John McMahon – Cold Detective (Buch)


Lynchmord im Maisfeld

Cold Detective
© Piper

P. T. Marsh raucht eigentlich nur eine Zigarette hinter einem Stripclub als ihm die Stripperin Crimson ihr Leid klagt. Dabei benötigen ihre blau und grün gefärbten Beine kaum einer Erklärung. Marsh verspricht ihr, in seiner Rolle als Detective mit ihrem Lebensgefährten zu sprechen, der bereits sieben Jahre wegen Körperverletzung einsaß. Nachts gegen halb drei findet er Crimson in ihrer Wohnung erneut verletzt vor und setzt ihrem Freund Virgil Rowe mit zwei gezielten Schlägen zu. Am nächsten Morgen wird Marsh von seiner schwarzen Partnerin Remy Morgan zu einem Mordfall gerufen: Rowe, dessen Tätowierungen ihn eindeutig der Neonaziszene zuordnen, wurde zwischen zwei und vier Uhr in der Nacht erwürgt. Lebte Rowe noch als Marsh die Wohnung verließ? Tja, die Sache mit dem Alkohol und dann wären da wohl noch etliche Fingerabdrücke, die direkt zu ihm führen.

Wenn wir nach Vorschrift vorgehen verplempern wir einen kompletten Tag. […] beschatten … Haftbefehle beantragen.“
„Hast du eine bessere Idee?“
„Na ja, im Augenblick bin ich ohne Dienstmarke unterwegs. Daher stecke ich voller Ideen.

Es brennt, könnte man sagen und dies im doppelten Wortsinn, denn ein nahe gelegenes Feld brannte letzte Nacht teilweise nieder. Benzinkanister in Rowes Garage geben einen Hinweis auf den möglichen Täter. In dem abgebrannten Maisfeld finden Marsh und Remy die Leiche eines nur teilweise verbrannten schwarzen Jugendlichen namens Kendrick Webster, dem zuvor die Ellenbogen gebrochen wurden. Ein Lynchmord, auf den auch ein Strick um den Hals des Teenagers hinweist, den Marsh schnell entfernt bevor dieses Detail die Runde macht. Willkommen in Mason Falls, Georgia; in den Südstaaten Amerikas, wo Rassismus nach wie vor alltäglich ist. Ein Lynchmord an einem schwarzen Jugendlichen ist schon schlimm genug für das anfällige Gemeinwohl, doch das Opfer war zudem Sohn eines Baptistenpredigers. Ärger von allen Seiten ist also sicher.

Actionreicher Serienstart

„Cold Detective“ ist der Auftakt einer Thriller-Serie von John McMahon, die im vorliegenden Fall auf altbewährte Zutaten setzt. Ein Detective, der vor einem Jahr durch einen Unfall Frau und Sohn verlor, dessen Umstände bis heute nicht gänzlich geklärt sind; dazu ein Lynchmord an einem schwarzen Jungen, der in der Bevölkerung widersprüchliche Reaktionen und Proteste auslöst. Die ersten zwei Drittel des Buches sind rasant und werden aus der Perspektive des Ich-Erzählers Paul Thomas „P. T.“ Marsh dargeboten, der aufgrund seines familiären Verlustes an der Flasche hängt, gleichwohl aber einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hat, nicht zuletzt in der allgegenwärtigen „Rassenfrage“.

Ich weiß, dass dir unsere Gemeinde am Herzen liegt. Du hast dich dort eingeheiratet. Aber für jemanden, der stinksauer ist, bist du nichts weiter als ein weißer Bulle, dem alles am Arsch vorbeigeht.

Der Schreibstil ist packend, ein Pageturner reinster Güte, der erst im letzten Drittel die Hintergründe erkennen lässt. Dann wird es allerdings arg, denn das Motiv für den Mord an Kendrick ist bemerkenswert hanebüchen. Da auf dem Buchrücken bereits von einem „sinistren Kult“ die Rede ist, ist es wohl kein Spoiler, wenn hier auf eine grandiose Verschwörung hingewiesen wird. Diese hat es wahrlich in sich und kann es mit jenen ungezählten, zumeist ebenfalls haarsträubenden „Vatikan-Verschwörungsthrillern“ problemlos aufnehmen. Auf so einen Quark muss man kommen, andererseits spielt der Plot in den Südstaaten, da könnte es glatt passen.

Wem letztlich die „Auflösung“ nicht unangenehm aufstößt, der findet hier durchaus gutes Lesefutter für actionorientierte Leser. Dann ist „Cold Detective“ ordentlicher Mainstream mit Pageturner-Qualitäten, sprich mit allem versehen, was in dem Genre dazu gehört. Einschließlich eines bösen Cops. Mindestens. Wem der Serienstart gefällt, darf sich auf die Fortsetzungen („Evil Men“ und „A Good Kill“ liegen bereits auf Englisch vor) freuen.

  • Autor: John McMahon
  • Titel: Cold Detective
  • Originaltitel: The Good Detective. Aus dem amerikanischen Englisch von Sven-Eric Wehmeyer
  • Verlag: Piper
  • Umfang: 396 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: Januar 2022
  • ISBN: 978-3-492-91711-5
  • Produktseite


Wertung: 11/15 dpt


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