Jack Collins ist ein ehemaliger Navy-Seal und psychisch angeschlagener „Kriegsjunkie“, weshalb er zu Beginn des Films Pillen schluckt. Etliche Tote später braucht er anscheinend keine mehr (Therapie: Killen gegen Pillen). Seine körperliche Fitness ist nicht beeinträchtigt, die Klimmzüge funktionieren wie geschmiert. Bereitwillig hält Collins seinen schwitzenden, voll korrekt definierten Body in einem Hotelzimmer in Marrakesch vor die Kamera. Dann geht er zur Arbeit, beziehungsweise fährt los, um eine Zielperson auszuschalten. Mit ein bisschen technischem Schnickschnack gelingt ihm das problemlos.
Jack Collins arbeitet als Kopfgeldjäger/Auftragskiller für die CIA. Er hat ja nichts anderes gelernt. Das immerhin kann er ganz gut, weshalb gleich die nächste Mission ansteht. Mit zwei Kollegen und einem Mittelsmann vor Ort soll in London der zum IS übergelaufene Ex-Agent Terry McKnight eliminiert werden, bevor er eine thermonukleare Waffe kaufen und verschieben kann. Koordiniert wird die unerfreuliche Angelegenheit von der CIA-Einsatzleiterin Leigh, die eine ganz persönliche Rechnung mit McKnight offen hat.
Logischerweise geht der erste Anschlag schief, denn sonst wäre der Film nach einer halben Stunde zu Ende gewesen. Wir bewegen uns im Agentenmilieu. Zwar dem von Klein Kleckersdorf, aber auch da lauern Verrat und sich ändernde Koalitionen an jeder Ecke. Collins und sein Kollege entkommen zwar dem Hinterhalt, müssen aber einen schmerzhaften Verlust ertragen.
Sie versuchen den Spieß umzudrehen, es gibt weitere Scharmützel und Leichen auf beiden Seiten. Zwischendurch wird ein bisschen Auto gefahren, so lange nicht jemand anders die Elektronik übernimmt und den Motor ausstellt. Anschließend mischt Leigh persönlich mit, doch am Ende bleibt es an Jack Collins hängen, den schmutzigen (Bin) Laden dichtzumachen.
Collins wird gespielt von Milo Gibson, dem – zur Drehzeit – 28-jährigen Sohn Mels. Der älter aussieht, weshalb die Rolle des angeschlagenen Kriegsveterans halbwegs hinhaut. Der gelernte Elektriker hat das Fach gewechselt und möchte in die Fußstapfen seines (nicht mehr gar so gut beleumundeten) Vaters treten. Doch selbst mit Schuhgröße 39 wären die noch zu groß. Milo kann einen Ausdruck: griesgrämig. Den beherrscht er im Schlaf, weshalb er den gesamten Film auch dabei bleibt. In den Actionszenen schlägt er sich wacker, da ist differenziertes Minenspiel auch nicht nötig. Milo Gibson kann laufen, ohne hinzufallen, Auto fahren, ohne das Getriebe zu ruinieren und auch beim Schießen und Kämpfen stellt er sich ganz gewandt an. Die Action in „All Devil’s Men“ ist weitgehend handgemacht, spektakuläre Stunts bleiben aus. Da wäre auch das knappe Budget vor.
Es gibt auch richtige Schauspieler vor Ort. William Fichtner bleibt bedauerlicherweise nur für wenige Einsatzminuten, nachdem es kurzzeitig so aussah, als würde der Film zur Fichtner-Show eskalieren. Mit seiner überraschenden aber unsinnigen Vergeudung stellt sich „All The Devil’s Men“ selbst ein Bein.
Die bezaubernde Sylvia Hoeks (“Blade Runner 2049”) bekommt mehr Spielzeit und macht eine gute Figur als leitende CIA-Agentin Leigh. Sie empfiehlt sich für höherwertige Aufgaben, wird aber unter Wert verkauft und vor allem unnötig dämlich verabschiedet. Auf der Gegenseite liefern Joseph Millson und Elliot Cowan achtbare Arbeit ab. Das heißt, sie bewegen sich beide auf dem schmalen Grat zwischen ernsthaftem Schauspiel und karikierendem Schmierentheater. Werden aber vom schmalbrüstigen Drehbuch allzu oft im Stich gelassen.
Beide wissen, dass der Film, in dem sie spielen, nicht so dolle ist. „All The Devil’s Men“ ist ein lupenreiner und solide gemachter C-Actioner. Es ist immer Zeit für ein kleines Scharmützel in einer stillgelegten Fabrikhalle oder auf einem alten Flughafengelände. Die CIA hat nicht genügend Kohle um mehr als fünf Leute gleichzeitig loszuschicken, die sich zudem ziemlich dusselig anstellen. Aber das sieht bei der Gegenseite nicht anders aus. So dezimiert man sich abwechselnd, weswegen der Showdown zum Einzelkampf wird.
Leider hat Regisseur und Drehbuchautor Matthew Hope Ambitionen, er möchte nicht nur Action inszenieren, sondern einen Bericht aus der schmutzigen Welt der Geheimdienste und der Terrorbekämpfung abliefern. Doch es reicht nicht ansatzweise zur Lightversion von John LeCarré. Denn alles Hintergründige wird nur behauptet, die inneren Konflikte sind zu dick aufgetragen und werden bei Bedarf schlicht vergessen. Collins‘ Tablettenabhängigkeit interessiert im weiteren Verlauf des Films nicht mehr, dass er Familienvater ist, wird zwar erwähnt, aber ein Dackelblick von Milo Gibson auf einen Kindersitz auf der Rückbank reicht nicht für eine emotionale Anbindung.
Die Dialoge zu den Aktivitäten in der Kampfzone sind von markiger Beliebigkeit oder fast surrealer Inhaltsleere. Manchmal auch beides gleichzeitig. Klingt dann so:
„Also, wie ist der Plan?“
„Der Plan? – Der Plan ist, dass ihr euer verdammtes Maul haltet und zuhört. Das ist der verdammte Plan!“
„Also verkackt es nicht! Wir erwarten mehrere Ziele.“
Der zweite Satz, in dem Zuhören gefordert wird, Informationen aber ausbleiben, wird vorlaut von Collins unleidlichem Partner Samuelson intoniert. Den Gbenga Akinnagbe überagierend als schlecht gelaunten Rotzlöffel gibt. Der Mann kann es eigentlich besser, wird aber anscheinend von seinem Regisseur im Stich gelassen.
Wir nehmen den Anspruch ans Ganze wohlwollend zur Kenntnis, wissen aber womit der Weg zur Hölle, neben pseudophilosophischen Auslassungen über das (Un)wesen des Menschen, gepflastert ist. Bleibt ein altmodischer Actionfilm, dessen Schießereien und Kämpfe recht deftig und ohne den lässlichen und lästigen Hang zum betäubenden Overkill in Szene gesetzt sind. Das meist mit Schalldämpfer geschossen wird, verleiht den Aktionen einen dezenten Verfremdungseffekt. Man kann den Film in sattem Surround schauen, ohne die Nachbarn aufzuwecken.
Regisseur und Drehbuchautor Matthew Hope entscheidet sich für eine betuliche Gangart, die erst peu a peu mit Action aufgebrochen wird. Das wäre eine interessante Entscheidung gewesen, wenn Charaktere, Geschichte oder Dialoge mehr hergegeben hätten als öde Hausmannskost vom Reißbrett. Alles entwickelt sich so wie man es erwartet, milde Spannung baut sich gegen Ende trotzdem auf. Aber schlussendlich heißt es erwartungsgemäß „Last Man Standing“.
Geht in Ordnung an einem verregneten Nachmittag oder Abend.
Cover & Szenenfotos © EuroVideo Medien GmbH
- Titel: All The Devil’s Men
- Originaltitel: All The Devil’s Men
- Produktionsland und -jahr: GB 2018
- Genre: Action, Agententhriller
- Erschienen: 29.06.2019
- Label: Eurovideo
- Spielzeit:
ca. 100 Minuten auf Blu-Ray
ca. 95 Minuten auf DVD
- Darsteller:
Milo Gibson
Sylvia Hoeks
Joseph Millson
Elliot Cowan
William Fichtner
Gbenga Akinnagbe
- Regie:
Matthew Hope - Drehbuch:
Matthew Hope
- Musik:
Amory Leader
Simon Williams
- Kamera:
Robin Whenary - Extras: –
- Technische Details (DVD)
Video: 2,40:1, 16:9 anamorph
Sprachen/Ton: Deutsch & Englisch, Dolby Digital 5.1
- Technische Details (Blu-Ray)
Video: 2,40:1, HD 1080/24p (16:9)
Sprachen/Ton: Deutsch / Englisch, DTS-HD Master Audio 5.1
- FSK: 18
- Sonstige Informationen:
Produktseite des Films
Wertung: 8/15 Teufeleien mit Schalldämpfer