Lorenz Stassen – Rosenmontag (Buch)


Lorenz Stassen – Rosenmontag (Buch)

Ein Mörder bedroht den Carneval, ein Preuße ermittelt

Rosenmontag
© Ullstein

Zum Jahresende 1822 herrscht Aufregung in der Domschatzkammer, denn das wertvolle Vortragekreuz wurde gestohlen. Kapitularvikar Martin Wilhelm Fonk, der in dem im Aufbau befindlichen Erzbistum Köln demnächst zum Dompropst ernannt werden soll, beziffert den reinen Silberwert auf tausend Thaler. Kommissar Gustav Zabel übernimmt den heiklen Fall und findet am Tatort einen Zettel, in dem der Einbrecher genau jene tausend Thaler fordert bevor er das Kreuz zurückgibt. Ein mieser Fall von Erpressung? Nicht mit der katholischen Kirche, sagt der gefürchtete Unterweltboss Arthur Schmoor. Er droht dem Erpresser, diesem jeden Finger zu brechen, wenn nicht binnen eines Tages das Kreuz zurückgegeben wird. Stattdessen findet sich jedoch eine Wasserleiche im Sicherheitshafen, die brutal zugerichtet ist. Es handelt sich um den Kaufmann Jean Kämmer, in dessen Wohnung Zabel das gestohlene Vortragekreuz findet.

Der Fall scheint geklärt, Schmoor als Mörder ausgemacht. Dieser will sich jedoch seiner Verhaftung entziehen, so dass es zu einem Duell mit Zabel kommt. Doch Zabel, der bereits in der Völkerschlacht sein Können bewiesen hat, versteht es mit seiner Dienstwaffe, einem Säbel, umzugehen. Schmoor verliert die rechte Hand und landet im Gefängnis. Allein seine einzige Prostituierte Cécile Travail glaubt an Schmoors Unschuld und macht Zabel heftige Vorwürfe. Zabel befallen zunehmend Zweifel und so ermittelt er weiter, woraufhin er gleich in mehrere Minenfelder gerät. Zuhause bei seiner Frau Eva, da er tagsüber – wenngleich dienstlich – das Haus einer Hure betrat; bei seinem Vorgesetzten, dem ungeliebten Polizeipräsidenten Karl Philipp von Struensee, dem ein noch umtriebiger Mörder gerade recht käme, um den geplanten Maskenumzug abzusagen und bei dem neugegründeten „festordnenden Komitee“, in dem sich Kölns wohlhabende Kaufleute und Handwerker versammeln, um den Carneval neu aufzustellen. Was wenn in diesem erlauchten Kreis gar der wahre Mörder zu finden ist oder womöglich im Klerus selbst?

200 Jahre Kölner Rosenmontagsumzug

Am 10. Februar 1823 startete erstmals der heute bekannte Rosenmontagsumzug als Maskenumzug in Köln. Ein beschaulicher Umzug mit gerade einmal fünfzehn Einheiten am Neumarkt. Dennoch ein Triumph für die Kölner, die zunächst unter der Besatzung der Franzosen litten und nun mit den Preußen hadern. Da kommt es gerade recht, die Obrigkeit mal auf den Arm zu nehmen. Die Genehmigung aus Berlin liegt vor, allerdings wusste Prinz Friedrich von Preußen nicht, dass es auch einen Prinzen geben soll und in dessen Gefolge sogar eigene Soldaten, dabei gilt doch ein Verbot für Zivilisten Uniform zu tragen. So entstand zunächst Held Carneval.

Lorenz Stassen, selbst Mitglied im Traditionskorps der „Roten Funken“, welches 1823 gegründet wurde, hat zeitnah zum Elften im Elften, mit dem jedes Jahr die Session eröffnet wird, und anlässlich des bald anstehenden 200. Jahrestages des Rosenmontagsumzuges einen vielschichtigen historischen Kriminalroman vorgelegt. Der Protagonist Gustav Zabel (auf Kölsch „Säbel“) zog der Liebe wegen vor zwei Jahren nach Köln und hadert noch mit der Stadt. Preußische Tugenden passen nicht so ganz zu der allzu großen Lockerheit und Spontanität der Domstädter, auch das verpflichtende „Du“ im festordnenden Komitee erscheint ihm befremdlich, schließlich kennt er viele Leute noch gar nicht. Immerhin, bekannte Kölner Größen deren Namen noch heute jeder kennt spielen als Nebenfiguren mit: DuMont, Wittgenstein, Wallraf, Brügelmann und Farina, um nur die bekanntesten zu nennen. Auch Polizeipräsident Karl Philipp von Struensee entspricht einem realen Vorbild.

Ich weed Ihnen dat Schmölzche nit wegnehmen, kein Sorge.“
„Dat Schmölzche?“
„Den Fall.

Die Stadt am Rhein mit ihren besonderen Eigenarten wird gekonnt vorgestellt, wobei womöglich ein bisschen zu viel die „kölsche Seele“ getätschelt wird. Stassen selbst wuchs in Solingen auf und „emigrierte“, wie er schreibt, 1992 nach Köln. Das Köln-Virus scheint ihn jedenfalls erwischt zu haben und so bietet „Rosenmontag“ deutlich mehr als nur einen historischen Kriminalfall für Karnevalisten. Auch jene Krimifans, die nichts mit dem närrischen Treiben am Hut haben, können hier zugreifen. Die damalige Zeit wird, soweit es denn die Faktenlage zulässt, gut wiedergegeben, ein farbenprächtiges Schauspiel wird geboten. Der Kriminalfall selbst wartet mit einigen Verdächtigen auf, so dass es spannend bis zum Schluss bleibt, dessen Ende allerdings ebenso plötzlich wie überraschend daherkommt.

Im Vor- und Nachwort ist es dem Autor anscheinend ein „doppeltes“ Bedürfnis darauf hinzuweisen, dass einige seiner Figuren in Kölscher Sproch sprechen, allerdings so, „dass auch Nicht-Kölner sie gut verstehen können“. Dies ist das sprichwörtliche Haar in der Suppe, denn es ergibt sich in etlichen Dialogen ein mitunter gruseliger Mischmasch aus Kölsch und Hochdeutsch, insbesondere, wenn Zabels Mitarbeiter Fritz Bartmann seine Auftritte hat. Dessen ungeachtet ist „Rosenmontag“ ein gelungener Krimi, der zum besagtem Jubiläum zu empfehlen ist. Alaaf!

  • Autor: Lorenz Stassen
  • Titel: Rosenmontag
  • Verlag: Ullstein
  • Umfang: 416 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: Oktober 2022
  • ISBN: 9783548064154
  • Produktseite


Wertung: 11/15 dpt


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