Mit “Verborgene Fabelwesen der Meere” erschien der zweite Teil einer, im wahrsten Sinne des Wortes, fabelhaften Buchreihe im Verlag arsedition. Der erste Teil “Fast verschwundene Fabelwesen. Die sagenhafte Expedition des Konstantin O. Boldt” befasst sich mit den Tagebuchnotizen des Herrn Boldts, der sich im 19. Jahrhundert auf die gefährliche Mission begab, (fast) verschwundene Fabelwesen in Europa aufzustöbern und sie in seinem Refugium vor dem Aussterben zu bewahren.
Im zweiten Teil dann wird er (etwas unfreiwillig) Teil einer weiteren Expedition und begibt sich auf ein weiteres großes Abenteuer – diesmal jedoch unter dem Meer! Die Bücher sind unabhängig voneinander lesbar, ich würde jedoch sehr empfehlen auch den ersten Teil zu lesen, um die Welt, in der wir uns bewegen vollständig erkunden zu können.
Bei der Buchreihe handelt es sich um sogenannte Collected Content Novels, also um Romane mit ein wenig Zusatzwissen. Der Autor Florian Schäfer schreibt zwar gemeinsam mit seinem Team auch Sachbücher über Mythen, Sagen und Fabelwesen (bspw. “Hausgeister! Fast vergessene Gestalten der deutschsprachigen Märchen- und Sagenwelt”, erschienen bei Böhlau Köln), “Fast verschwundene Fabelwesen” und “Verborgene Fabelwesen der Meere” ist jedoch rein fiktiv und eher fantasybasiert – auch wenn einem die ein oder andere Person eventuell bekannt vorkommt und man gleichzeitig auch eigenes über Fabelwesen erfährt. Wer hier wen inspiriert hat, bleibt wohl das Geheimnis der Zeitgenoss*innen von Konstantin O. Boldt …
Besonders sticht bei der gesamten Buchreihe die außergewöhnliche Gestaltung hervor. Die Bücher kommen in einem großzügigen Format daher, das einerseits das gemütliche Schmökern etwas umständlich macht, andererseits aber Platz für die wunderschönen Illustrationen von Elif Siebenpfeiffer lässt! Allgemein ermöglicht die Innengestaltung, voll in die Geschichte einzutauchen und sich vorzustellen, man blättere gerade tatsächlich durch die Forschungsnotizen des Konstantin O. Boldts. Und auch die Glanzfolierung der Schrift und Illustrationen auf dem Cover macht das Buch zu einem echten Hingucker im Bücherregal.
Lag der Fokus im ersten Teil noch auf dem Aufbau der Geschichte als solches und der Abenteuerreise an sich, erhalten im zweiten Teil auch die Beziehungen der Protagonisten mehr Aufmerksamkeit – wer leicht tragische Liebesgeschichten mag, kommt hier auch auf seine Kosten.
Wie auch im ersten Teil hadert der Protagonist immer mal wieder mit den Mitteln, die er anwenden muss, um größeres Unheil für die verschiedenen Fabelwesen abzuwenden. Er weiß, dass das von ihm aufgebaute Refugium aus der Not heraus entsteht und wünscht sich eine Welt, in der die Fabelwesen nicht vom Aussterben bedroht sind, kämpft bei dieser Sichtweise aber immer wieder gegen die egozentrischen Ansichten von machthungrigen Mitmenschen. Glücklicherweise findet er dann doch immer wieder Mitstreiter*innen, die ähnlich denken wie er.
“Sicherlich ist die Sprache der Schlüssel zur Welt. Doch fehlt es uns mitunter nicht an Worten zum Verständnis des Fremden, sondern an Güte und Menschlichkeit.”
Dass er mit seinen Bestrebungen nur teilweise Erfolg hatte, lässt sich wohl auch daran feststellen, dass heute kaum noch jemand an Fabelwesen glaubt … Nichtsdestotrotz lassen sich einige Weisheiten aus dem Buch sehr gut auf unsere heutige Welt übertragen. Und wer weiß, vielleicht existieren die Wesen doch noch und man muss die Vorstellung von ihnen nur wieder etablieren?
“Nach allem, was wir heute wissen, entspringt die heutige Welt der jahrtausendealten menschlichen Vorstellungskraft. Eine Kraft, die erst in jüngster Zeit zu versiegen scheint.”
Der zweite Teil unterscheidet sich auch insofern vom ersten, dass die gesamte Stimmung des Buches und auch die vorgestellten Wesen und Mythen deutlich düsterer sind. Bei einigen kann es einen sogar ein wenig Gruseln, womit das Buch wunderbar in den Herbst passt.
Wer unbedingt etwas zu Meckern finden möchte, würde vermutlich bemängeln, dass bestimmte Aspekte im Buch recht häufig wiederholt werden. Ich persönlich fand das aber in keiner Weise störend.
Alles in allem ist “Verborgene Fabelwesen der Meere” also eine großartig gestaltete Collected Content Novel, ganz besonders für Fans von alten Mythen, Jules Verne und schönen Büchern. Eine echte 5-Sterne-Empfehlung von mir und ich freue mich schon sehr auf den dritten Teil.
Wer sich weiter mit der sehr interessanten Arbeit des Autors und seinem Team beschäftigen möchte, sei auf den Instagram-Account @forgotten.creatures und die Homepage https://forgottencreatures.de/ verwiesen.
- Autor: Florian Schäfer & Elif Siebenpfeiffer
- Titel: Verborgene Fabelwesen der Meere. Die zweite Expedition des Konstantin O. Boldt
- Teil/Band der Reihe: 1 von 3
- Verlag: arsEdition
- Erschienen: 2024
- Einband: Hardcover
- Seiten: 208
- ISBN: 978-3-8458-5973-6
- Sonstige Informationen:
- Erwerbsmöglichkeiten
Wertung: 15/15 dpt