wort kommen hier viele unterschiedliche “Menschen, Betroffene, Psycholog:innen, Psychotherapeut:innen, Vereine/Verbände/Stiftungen, Journalist:innen, Fachleute, Angehörige sowie Künstler:innen, Musiker:innen, Illustrator:innen, Cartoonist:innen und Comiczeichner:innen.”

Die beiden Herausgeber beteiligen sich auch an dem Inhalt, als Betroffene, und stellen textliche wie auch grafische Werke zur Verfügung. Die Liste der Menschen, die sich hier beteiligt haben, ist endlich aber ziemlich lang. Darunter sind Namen wie die folgenden zu finden: Danger Dan (Antilopen Gang), Christian von Alster, Daniela Schreiter alias Fuchskind, Ecki Stieg, Finna, Grafikhool (Hooligans gegen Satzbau), Lena Stoehrfaktor, Luci van Org, Mark Benecke, Markus Kavka, Michael Holtschulte, Nicolas Müller, Ralph Ruthe, Sebastian Krumbiegel (Die Prinzen), Sookee, Steffen Volkmer, Oliver Uschmann, Sylvia Witt, Torsten Sträter, Victoria Müller (früher Victoria van Violence) und viele mehr. Neben bekannten Personen gibt es aber auch weniger bekannte Betroffene, Helfende und Unterstützende. Betroffen ist hier auch in verschiedener Weise zu verstehen: direkt, indirekt. Menschen, die helfen und entsprechende Angebote bereitstellen, Menschen, die in Stiftungen arbeiten oder sich in Vereinen, Selbsthilfegruppen engagieren und einiges mehr.

Allen gemein ist: Sie haben alle irgendwie mit derlei psychischen Belastungen zu tun. Sie schildern die entsprechenden Ereignisse, teilen Erlebnisse, Therapieangebote, Hilfsangebote und / oder erklären, was sie gemacht haben oder tun, um sich und / oder anderen zu helfen. Es wird erklärt, was es mit “Ex-In” auf sich hat, was die “Nummer gegen Kummer” ist, was die Depressionsliga macht, wie Therapien ablaufen, wie sie funktionieren und öffnen sich auch Fragen von unsicheren Menschen und erklären ihre Methodik.

Das 612-seitige Mammut-Werk ist in mehrfacher Hinsicht erstaunlich: Es ist möglich so viele Infos auf “so wenige” Seiten zu bekommen. Das “so wenig” ist wie folgt zu verstehen: Es gibt einfach einen Haufen psychischer Belastungsmöglichkeiten, und dies ist auf der einen Seite natürlich zwangsläufig nur ein klitzekleiner Einblick, auf der anderen Seite aber sind es individuelle Schilderungen mit den – teilweise – mit einhergehenden Komorbiditäten (“Begleitbelastungen” / Diagnosen, die zusätzlich bestehen). Daher wiederum auch “viele” Informationen. Dann möchte man natürlich auch allen herzlich danken für die Schilderungen. Wie viel Mut das gekostet haben muss, kann ich mir nicht ausmalen.

Natürlich ist es auch viel, weil Betroffene schildern, es einen Einblick in verschiedene Angebote gibt, Vereine, Einrichtungen, Schirmherren, Ehrenamtliche und so weiter hier ebenfalls ihre Erfahrungen schildern, das Angebot vorstellen und natürlich gibt es eine Liste mit Angeboten.

Auf so vielen Ebenen ist das ein ganz starker Input mit sehr, sehr vielen Impulsen für neue Gedanken, neue Ideen, neuer Wind. Auch wenn es irgendwie seltsam klingt, tut es gut zu lesen, dass man nicht alleine ist mit seinen Depressionen, seinen Ängsten, seinen Belastungen, seinen – für andere unsichtbaren – Schmerzen und dennoch wünschte ich, niemand hätte diese Erfahrungen machen müssen. Deshalb ist es echt bewunderns- und bemerkenswert, dass es Menschen gibt, die schreiben: Ohne diese Erfahrungen wäre ich nicht der Mensch, der ich jetzt bin und würde mich – vielleicht – jetzt nicht mögen. Ob man festmachen kann, was der Impuls war, der zu diesem Gedankengang führte? Ich denke nicht – schade. Ich würde ihn gerne ebenfalls bekommen.

Inhaltlich ist das alles richtig stark, informativ, schmerzvoll, ermunternd – irgendwie (ich finde das nach wie vor in diesem Kontext komisch und fühle mich nicht gut dabei, mangels anderer Worte bleibe ich dabei) – und vieles mehr. Ein wunderbares Buch und ein ebenso guter wie informativer Inhalt. Das alles, ausgeschmückt mit Zeichnungen von Tommy Schwarwel. Grandios und sehr zu empfehlen.

  • Autor: Sandra Strauß, Schwarwel (Hrsg.)
  • Titel: Nicht gesellschaftsfähig – Alltag mit psychischen Belastungen
  • Verlag: Glücklicher Montag
  • Erschienen: 12/2020
  • Einband: Softcover
  • Seiten: 612
  • ISBN: 978-3948518073
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite
    Erwerbsmöglichkeiten


Wertung: 14/15 dpt


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