Lisa Brück, Abdul Kader Chahin und Rebeccs Treger (Hrsg.) – Toxic (Buch)


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Lisa Brück, Abdul Kader Chahin und Rebeccs Treger (Hrsg.) – Toxic (Buch)

“Toxic” ist aus der Idee entstanden, Vielfalt ehrlich und ungefiltert darzustellen. Wie nicht-selbstverständlich dieses Ziel ist, wird bereits beim Lesen des Vorworts, aber erst recht in den unterschiedlichen Beiträgen klar: Vielfalt ist eben noch immer nicht die Norm!

“Toxic” ist ein Spoken-Word-Sammelband herausgegeben von Lisa Brück, Abdul Kader Chahin und Rebecca Treger, der 2022 durch den Lektora-Verlag veröffentlicht wurde. Ziel dieses Buches ist es, den Blickwinkel derer zu zeigen, die noch immer nicht gesehen und sogar ausgegrenzt werden – darunter queere Menschen, Personen, die durch ihre Ethnie, Herkunft oder Aussehen von Rassismus betroffen sind, behinderte und beeinträchtigte Personen, sowie Frauen, die noch immer nicht gleichberechtigt sind.

Das Buch besteht aus unterschiedlichen Beträgen von unterschiedlichen Personen, die durch ihre Kunst und Poetry-Slams aufgefallen sind – darunter queere, feministische, behinderte und BIPOC Personen. Wir dürfen Reden, Poetry Slams und auch reale Geschichten lesen, die uns zeigen, dass die Lebenswirklichkeit für viele ganz anders aussieht, als das, was uns als Norm verkauft wird – und zwar voll mit Vorurteilen, Diskriminierung, Marginalisierung und Abwertung.
Um den eigenen inklusiven Werten zu entsprechen, haben die Poetry-Slammer und andere Beteiligte die Texte auch selbst eingelesen – so können wir die Beiträge durch einen QR-Code anhören.

Es gab Beiträge, in den Personen darüber schreiben, aufgrund ihrer Behinderung ausgeschlossen zu werden, Schwarze, die darüber schreiben, wie ihre Angst vor Gewalt ihren Alltag mitbestimmt, Feministen, die zeigen, wie ungerecht Chancen und Ressourcen verteilt werden und trans Personen, die von Doppelstandards berichten.

Aber es werden auch schöne Erfahrungen geteilt und Mut gemacht – so zeigen manche Beiträge, wie wertvoll es sein kann, sich mit den eigenen Vorfahren verbunden zu fühlen oder dass es in Ordnung ist, nicht bereits vollkommen aufgeklärt zu sein, da Lernen ein Prozess ist, der Zeit braucht.

Jeder Beitrag war dabei mitreißend und hat die Vielfalt der Poetry-Slam-Szene beeindruckend dargestellt – Analogien trafen auf Rhythmus und Gefühl, ohne dabei aufgesetzt zu wirken oder den Inhalt der Beiträge nicht zu reflektieren.

Gerade der Inhalt ist aber, was dieses Buch so wertvoll für mich macht: Ich habe selten so viele intime und persönliche Perspektiven erfahren dürfen, die von Diskriminierung und sogar Gewalt gezeichnet sind. Dabei handelt es sich um Blickwinkel, die gerne vergessen und übersehen werden – gerade, wenn sie nicht der Mehrheit unserer Gesellschaft entsprechen und sogar Selbstreflexion benötigen.

Außerdem war beim Lesen klar, dass keiner der Slammer einen Anspruch auf die Allgemeingültigkeit der eigenen Erfahrungen erhob, sondern dass es sich dabei um die jeweilige individuelle Perspektive handelte. Trotzdem wurde durch die einzelnen geteilten Erfahrungen auf benachteiligende Strukturen aufmerksam gemacht, die viele der unterschiedlichen Blickwinkel gemeinsam hatten.

Gerade wegen der Thematiken des Buches und der inklusiven Umsetzung finde ich es kritisch, dass das Vorwort von Jorinde Wiese verfasst wurde. Jorinde Wiese ist eine Person, die Betroffene sexueller Gewalt ihre Traumatisierung abgesprochen und sogar gegen diese auf Social-Media-Kanälen gehetzt hat. Auch gegenüber Männern kam es zu Hetzkampagnen. Ihr Vorwort verbittert meine tolle Erfahrung mit diesem Buch, da Jorinde Wiese gezeigt hat, dass sie manche der genannten Perspektiven nicht respektiert. Deswegen würde ich mich darüber freuen, wenn der Lektora-Verlag in Zukunft beteiligte Personen besser recherchiert.

Trotzdem ist “Toxic” ein Buch, dass ich weiterempfehle, weil es genau das macht, was gute Literatur ausmacht: Perspektive aufzeigen, zum Nachdenken anregen, zur Selbstreflexion zwingen – umso mehr, wenn man selbst so viele Privilegien besitzt, die man zu gerne übersieht.

Die Beiträge sind dabei kurz, knackig und zeigen, welches großartige Talent sich die Künstler erarbeitet haben.

Deswegen möchte ich auch den Künstlern und Poetry-Slammern danken: Eure Worte berühren.

Danke an Anela Music, Arthur, Cäcilla Bosch, Cris Ortega, Felicitas Friedrich, Flemming Witt, Isabella Kyonto, JJ Herdegen, Jonas Galm, Jonin Herzig, Judy Wittsieker, Kai Robin Bosch, Lamja A., Libian Farah, Linux Wedenmeyer, Lisa Brück, Mbayo Bona, Marek E. Rahel Behnisch, Rebecca Treger, Sadia Marie, Sira Busch, Sovia, Talia Klenk, Teresa Reichl, Valo Christiansen.

  • Autor*innen: Anela Music, Arthur, Cäcilla Bosch, Cris Ortega, Felicitas Friedrich, Flemming Witt, Isabella Kyonto, JJ Herdegen, Jonas Galm, Jonin Herzig, Judy Wittsieker, Kai Robin Bosch, Lamja A., Libian Farah, Linux Wedenmeyer, Lisa Brück, Mbayo Bona, Marek E. Rahel Behnisch, Rebecca Treger, Sadia Marie, Sira Busch, Sovia, Talia Klenk, Teresa Reichl, Valo Christiansen
  • Herausgeber: Lisa Brück, Abdul Kader Chahin & Rebecca Treger
  • Titel: Toxic
  • Verlag: Lektora
  • Erschienen: 2022
  • Einband: Paperback
  • Seiten: 240
  • ISBN: 978-3-95461-228-4
  • Sonstige Informationen:
  • Produktseite
  • Erwerbsmöglichkeiten


    Wertung: 14/15 dpt


2 Kommentare
  1. Erst ist diese Rezension toll zu lesen, dann wird sie durch nicht näher belegte Anschuldigungen gegen ein*e der Autor*innen des Vorwortes ziemlich merkwürdig. Wer hier ein bisschen Background Recherche betreibt, dürfte schnell darauf stoßen, dass das so wie hier beschrieben nicht stimmt, nicht belegbar ist und damit unter Verleumdung fällt! Wirkt durch diesen Einwurf leider so als ob die Autorin dieser Rezension diesen Raum für persönliche Antipathie zweckentfremdet und bekommt dadurch einen sehr unprofessionellen Touch. Schade, der Anfang war vielversprechend das Fazit: Lektora scheint ihre Hausaufgaben durchaus gemacht zu haben die Rezensentin nicht.

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