Rolf Käppeli – Seegfrörni (Buch)


Die Chemische Fabrik Rustikon nach dem Krieg

Seegfrörni
© Gmeiner

Es passiert am 18. August 1945. Der Weltkrieg ist vorbei, da ermordet Georg Leutert auf brutale Weise seine Frau und die beiden Kinder, bevor er sich mit einem Gewehr selber richtet. Ausgerechnet der Gärtner, der für die Chemische Fabrik Rustikon arbeitete und unweit der Villa des Firmenpatrons Karl Krütli wohnte. Es ist natürlich das eine, große Thema im Ort und in der Fabrik. Leutert war ein Sonderling, der sich zuletzt auffällig zurückzog. Angeblich stand er Deutschland nahe; ob er das Kriegsende nicht verkraftete, da er womöglich glaubte, im Falle eines Sieges sei für ihn mehr möglich? Offiziell attestiert wird eine Schizophrenie, an die kaum jemand glaubt.

Derweil geht die Arbeit in der Fabrik weiter. Dank des Kriegsendes funktionieren die Lieferketten wieder und man hat natürlich einen großen Vorteil gegenüber den deutschen Firmen. Es geht aufwärts, während gleichzeitig zunehmend eingeheiratete Mitglieder der Gründungsfamilie nach Macht streben. Langsam, aber unaufhaltsam werden die Verhältnisse im Verwaltungsrat und der Direktion verschoben. Karl Krütli merkt dies zu spät und verpasst so einen ordentlichen Abgang. Schwer zu schaffen machen der Fabrik mehr als früher die Klagen nahegelegener Landwirte, denn die Auswirkungen der Produktion in der Schwerindustrie schaden massiv dem Weinbau.

Fortsetzung von „Vom Ende einer Rütlifahrt“

Rolf Käppeli legt mit „Seegfrörni“ die Fortsetzung zu „Vom Ende einer Rütlifahrt“ vor, die mit einer Schiffshavarie endete. Wie schon im ersten Teil, treffen in der Fabrik Arbeiter aus unterschiedlichen politischen Lagern aufeinander, wobei von jenen, die einst zu Deutschland hielten, nur noch einer übrig ist und dieser hat verständlicherweise einen schweren Stand, wenngleich er seine Fehleinschätzung unumwunden zugibt. Probleme bei der gefährlichen Arbeit gibt es nicht nur in Hinblick auf die Umwelt, sondern auch für die Arbeiter selbst. Erika Krütli, die Ehefrau des Direktors Karl, will sich hierüber ein genaueres Bild machen, wodurch das Thema der Emanzipation untergebracht wird, welches gegen Ende des Romans noch einmal mehr Platz einnehmen wird.

„Seegfrörni“ ist eine Art Unternehmensgeschichte, die unmittelbar nach Kriegsende beginnt und im Jahr 1977 endet. Dies alles in einem schlanken Werk von knapp 200 Seiten, was folglich dazu führt, dass es an einigen Stellen recht oberflächlich bleiben muss. Der Vierfachmord, die Auswirkungen des Krieges, die sich ändernden Machtverhältnisse, die katastrophalen Folgen für die Umwelt durch die Schwerchemie sowie die Rolle der Frauen sind ein paar Themen zu viel. Aus Platzgründen können sie nur angeschnitten werden, hätten – jedes Thema für sich – aber deutlich mehr Tiefgang verdient. Gleichwohl ist der Schreibstil des Autors angenehm, so dass der Roman ein kurzweiliges Lesevergnügen ist.

Interessanterweise wird in einer Vorbemerkung erwähnt, dass es sich um den zweiten Teil einer Trilogie handelt. Mit dem Ausscheiden von Karl Krütli war eigentlich ein passendes Ende gefunden. Man darf also gespannt sein, worum es im finalen Band gehen wird.

  • Autor: Rolf Käppeli
  • Titel: Seegfrörni
  • Verlag: Gmeiner
  • Umfang: 205 Seiten
  • Einband: Hardcover
  • Erschienen: Februar 2023
  • ISBN: 978-3-8392-0429-0
  • Produktseite


Wertung: 8/15 dpt

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