Auf den ersten Blick erscheinen Cameron Hicks, Rachel Pirzad, Gary Bell, Nina Theroux und Bill Harken wie ganz normale Menschen. Doch dank ihrer Gehirnanomalien verfügen sie über übermenschliche Fähigkeiten, die sich in physischer oder mentaler Form äußern. Hicks (Warren Christie) ist beispielsweise der Hyperkinese mächtig: Er kann Bewegungen in ihrer Geschwindigkeit und hinsichtlich ihres Ziels extrem gut einschätzen, was ihm enorme Reflexe verleiht und beim Kampf oder beim Abfeuern von Waffen für unglaubliche Präzision und immens schnelle Vorausberechnungsfähigkeiten sorgt.
Gary (Ryan Cartwright) hingegen ist ein eingeschränkt sozialkompetenter Autist, dessen Inselbegabung darin liegt, elektromagnetische Strahlungen respektive Wellenlängen zu empfangen. So ist er zum Beispiel dazu in der Lage, sich in Mobilfunk- oder WLAN-Netzwerke einzuklinken, Überwachungskameras anzuzapfen oder sämtliche anderen via Funk übertragenen Signale abzufangen – und damit nicht genug: Er ist auch dazu fähig, empfangene Signale umzuleiten oder selbst welche zu senden
Rachel (Azita Ghanizada) wiederum kann einen ihrer fünf Sinne (Tastsinn, Gehör, Geruchssinn, Sehsinn und Geschmack) extrem verstärken, indem sie die anderen vier komplett ausblendet. Das verleiht ihr etwa die Gabe, anhand der Herzschläge, die in jedem Menschen pulsieren, festzustellen, wie viele Personen sich in einem Gebäude befinden, und ebenso erkennt sie chemische Zusammensetzungen am Geruch oder erfühlt Dinge, die ein Normalsterblicher nicht ertasten kann.
Die speziellen Fähigkeiten Bills (Malik Yoba) betreffen eher die Körperkraft – er kann für kurze Zeit übernatürliche Power entwickeln, indem er sich durch körpereigene Funktionen aufputscht. Diese Kraft drückt sich durch enorme Ausdauer, eingeschränkte Verletzbarkeit, schwindelerregend hohe Geschwindigkeit oder aber extreme Muskelkraft aus. Komplettiert wird das Team der Alphas durch Nina Theroux (Laura Mennell), welche per Blickkontakt andere in ihrem Willen beeinflussen kann. Alle fünf sind Mitarbeiter des DCIS (Defense Criminal Investigation Service), einer kriminologischen Abteilung des US-Verteidigungsministeriums.
Der gesundheitsbewusste Dr. Lee Rosen (David Strathairn) hat zwar keinerlei Alpha-Fähigkeiten vorzuweisen, ist aber Experte auf dem Gebiet der Alphas, genießt als Neurologe und Psychiater hohes Ansehen und ist durch sein einflussreiches Wesen der perfekte Mann, um dieses doch sehr heterogene Team zu leiten. Gemeinsam wird versucht, in Kriminalfällen zu ermitteln, in welchen andere, ebenfalls mit sonderbaren Fähigkeiten gesegnete Alphas involviert zu sein scheinen – mal solche, die schlichtweg selbst böse Absichten verfolgen oder solche, deren Sinne für den Vorteil anderer instrumentalisiert werden, beispielsweise im Auftrag der Organisation “Red Flag”, welche als eliminiert galt, nun aber doch wieder im Hintergrund die Fäden zieht.
Das klingt schräg und ist es auch, doch der Zuschauer sollte bei “Alphas” kein in Serienformat gequetschtes Superheldending à la “Die Unglaublichen” oder Marvel-Adaptionen in Richtung “Fantastic Four”, “Der unglaubliche Hulk” oder “Flash Gordon” erwarten. Zwar gibt es hier und dort mal die ein oder andere augenzwinkernde Parallele oder gar Hommage, doch die Macher Zak Penn und Michael Karnow sowie Ira Steven Behr und eine Handvoll andere Producers und Exexutive Producers waren zu jeder Zeit bemüht, der Serie ein gänzlich eigenes Gesicht zu geben. Mit Erfolg.
Im starken Kontrast zu den übernatürlichen Fähigkeiten aller Alphas spielen sämtliche Fälle viel deutlicher in der Realität. Auf übermäßigen Einsatz von Spezialeffekten wird verzichtet, sodass diese wirklich effektiv (sic!) statt aufmerksamkeitsheischend wirken, und so hat man zu keiner Zeit das Gefühl, lediglich mit einer visuellen Reizflut konfrontiert zu werden. Da schiebt Bill mal eben “nur” einen schweren Container zur Seite, trifft Cameron mit einem Pistolenschuss über Bande die Zielperson, fummelt Gary in der Luft herum, um sich in ein Überwachungssystem einzuloggen. Sicherlich gibt es hier und da den ein oder anderen »Ja, natüüüürlich!”-Moment, doch das wirkt keinesfalls lächerlich, sondern trägt dadurch zu einem nicht unbedeutenden Teil zum serieneigenen Charme bei.
(Pseudo-)Wissenschaftliche Dinge werden angenehmerweise nicht haarklein erklärt, und so bleibt es dem Zuschauer überlassen, selbst mal (sofern real existent) nachzuschauen, mitzuspinnen oder sich einfach nur der Faszination hinzugeben. Neben der reichlich vorhandenen Action kommen auch andere Unterhaltungsfaktoren nicht zu kurz. So besitzt die Serie auch das ein oder andere kleine Drama und ein gesundes Maß an Humor, wodurch “Alphas” eine sympathische Vielseitigkeit in sich birgt, die gespannt auf das macht, was in der Folge darauf geschehen mag. Hinzu kommt, dass die Fälle nicht nur in sich abgeschlossen sind, sondern neben den diversen staffelübergreifenden roten Fäden auch ein paar Folgen ineinander verzahnt sind.
Was bei “Alphas” sehr deutlich heraussticht, ist die außerordentlich originelle, überdurchschnittlich liebevolle und stets passende Einbindung von Musik und Soundeffekten. Gerade was die Atmosphäre betrifft, gewinnt die Serie in Bezug auf den Gesamteindruck kolossal. Wer Serien wie “EUReKA” und “Warehouse 13” sowie “Haven” zu seinen Favoriten zählt, dürfte auch an dieser Produktion seine wahre Freude haben, zumal die schauspielerischen Leistungen auch hier als eine warmherzige Mischung aus “astrein” und “schrullig” einzustufen sind und den einzelnen Figuren sehr starke Charakterzüge auf den Leib geschrieben wurden.
Ein wenig schmunzeln ist angesagt, wenn man feststellt, dass auch in “Alphas” wieder so mancher Serienhopper unterwegs ist – von Garrett Dillahunt über Valerie Cruz bis hin zu Lauren Holly wird man immer wieder Momente erleben, in denen man sich innerlich fragt: »Oh, woher kenn ich den denn jetzt schon wieder?« – aber im Gegensatz zu deutschen Produktionen bekommt man hier einmal mehr demonstriert, dass die meisten US-Schauspieler um ein Vielfaches wandlungsfähiger sind und absolut glaubwürdig mal den Guten, mal den Bösen, mal den Irren und mal den Unscheinbaren verkörpern. Auch einen Crossover mit “Warehouse 13” erleben wir, denn hier wie dort bekommt man Lindsay Wagner als Dr. Vanessa Calder zu sehen.
Das Gesamtpaket stimmt schlichtweg, und das lässt “Alphas” letzten Endes zu einer gleichermaßen unterhaltsamen, skurrilen wie auch spannenden Serie werden, die hungrig auf mehr macht. Ärgerlich hierbei ist, dass dieses “mehr” sich lediglich auf eine weitere Staffel beläuft, denn nach der zweiten Staffel hat Syfy angekündigt, es werde keine dritte mehr geben. Dennoch bleibt zu hoffen, dass die Serie es noch vom Pay-TV ins Free-TV schafft, denn es wäre zu schade, wenn man der Zuschauergruppe, die mangels Geld oder Lust auf Knebelverträge kein Pay-TV besitzt, diese Produktion vorenthielte.
Cover und Packshots © Universal Pictures
- Titel: Alphas
- Originaltitel: Alphas
- Staffel: 1
- Produktionsland und -jahr: USA 2011
- Genre:
Mystery
SciFi
Drama
Action
- Erschienen: 06.06.2013
- Label: Universal Pictures/SyFy
- Spielzeit:
ca. 517 Minuten auf 3 DVDs - Darsteller:
David Strathairn
Ryan Cartwright
Warren Christie
Azita Ghanizada
Laura Mennell
Malik Yoba
Mahershalalhashbaz Ali
und viele mehr - Stab:
- Idee:
Michael Karnow
Zak Penn - Executive producers:
Ira Steven Behr
Zak Penn
Gail Berman
Lloyd Braun
Gene Stein
Robert Hewitt Wolfe - Produzenten;
Michael Karnow
Nick Copus
Julie Siege
Kevin Lafferty
- Idee:
- Extras:
Alphas auf der Comic Con
Fan Q&A
Entfallene Szenen
- Technische Details (DVD)
Video: 1.78:1 anamorph
Audio: Deutsch, Englisch (5.1 DD)
Untertitel: Deutsch, Englisch
- FSK: 16
- Sonstige Informationen:
Erwerbsmöglichkeiten und Infos
Wertung: 12/15 dpt
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