Alptraum in den Highlands

Eigentlich möchte die junge Annabelle nur einen Roadtrip durch die Highlands machen und fährt dabei unerlaubt über eine Privatstraße, die in das wunderschöne Glen Turrit führt. Als sie nach ihrem Handy greifen will, ist sie für einen Moment abgelenkt, sieht unmittelbar darauf ein kleines Mädchen auf der einsamen Straße stehen, reißt das Lenkrad herum und prallt gegen einen Baum. Wenig später sieht der kanadische Tourist Scott ebenfalls ein junges Mädchen und verschwindet ebenso wie Annabelle.
DI Monica Kennedy und ihr Team ermitteln derweil in einem grausamen Fall. Dreißig Kilometer von Inverness nahe einem Staudamm bei Beauly wurde der Leichnam eines Mannes gefunden, dem mehrere Körperteile fehlen. Laut dem Gerichtsmediziner ist der Mann jedoch ertrunken, seine Extremitäten wurden zuvor entfernt als er noch lebte. Nicht lange dauert es, da wird ein weiterer männlicher Torso gefunden.
Kennedy erfährt von einer alten Frau, die in dem verlassenen Dorf Little Arkow wohnt, dass es schon früher zu seltsamen Vorfällen kam. Ihr eigener Mann sei vor vier Jahren ermordet worden, ohne dass je ermittelt wurde. Dieser, so findet Kennedy heraus, schrieb mehrere Artikel, darunter über ein Tunnelunglück, welches sich 1954 an einem nahen gelegenen Staudamm ereignete. Ein Amoklauf, der bis heute nachwirkt.
Zweiter Teil der Monica-Kennedy-Reihe
„Die dunklen Wasser von Inverness“ ist nach „Die Toten von Inverness“ der zweite Band der Monica-Kennedy-Reihe, deren bereits vierter Teil „Die Leichen von Inverness“ im Juni dieses Jahres erscheinen wird. Dazwischen spielt noch der dritte Teil „Die Gräber von Inverness“, dies nur zur Vollständigkeit. Die größte Stadt der schottischen Highlands liegt im Zentrum des Geschehens, wie den nur bedingt originellen Titeln zu entnehmen ist. Wegen des Wiedererkennungswertes sind diese zumindest aus Marketinggründen verständlich, was durch die sich stark ähnelnden Buchcover verstärkt wird.
Wie in einer Serie üblich, gibt es ein Wiedersehen mit alten Bekannten, wobei sich dieses auf die Ermittler sowie die Familie von Kennedy beschränkt. Letztere besteht aus Mutter Angelika und der vierjährigen Tochter Lucy, die sie in ihrem letzten (sprich ersten) Fall in große Gefahr brachte. Dies ist sechs Monate her, Kennedy arbeitete seitdem in der Verkehrsabteilung und soll, angesichts der furchtbaren Verbrechen, als erfahrenste Ermittlerin wieder einsteigen. Erneut nimmt die Beziehung zwischen Mutter und Tochter einen größeren Raum ein, wobei es Parallelen zwischen dem plötzlich auftauchenden Mädchen und Lucy gibt. Lucy wandelt neuerdings im Schlaf und träumt gruselige Sachen, die – Spoiler – mit dem Fall zu tun haben. Also, irgendwie halt.
War „Die Toten von Inverness“ schon harte Kost, so spielt „Die dunklen Wasser von Inverness“ nochmal in einer ganz anderen Liga. Gäbe es einen Preis für den brutalsten und irrsinnigsten Plot in der Kategorie „Serienmörder“, der vorliegende Roman hätte gute Chancen. Brutale Metzeleien muss man mögen, eine hanebüchen wirkende Story (sehr, sehr freundlich formuliert) muss man aushalten, wobei man fairerweise sagen muss, dass es Halliday durchaus vermag, seinen irrsinnigen Garn gekonnt zu spinnen. Wer durchgeknallte Serienmördergeschichten mag, liegt hier richtig. Man darf halt nicht alles hinterfragen, je weniger desto besser. Hirn aus, Popcorn rein. Spannend ist es durchaus und handwerklich – abgesehen von der „wilden“ Story an sich – ist das durchaus ordentlich. Eine Ermittlerin, die Beruf und Privatleben nicht wirklich unter einen Hut bekommt; ein DC, der erneut verdächtig ist und ein beständiger, erzählerischer Wechsel zwischen den Ermittlungen und dem Leiden der Annabelle, die irgendwo im Berg gefangen gehalten wird.
„Ich kann nicht glauben, dass das alles wirklich passiert.“ (S. 458)
Trashiger Mainstream nach bekanntem Muster. Fans von Cody McFadyen und Co. greifen hier bedenkenlos zu, alle anderen eher nicht.
- Autor: G. R. Halliday
- Titel: Die dunklen Wasser von Inverness
- Originaltitel: Dark Waters. Aus dem Englischen von Bettina Spangler
- Verlag: blanvalet
- Umfang: 544 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: Juni 2021
- ISBN: 978-3-7341-0797-9
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Wertung: 8/15 dpt