Lukas Hartmann – Ein passender Mieter (Buch)


Lukas Hartmann, Ein passender Mieter (Cover ©Diogenes)Wenn die erwachsenen Kinder den Haushalt verlassen, belastet die Leere des Nests manche Eltern schwer. Margret und Gerhard sehen ihren Sohn Sebastian mit gemischten Gefühlen von dannen ziehen, die Mutter wehmütig, der Vater trotzig. Um sich mit den eigenen Gefühlen, den Gefühlen des anderen und dem Verlust nicht zu sehr auseinandersetzen zu müssen, gehen sie schnell dazu über, einen Mieter für den Anbau zu finden, in dem Sebastian die letzten Jahre gewohnt hatte.

Die Wahl fällt auf Beat, einen stillen Zweiradmechaniker, der einen netten, wenngleich sehr zurückhaltenden Eindruck macht. Doch schon kurz nach seinem Einzug beschleicht Margret, die nur Teilzeit arbeitet und deshalb tagsüber viel zu Hause ist, der Verdacht, bei ihrem ruhigen Mieter könne es sich um einen gesuchten Gewaltverbrecher handeln, der seit einiger Zeit junge Frauen von Fall zu Fall zunehmend brutaler, überfällt und bedroht.

Sie weiß nicht, wohin mit ihren Bedenken. Der Kontakt zu Sebastian ist so gut wie eingeschlafen, ihr Mann Gerhard hat kein Ohr für sie und jenseits der Familie möchte sie diese schreckliche Vermutung nicht besprechen. Die Belastung schlägt ihr erst auf die physische, dann auf die psychische Gesundheit, und als sich ihr Verdacht bestätigt, steht ihre geordnete Welt Kopf und sie stellt alle eingefahren Gewohnheiten nach jahrelanger stillschweigender Unzufriedenheit endlich in Frage.

Lukas Hartmanns „Ein passender Mieter“ ist im Grunde ein Entwicklungsroman. Weder geht es um die Person des Mieters, noch um seine Taten. Der Roman wird aus verschiedenen Perspektiven, meist aus der der Hauptfigur Margret, teils aus der Sebastians und in wenigen Kapiteln aus der Gerhards erzählt. Für jede Erzählperspektive hat sich der Autor etwas Eigenes ausgedacht. Margrets Kapitel werden aus personaler Perspektive erzählt, Sebastian aus Ich-Perspektive, Gerhard wieder personal mit einem deutlich anderen Stil als Margret.

Leider hört man aus den Kapiteln aus Margrets Perspektive keine Frauenstimme heraus. Daran krankt die Glaubwürdigkeit des ganzen Buchs. Zudem ist es sprachlich schlicht, die Handlung wirkt extrem konstruiert, die Figuren bleiben platt, die zwischenmenschlichen Beziehungen werden unbefriedigend beleuchtet und die Dialoge sind völlig unnatürlich und klischeehaft. Erst ganz zum Schluss, als Margret aus ihrer Lethargie erwacht und sich aus ihrer eingefahrenen Familiensituation zu lösen scheint, kommt ein wenig Fahrt in die Geschichte, doch dann ist sie auch schon zu Ende. Ein ziemlich entbehrliches Buch.

  • Autor: Lukas Hartmann
  • Titel: Ein passender Mieter
  • Verlag: Diogenes
  • Erschienen: 2016
  • Einband: Gebunden mit Schutzumschlag
  • Seiten: 363
  • ISBN: 978-3-257-06967-9
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite
    Erwerbsmöglichkeiten

Wertung: 9/15 dpt

 

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1 Kommentar
  1. Das Buch von Lukas Hartmann ist brandaktuell. Mit einer erstaunlichen Präzision beschreibt er Zwischenmenschliches und Seelisches. Auf der Höhe der Geschichte zwingt er den Leser in die Mechanik der Seele. Da bleibt kein Knochen ganz. Am Ende kommt man geläutert aus dem Tunnel. Das Buch ist ein Segen für alle, denen die eigene Psyche nicht fremd ist.

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