
Ein freier Journalist mit dem Schwerpunkt okkulte Phänomene wird von einem Bekannten gebeten, sich den ungewöhnlichen Grundriss eines Hauses anzuschauen – im Untergeschoss befindet sich zwischen Küche, Wohn- und Schlafzimmer ein gemauerter Hohlraum, im Obergeschoss liegt ein Kinderzimmer im Inneren des Hauses ohne ein einziges Fenster nach außen. „Für die Bewohner brachte das zwar keinerlei Unannehmlichkeiten mit sich, aber irgendwie war es doch unheimlich, weshalb mein Bekannter hin und her überlegte, ob er das Haus wirklich kaufen sollte, wie er mir erzählte.“ Das Buch „Das seltsame Haus“ ist eigentlich der Debütroman des japanischen Autors Uketsu, das der Dumont-Verlag nach dem Erfolg seines Buches „Seltsame Bilder“ nun veröffentlicht hat. Und auch hier gibt es eine Mischung aus Text und Zeichnungen, die nach und nach ein skurriles Geheimnis offenbaren. Der Ich-Erzähler kann sich den seltsamen Grundriss auch nicht erklären und zieht seinen Bekannten Kurihara hinzu, der Architekt ist.
Uketsu ist ein Autor, dessen Identität nicht bekannt ist. Gekleidet mit weißer Gesichtsmaske und einem schwarzen Ganzkörperanzug zeigt er oder sie sich in Youtube-Videos als rätselhaftes Phänomen. Die deutschen Ausgaben der beiden übersetzen „Sketch Mystery“-Romane spielen mit der japanischen Herkunft des Autoren oder der Autorin – Schriftzeichen verzieren das jeweilige Cover, im Inneren ist ein Foto von Uketsu mit einer weißen Maske. Wer so etwas mag, sich für Japan begeistert und es schätzt, wenn Zeichnungen zur Auflösung beitragen – der wird glücklich mit „Das seltsame Haus“. Wer auf sorgfältige Ermittlungen Wert legt, darauf, mitraten zu können, der wird mit dem Debüt von Uketsu nicht viel anfangen können.
Während sich im ersten Roman noch die (auch schon dort sehr konstruierte) Geschichte Kapitel für Kapitel zusammenfügte und die Zeichnungen im Laufe der Ermittlungen auch durchaus mal umgedeutet und immer zusammenhängender wurden, geht der Debütroman von sehr spekulativen und nicht naheliegenden Deutungen der Protagonist/innen aus, die sich dann alle eine nach der anderen bewahrheitet. Dabei werden – statt neuer Zeichnungen – immer wieder die ursprünglichen Grundrisse abgedruckt. Ein Großteil des Romans besteht aus wörtlich wiedergegebenen Dialogen, in denen seltsame Vermutungen in den Raum gestellt werden, auch wenn sie nicht sehr faktenbasiert und an der Wahrscheinlichkeit ausgerichtet erfolgen.
Die Geschichte selbst ist dabei sehr konstruiert, es geht um Familienhistorie, Rituale, den Glauben an einen Fluch, ein mordendes Kind und abgetrennte Hände – hier kann nicht mitgeraten werden, sondern nur staunend gelauscht werden, was die Protagonist/innen sich zusammenreimen.
Schließlich spricht in einem Nachwort der Architekt Kurihara über seine Begegnung mit Uketsu und bringt damit spielerisch eine weitere Ebene in die Geschichte – Uketsu gibt es nun einmal in der Realität, aber bedeutet dies, dass es auch den Architekten Kurihara gibt? Und die erzählte schaurige Geschichte womöglich so geschehen ist? Zudem Kurihara über Uketsu und dessen Art, Artikel und Bücher zu schreiben, philosophiert:
Fazit:
„Das seltsame Haus“ von Uketsu verbindet Text und Zeichnungen zu einer recht wilden und düsteren Geschichte einer Familie. Dabei richtet sich der Roman eher an eine spezielle Leserschaft, die zugunsten von gruseligen Ereignissen gerne auch auf Wahrscheinlichkeiten verzichtet. Kein Krimi zum Mitraten, sondern vielmehr konstruierte und sehr nüchtern erzählte Mordfälle, die sich um zwei Grundrisse ranken.
- Autor: Uketsu
- Titel: Hen Na Ie – Das seltsame Haus
- Originaltitel: Hen Na Ie
- Übersetzerin: Heike Patzschke
- Verlag: Dumont
- Erschienen: 10/2025
- Einband: Hardcover
- Seiten: 224
- ISBN: 978-3-7577-0142-0
- „Das seltsame Haus“ von Uketsu bei Dumont

Wertung: 10/15 dpt







