Seltsame Todesfälle und skrupellose Machenschaften

Vor einem Monat zog Caitlin Anderson aus London nach Schottland, wo sie am Loch Lomond für die We-Help-Stiftung arbeitet, die Kinder und Jugendliche aus prekären Familien unterstützt. Bei einer Laufrunde entdeckt sie die Leiche eines toten Mannes, bei dem es sich um ihren Ex-Mann Thomas West handelt, dessentwegen sie unter neuem Namen in Schottland leben wollte. Für Detective Inspector Reese vom Criminal Investigation Department in Stirling wird Caitlin daher schnell zur Hauptverdächtigen, während ihr ein Unbekannter anonyme Nachrichten schickt und bedrohlich nahekommt.
Ben Edwards, Journalist beim Scottish Independent, hat ein anonymes Fax erhalten, demnach es in den vergangenen Wochen mehrere außergewöhnliche Todesfälle gab. Betroffen waren Kinder, die an einem Programm von We Help teilnahmen. Die Stiftung gehört einem großen Pharmaunternehmen namens DLP, an dem Cedric Darney beteiligt ist. Darney beauftragt Edwards zu recherchieren, was es mit den Todesfällen auf sich hat. Dafür muss sich Edwards in die sozialen Brennpunkte Edinburghs begeben, wo er auf ebenso große Ablehnung wie Perspektivlosigkeit trifft. Nur der vierzehnjährige Sander will ihm helfen.
Zweiter Band der Schottland-Krimireihe
Nach „Das falsche Leben“ (früherer Titel „Wenn es dämmert“) ist „Der frühe Tod“ der zweite von vier Schottlandkrimis aus der Feder von Zoe Beck, die zuletzt mit einem Genremix aus Krimi und Science-Fiction punkten konnte (u. a. „Memoria“, „Paradise City“). Das vorliegende Werk kann sich ohne jegliche Vorkenntnisse des Vorgängers lesen lassen, da es nur zwei Berührungspunkte gibt. Cedric Darney, einer der beiden Protagonisten des ersten Teils, übernimmt eine Nebenrolle und zwei Kriminelle, darunter sein Vater Lord Darney, gelten weiter als vermisst, was aber nur eine kurze Erwähnung findet.
Erneut zeichnet Zoe Beck ein düsteres Bild von Edinburgh und führt ihre Leser an den Bodensatz der Gesellschaft. Die dortige Apathie ist allgegenwärtig, wobei die Kinder und Jugendlichen zugleich Opfer der wegschauenden, verdrängenden Gesellschaft wie ihrer desinteressierten Eltern sind. Mitunter wird der Nachwuchs nur als störender Kostenfaktor bei der Ernährung gesehen. Ging es im ersten Teil noch um Menschenhandel mit Minderjährigen, so geht es nun um Menschenversuche für einen Pharmakonzern und die Bekämpfung von Alkoholmissbrauch, der nicht selten in einem Suizid endet.
„Der Haftbefehl gegen Sie wurde also fallen gelassen. Man ermittelt weiterhin in alle Richtungen, wie es so schön heißt.“
„Hoffentlich auch mal in eine, die von mir wegführt.“
DI Reese ist nicht ganz so unsympathisch wie sein Kollege im ersten Band, aber ebenso schnell mit der erstbesten Lösung zufrieden, wobei erneut die Polizeiarbeit stark in den Hintergrund tritt, so sie denn überhaupt stattfindet. Ben als ehrgeiziger Journalist kommt angenehm rüber, während Caitlin nur schwer zu greifen ist. Man kann sich auf ihre Aussagen und Gedanken nicht verlassen, denn offenbar hat sie einiges zu verbergen. Dass sie zudem ihren eigenen Mann nicht kannte und beispielsweise nicht wusste, was dieser beruflich machte, sorgt für zusätzliches Kopfschütteln. Erneut liefert Zoe Beck eine grunddüstere Stimmung, die zu einem Tartan Noir vortrefflich passt und zudem eine ungewöhnliche Story, die am Ende mit einer überraschenden Auflösung aufwartet.
- Autorin: Zoe Beck
- Titel: Der frühe Tod
- Verlag: Bastei Lübbe
- Umfang: 327 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: Februar 2022
- ISBN: 978-3-518-47197-5
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