Alan Parks – Möge Gott Dir vergeben (Buch) 

Alan Parks ist ein Meister des Tartan Noir

Glasgow. Mai 1974. Detective Harry McCoy und sein Partner Douglas „Wattie“ Watson haben gleich mehrere Fälle am Hals, die ihnen alles abverlangen. Auf der Royston Road kommt es zu einem verheerenden Brandanschlag auf Dolly’s Salon. In dem Friseursalon sterben zwei junge Frauen und zwei kleine Kinder, ein weiteres liegt schwer verletzt im Krankenhaus. Zuständig sind die Kollegen in der Tabago Street, die Murray, McCoys Chef, weitgehend für Idioten hält. Kurz nach dem Brandanschlag kommt es bereits zu einer Verhaftung, denn drei Jugendliche haben in einem Pub mit ihrer Tat geprahlt. Als sie zum Gericht gefahren werden, fordert ein aufgebrachter Lynchmob deren Tod, kurz darauf werden sie bei ihrem Rücktransport entführt. Zwei Tage später wird der erste der drei Täter, schwer misshandelt und ermordet aufgefunden. Ein Zettel lässt keine Zweifel daran, was die beiden anderen erwartet.

Derweil ermitteln McCoy und Wattie in einem undurchsichtigen Fall. Eine Fünfzehnjährige wurde stranguliert in der Nähe des Mausoleums des Friedhofs Sighthill gefunden. Warum sich die Jugendliche dort in der Nacht aufhielt bleibt ein Rätsel, ebenso wie ihre Identität. Vermisstenmeldungen liegen keine vor und niemand will sie gekannt haben. Dann erhält McCoy ein Foto, das ihm großes Unbehagen bereitet, denn es zeigt die Tote gemeinsam mit dem gleichaltrigen Paul, der allerdings verschwunden ist. Paul ist der Sohn von Stevie Cooper, einem Schwerkriminellen, der sich gemeinsam mit Dessie Caines und Johnny Smart um die Vorherrschaft in Glasgows dunklen Vierteln streitet. Stevie ist aber nicht nur ein Verbrecher ist, sondern auch McCoys alter Jugendfreund.

Bei dem Brandanschlag drohen Folgemorde in Form von Selbstjustiz, während ungeachtet dessen weitere Morde geschehen. Sollen Zeugen zum Schweigen gebracht werden? Aber worüber? Oder herrscht ein Bandenkrieg? McCoy hat kaum Zeit sich um den vermeintlichen Selbstmord von Alistair „Dirty Ally“ Drummond zu kümmern, der vom Dach eines Obdachlosenheims stürzte. Für McCoy wird der Fall zunehmend sein persönlichster, denn in dem Heim ist auch sein Vater ab und an Kunde.

Fünfter Teil der lesenswerten Harry-McCoy-Reihe

Die ersten drei Bände der Harry-McCoy-Reihe („Blutiger Januar“, „Tod im Februar“ und „Bobby March Forever“) erschienen bei Heyne Hardcore, der vierte („Die April-Toten“) erschien wie der jetzt vorliegende, fünfte Teil („May God Forgive“) im Polar Verlag. Die deutsche Übersetzung von „To Die in June“ dürfte dort im nächsten Jahr zu erwarten sein.

„Machen Leute denn so was? Üben Selbstjustiz? Und rächen andere? Ich dachte, das gibt’s nur in Western.“

„Weiß nicht. Aber eins weiß ich aus Belfast: Du darfst dich nicht wundern, was ganz gewöhnliche Leute imstande sind, einander anzutun.“

Fans des Tartan Noir wissen, was sie bei Alan Parks erwartet, der neben William McIlvanney, dem „Godfather of Tartan Noir“, und dem wohl bekanntesten Autor Ian Rankin, schon jetzt zu den Stars des Genres zählt. Parks Romane sind düster und eine beeindruckend lebendige Reise in die 1970er Jahre, in der man eher nicht in Glasgow gelebt haben möchte. Jedenfalls ganz sicher nicht in jenen Vierteln, in denen McCoy seiner Arbeit nachgeht. Drei Banden kämpfen um die Vorherrschaft und jedes Mittel scheint erlaubt. Da die Stadt wirtschaftlich weiter den Bach runtergeht, finden vermehrt Jugendliche in der Kriminalität eine Chance auf schnell verdientes Geld. Da kann ein Brandanschlag schon mal Todesopfer fordern.

„Einer liegt mit Schädelfraktur im Krankenhaus und dem anderen wurde das Gesicht über die Rauputzwand gerieben, das wirkt so ähnlich wie eine Käsereibe. Er wird Hauttransplantationen und so brauchen.“

„Lass mich raten, keiner von beiden hat gesehen, wer ihn um ein Haar umgebracht hätte?“

„Die sind von hinten über mich hergefallen, Officer.“

Was Inspector Rebus sein Cafferty ist beziehungsweise war, ist für McCoy sein alter Freund Stevie Cooper. Man steht auf unterschiedlichen Seiten, schenkt sich nichts, doch ohne Stevies Einblicke in die Unterwelt kommt McCoy kaum voran. Über McCoy erfahren wir Neues aus dessen Vergangenheit, die von Gewalt geprägt war und einem Vater, der nicht für ihn da war. Dass er diesem jetzt zufällig begegnet und nicht erkannt wird, macht ihm dennoch zu schaffen. Genauso wie die Folgen eines Magendurchbruchs, denn am Morgen des Brandanschlags lag McCoy noch im Krankenhaus. Dass er wieder einsatzfähig ist, darf angezweifelt werden, zudem isst er kaum, raucht Unmengen Zigaretten und trinkt im gleichen Maße Alkohol. Bier und Whisky müssen sein, auch tagsüber. So düster, trostlos und schmutzig wie die Fälle, in denen es nicht zuletzt auch um sexuellen Missbrauch geht, ist die heimliche Protagonistin Glasgow. Passend dazu, regnet es ohne Unterlass.  

  • Autor: Alan Parks
  • Titel: Möge Gott Dir vergeben
  • Originaltitel: May God Forgive. Aus dem Englischen von Conny Lösch. Mit einem Nachwort von Marcus Müntefering
  • Verlag: Polar
  • Umfang: 421 Seiten
  • Einband: Hardcover
  • Erschienen: Juli 2025
  • ISBN: 978-3-910918-26-9
  • Produktseite

Wertung: 13/15 dpt

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