Dean Koontz – Suizid (Buch)


Dean Koontz - Suizid (Cover © HarperCollins)«Sie war von Woche zu Woche in allen Dingen leiser geworden, als bereite sie sich darauf vor, ein Gespenst zu werden.»

Unsichtbar wie ein Gespenst – das wäre Jane Hawk tatsächlich gerne. Nach dem Selbstmord ihres Mannes, sucht die beurlaubte FBI-Agentin nach einer Erklärung für seinen Tod. Denn sie ist sich sicher, dass Nick sich niemals aus eigenem Antrieb das Leben genommen hätte. Zugleich steigt die Zahl unerklärlicher Selbstmorde glücklicher und zufriedener Menschen im ganzen Land rapide an. Als sie beginnt, der Sache auf die Spur zu gehen, dringt jemand in ihr Haus ein und bedroht ihren Sohn. Schnell ist ihr klar: Wer auch immer dahintersteckt, muss unsagbar mächtig und einflussreich sein. Jane bringt ihren Jungen in Sicherheit und begibt sich auf die Suche nach den Strippenziehern. Dabei stößt sie auf immer mehr Ungereimtheiten und wird zu einer unerbittlichen Jägerin, die nichts unversucht lässt, das Rätsel zu lösen.

Irgendwo war einmal zu lesen, Dean Koontz sei so etwas, wie der kleine Bruder von Stephen King, der qualitativ immer ein wenig hinterherhinkt. Da ist schon etwas Wahres dran. Vergleicht man aber nur die aktuellen Bücher – „Sleeping Beauties“ von Stephen und Owen King und „Suizid“ von Dean Koontz – hat „der kleine Bruder“ die Nase ziemlich weit vorne. Während Kings neues Werk nicht wirklich greifbar ist, überzeugt Koontz mit einem überaus gut durchdachten, spannenden und beängstigendem Plot sowie einem beeindruckenden Hauptcharakter.

Jane Hawk ist eine Wahnsinns-Frau: stark, fokussiert, intelligent, tough, wunderschön und bis zur Perfektion vom FBI ausgebildet. Eine Jägerin, die es mit den ganz Großen aufnimmt und sich von nichts und niemandem einschüchtern lässt. Ihren Namen – Hawk, Falke – hat sie wohl nicht zufällig von Koontz erhalten. Wie der Vogel zeichnet auch sie sich durch Ausdauer, Tempo und Überblick aus. Zwar ist sie daneben auch paranoid und extrem misstrauisch, ihre Erkenntnisse machen dies aber absolut notwendig, um ihr Überleben zu sichern. Was sie auf ihrem Weg sieht und erlebt, lässt sie immer skrupelloser und entschlossener, aber auch besessener von dem Fall werden. Geht es um ihren Sohn, zeigt sie ihre emotionale Seite – wie eine Löwin beschützt sie ihn, hat aber mit der notwendigen Trennung von ihrem einzigen Kind schwer zu kämpfen. Als Leser würde man sein eigenes Leben ohne zu zögern in Janes Hände legen. Man wird im Verlauf der Geschichte zu einem ihrer wenigen Vertrauten, fiebert mit ihr mit und steht auf ihrer Seite, selbst wenn sie zur Waffe greift. Denn ihre Beweggründe sind mehr als nachvollziehbar. 

Von der ersten Seite an sind wir mitten in der Handlung. Janes Mann ist tot und ihre Jagd bereits im Gange. Sofort beginnt man zu rätseln, welcher Verschwörung sie da auf der Spur ist – und ob ihre Ängste berechtigt sind oder ob sie sich womöglich in etwas verrennt. Ihr bei ihrer Mission zu folgen, mit all dem Schrecken konfrontiert zu werden, den sie aufdeckt, ist unheimlich fesselnd und streckenweise extrem bedrückend. Wozu sind Menschen in Machtpositionen fähig? Wo liegen ihre moralischen Grenzen? Welche Wünsche hat man noch, wenn man bereits alles besitzt? Die Spannung steigt mit jeder Seite, die Handlung schreitet in rasantem Tempo voran und der actiongeladene Showdown ist ein explosiver Höhepunkt. Die Geschichte kommt zu einem runden Abschluss, lässt aber viele Fragen offen und schickt Jane auf die nächste Etappe ihrer Jagd. Was nicht sofort ersichtlich ist: Hier soll eine Serie entstehen, anscheinend eine Trilogie.

Koontz‘ Schreibstil ist durchzogen von endlosen Schachtelsätzen, die das Lesen bisweilen ein wenig erschweren. Gleichzeitig schafft er auf diese Weise lebendige Bilder voller Details. Während wir Jane folgen, ist die Handlung in der Vergangenheitsform erzählt, ebenso wenn wir ihrem ehemaligen Chef über die Schulter schauen. Bei jedem anderen Charakter, der kurzzeitig im Fokus steht, wechselt die Erzählweise ins Präsenz. Für kurze Kapitel nehmen wir die Perspektive von Janes Gegnern ein – im Gegensatz zu ihnen im Wissen, dass ihnen die Jägerin auf den Fersen ist. Die Atmosphäre wirkt so noch beklemmender und unheilvoller.

Fazit: „Suizid“ ist ein ungeheuer spannender und beklemmender Thriller mit einer höchst brisanten Thematik. Manche Szenen muss man erst einmal sacken lassen – Koontz entwickelt hier einen aufwühlenden Plot, der die besorgte Frage aufwirft, inwieweit er sich im Bereich des Möglichen bewegen könnte. Das klingt nun etwas kryptisch, wer mehr wissen will, muss wohl das Buch lesen. Aufgrund der eindrucksvollen Protagonistin sowie der beunruhigenden, actionreichen und vielseitigen Handlung wäre das in jedem Fall eine gute Idee.

Cover © HarperCollins

  • Autor: Dean Koontz
  • Titel: Suizid
  • Teil/Band der Reihe: Teil 1
  • Originaltitel: The Silent Corner
  • Übersetzer: Wulf Bergner
  • Verlag: HarperCollins
  • Erschienen: 12/2017
  • Einband: Art des Einbands
  • Seiten: 512
  • ISBN: 978-3-959-67178-1
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite 
    Erwerbsmöglichkeiten

Wertung: 13/15 schlagkräftige FBI-Agentinnen


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