Klaus-Peter Gartenfeld – Ein Leben in der zweiten Reihe (Buch)

Die Entscheidung “Ein Leben in der zweiten Reihe” zu führen, kann bewusst getroffen werden oder es wird quasi aufgezwungen. Im Debütroman von Klaus-Peter Gartenfeld ist die Wahrheit wohl irgendwo dazwischen angesiedelt.

Der Protagonist Robert Bonge wird 1977 in der fränkischen Provinz geboren, in ein Elternhaus, das nur bedingt durch Liebe und Fürsorge auffällt. So wurde seine Oma zu einer wichtigen Bezugsperson. Schon in Schulzeiten war Tragik und Trauer ein fester Bestandteil in Roberts Leben, der Suizid eines Kameraden eines von vielen einschneidenden Erlebnissen. 

Als bei einem Besuch im Einkaufscenter Ende der 1980er-Jahre keine Hörspielkassette, sondern das neue Album von Iron Maiden mit in das elterliche Heim gebracht wurde, wurde die Leidenschaft für Musik, im Besonderen für Rock und Heavy Metal geboren. Diese Leidenschaft sollte bis heute weiter bestehen, aber im kindlichen Alter für die ein oder andere Verwunderung sorgen. Während das Interesse für die wilden Klänge immer größer wurde, traten die schulischen Leistungen in den Hintergrund. Als potenzieller Rockmusiker von morgen, war die Gründung einer eigenen Band nur eine Frage der Zeit und die “Analarbeiter” überzeugten das Publikum mit mäßig witzig vulgären Texten – oder eben nicht. Die Leidenschaft zur Musik ist ein zentraler Bestandteil des Romans und lädt ein, die zitierten Bands und Lieder genauer anzuhören, sofern sie nicht ohnehin bekannt sind.

Schnauzbärte, Vokuhilas, Dauerwellen, Strähnchen, Schnellfickerhosen, weiße Lederslipper und Fransenjacken dominierten die Szenerie und versprühten einen Hauch von unfreiwilliger Komik.Seite 131

Bonges weiterer Lebensweg ist von unterschiedlichen Freunden, unterschiedlichen Kneipen, Alkohol und einem Drahtseiltanz zwischen Glück und freier Fall geprägt. Bekannte kommen und gehen, ebenso wie Frauen. Das Ziel der großen Liebe ist allgegenwärtig, aber in weiter Ferne. Manchmal erscheint die Verwirklichung der beiden Träume, erfolgreicher Musiker und Liebhaber, zum Greifen nahe und dann folgen abermals Rückschritte. Trotz allerhand Schabernacks, um es vorsichtig zu beschreiben, Alkoholkonsums und einer gewissen Wurschtigkeit, wird man dem jugendlichen Rocker kaum böse.

Das mag mitunter an der blumigen, teils verspielten Erzählweise des Autors liegen. Eine gewisse Naivität liegt Bonge zugrunde, wo gerne darauf gewartet wird, in welches Fettnäpfchen er als Nächstes tritt und wann der Turning Point in ein ruhigeres, ja vielleicht sogar biederes Leben kommt. Während die ersten, wilden Lebensjahre ausführlich behandelt werden und möglicherweise gar Autobiografisches vermuten lassen, bleibt die Gegenwart oder das Abenteuer Großstadt verborgen, mit einem möglichen Ausblick auf eine Fortsetzung.

Übrigens: Für das Lektorat war unser Booknerds-Mitbegründer Chris Popp verantwortlich.

Fazit: “Ein Leben in der zweiten Reihe” ist Coming-of-Age der musikalischen und rebellischen Art zugleich. Direkt, ungeschönt und dennoch mit viel Sprachwitz nimmt uns Autor Klaus-Peter Gartenfeld auf eine Reise am Rande zwischen Glück, Wahnsinn und Hoffnung.

Wertung: 9/15 dpt

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