Unheimliche Mordserie in den Highlands

Sozialarbeiter Michael Bach macht sich Sorgen um den 17-jährigen Nichol Morgan, der nach einem geplatzten Termin vor einer Woche spurlos verschwunden ist. In letzter Zeit trug Nichol immer einen schwarzen Stein bei sich, was von Bedeutung ist, da in Gairloch die Leiche eines jungen Mannes gefunden wird, in dessen Luftröhre sich ein ebensolcher Stein befindet. Bei dem brutal ermordeten Jungen handelt es sich jedoch um Robert Wright, der am Vorabend noch ganz normal zuhause war. Detective Inspector Monica Kennedy und ihr Team übernehmen den Fall, bei dem es nicht lange dauert bis ein weiteres Opfer gefunden wird. Sie glaubt, dass der Täter schon in der Vergangenheit zugeschlagen hat und weitere Morde zu befürchten sind.
„Zwei tote Jungen, die fünfzehn Kilometer voneinander entfernt in einem derart kurzen Zeitraum in der gleichen Position aufgefunden werden, wie soll das ein Zufall sein? Um ihn offiziell als Serienmörder bezeichnen zu können, brauchen wir allerdings noch eine dritte Leiche.“
Ein hinzugezogener Kriminalpsychologe, den Kennedy von Beginn an unsympathisch findet, hat derweil eine ganz andere Vermutung. Bald gibt es mit dem verurteilten Sexualstraftäter Owen MacLennan einen ersten Verdächtigen, ebenso wie mit dem flüchtigen Don Cameron. Und es gibt noch einen dritten Kandidaten: Charlie Bartle aus Rapinch, dessen Familie seit jeher mit Drogen, Gewalt und generell Kriminalität in Verbindung steht; und mit Kennedy.
Auftakt der Monica-Kennedy-Reihe
„Die Toten von Inverness“ ist der Auftakt der Monica-Kennedy-Reihe, deren bereits vierter Teil „Die Leichen von Inverness“ im Juni dieses Jahres erscheinen wird. Dazwischen spielen „Die dunklen Wasser von Inverness“ und „Die Gräber von Inverness“, was der Vollständigkeit halber erwähnt werden soll. Die größte Stadt der schottischen Highlands ist, wie man den mehr oder weniger originellen Titeln entnehmen kann, Ort des Geschehens. Gibt es eigentlich den Begriff Highland-Noir? Ein Tartan Noir, benannt nach dem bekannten Webmuster, beschreibt Kriminalromane, die in Schottland spielen. Es geht um den klassischen Kampf zwischen Gut und Böse, oftmals – im vorliegenden Fall hingegen nicht – mit sozialkritischem Einschlag.
„Die Highlands umfassen etwa fünfundzwanzigtausend Quadratkilometer. Wenn er vor sechs Stunden abgehauen ist und zirka sechs Kilometer die Stunde hinter sich gebracht hat, könnte er bereits sechsunddreißig Kilometer weit weg sein, und das in jede beliebige Richtung.“
G. R. Halliday präsentiert einen Mainstream-Actionkracher mit den genreüblichen Ingredienzien. Eine alleinerziehende Mutter und ein Sozialarbeiter mit Drang zu Zigaretten und Whisky. Letzteres ist wohl Ehrensache, bei einem Plot, der in Schottland spielt. Es geht rau zur Sache, die Ermittler liefern – sehr wohlwollend formuliert – nicht immer solide Polizeiarbeit ab und Kennedy neigt ohnehin zu Alleingängen, womit sie sich mehr als einmal in Gefahr begibt. Aufzuklärende Morde, in der Gegenwart wie in der Vergangenheit, gibt es reichlich, allein es fehlt eine konkrete Spur. Daher stürzen sich Kenndeys Vorgesetzte auf den erstbesten Verdächtigen, was sich alsbald und wenig überraschend als Fehler herausstellt. Mehrere Verdächtige halten den Spannungsbogen bis zum blutigen Finale auf ordentlichem Niveau, wobei ein insgesamt etwas wirrer Garn gesponnen wird.
„Aber es passt doch alles zusammen? Die Toten waren an Stellen platziert, wo wir sie finden mussten. Und dann die Steine in ihren Kehlen. Als würde alles hinzielen auf …“
„Ja, aber auf was? Was könnte das sein? Die Folterung und Ermordung von zwei Jungen ist ein ziemlich großes Was.“
Das ungewohnte Ende lässt Fragen offen, darunter jene, was denn Kennedy eigentlich genau mit Charlie Bartle verbindet, abgesehen davon, dass man sich von früher kennt. Vielleicht ist dies aber auch eine Art Cliffhanger für den nächsten Fall. Nicht unbeantwortet bleibt die nicht gestellte Frage nach der ungewöhnlichen Körpergröße der Protagonistin, die der Autor mehrmals hervorhebt. Ja, man hätte es bereits beim ersten Mal verstanden, aber etliche „Wiederholungen“ müssen hingenommen werden.
„Die Toten von Inverness“ ist sprachlich überschaubar und leidlich spannend, wobei die Landschaft der heimliche Star ist, denn die beiden Protagonisten befremden durch ihr mitunter bizarres Verhalten. So lässt beispielsweise Kennedy pünktlich zum Finale ihr kleine Tochter unbeaufsichtigt. Für einen Debütroman ordentlich, aber mit reichlich Potential nach oben.
- Autor: G. R. Halliday
- Titel: Die Toten von Inverness
- Originaltitel: From the Shadows. Aus dem Englischen von Bettina Spangler
- Verlag: blanvalet
- Umfang: 544 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: Februar 2020
- ISBN: 978-3-7341-0796-2
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Wertung: 10/15 dpt