Gerald Kersh – Hirn und zehn Finger (Buch)


Nach dem verzweifelt-wütenden Meisterwerk um das Attentat auf Reinhard Heydrich und das folgende Massaker in Lidice, “Die Toten schauen zu”, verfasste Gerald Kersh 1943 das kurze, intensive “Hirn und zehn Finger”. Das Düstere ist, bereits aufgrund des stürmisch-bedrohlichen Wetters, weiterhin vorhanden, doch die Hoffnungslosigkeit des vorangegangenen Buches wird zu einem Fanal für den Widerstand gegen faschistische Invasoren, gegen den Faschismus insgesamt.

Die Widerstandskämpfer in dieser Geschichte sind nicht die Kämpfer eines Draža Mihailović, noch sind sie Teil der Partisanen. Es sind einfach nur Slowenen, Kroaten und Seben – Menschen aus Jugoslawien, die kämpfen. Gott sei Dank.
G.K.

Eine Gruppe jugoslawischer Widerständler überfällt ein Lager der italienischen Faschisten und erbeutet Dynamit und Sprengsätze. Es gibt schwere Verluste, vor allem auf Seiten der Italiener, während die Widerstandskämpfer ihren Anführer verlieren.

Die Flucht mit dem erbeuteten Sprengstoff gelingt, die Partisanen kämpfen sich durch den Wald bis zur Bistrica vor, deren Überquerung die Rückkehr in ein sicheres Gebiet bedeutet. Doch der zuvor überschaubar vor sich hinfließende Bach hat sich wegen des herrschenden schweren Unwetters in einen reißenden Fluss verwandelt. Durchqueren, besonders mitsamt der Verletzten ist nicht mehr möglich, eine Behelfsbücke muss binnen kürzester Zeit gebaut werden, denn die alarmierten Faschisten rücken immer näher.

“Hirn und zehn Finger” beschreibt aus vier Erzählperspektive, einen harten Überlebenskampf, erzählt von Männern und einer Frau im Kampf gegen die Elemente und faschistische Invasoren. Es gibt noch einen Gesamtstaat Jugoslawien, im Stoßtrupp kämpfen und arbeiten vereint Kroaten, Serben und Slowenen, eine eingeschworene Gemeinschaft in solidarischer Auflehnung gegen den Faschismus.

Trotz der Kürze des Textes gelingt Gerald Kersh eine genaue Zeichnung der unterschiedlichen Charaktere, Angehörige einer inhomogenen Gruppe, die sich angesichts eines gemeinsamen Zieles zusammenrauft und aufeinander eingeschworen agiert. Das ist verdichtete Literatur vom Feinsten, hier sitzt jeder Satz, jede beschriebene Geste, jede Beobachtung. Kein überflüssiger Zierrat, genug Zeit und Raum allerdings, um den Gefühlen und Regungen der Protagonisten nachzugehen.

Das virtuose Einbinden der widrigen Wetterbedingungen und Naturphänomene sorgt für dramatische Steigerungen und existenzielle Einsichten. Die Natur ist absichtslos, man muss sich ihr stellen und mit den jeweiligen Erscheinungsformen zurechtkommen. Im Gegensatz zum Faschismus, der absichtsvoll destruktiv ist und mit allen Mitteln und großer Drastik bekämpft werden muss. Damit ist “Hirn und zehn Finger” leider ein verdammt aktueller Roman.

Gerald Kersh belegt mit dieser kraftvollen, wuchtigen Novelle, dass es nicht viele Seiten für große, engagierte Literatur braucht.

 


Wertung: 13/15 dpt


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