Christine Grän, Marianne von Waldenfels – Die Frau, der Ruhm und der Tod (Buch)

Mord im Schlagermilieu und private Turbulenzen

Es ist die erste Sendung „Von Frau zu Frau“ nach der Sommerpause im September 1975, die Hauptkommissarin Clara Frings erneut ins Kölner TV-Studio führt. Bei einem aufsehenerregenden Fall im Vorjahr war sie selber Gast im Studio bei ihrer Freundin Elfi Mayer, danach wurde sie befördert und die Abteilung „Gewalt gegen Frauen“ (GGF) gegründet, die im LKA Düsseldorf angesiedelt werden sollte, wegen männlicher Bedenken aber nun doch in Bonn zuhause ist. Ihre Abteilung ist jedoch ein Witz, besteht neben Clara nur aus einer Polizeianwärtermeisterin und einer Halbtagssekretärin. Jetzt also ein abendlicher Hilferuf aus Köln von Elfi, in deren Livesendung die aufstrebende Schlagersängerin Monika Lindner, Künstlername Mona Lisa, soeben verstorben ist.

Da Carla die neue Soko GGF leitet, bittet sie die Kölner Kripo, den Fall zu übernehmen. Dieser führt sie zu der Familie Nachtsheim, in der Vater Otto, ein Schlagerproduzent, der Mona Lisa entdeckte und förderte, das uneingeschränkte sagen hat. Sohn Sascha liefert die Texte, während die beiden Töchter Brigitte und Silvia mit einer eigenen Karriere bislang scheiterten. Mutter Erika ergibt sich derweil dem Alkohol. Womöglich, weil ihr Mann ein Verhältnis mit Mona Lisa hatte. Die Obduktion in Köln ergibt jedenfalls, dass diese mit Zyankali in einer Cola vergiftet wurde, die sie während der Sendung trank, zudem war sie im vierten Monat schwanger. Schnell erfährt Carla, dass es in der Familie Nachtsheim mehr als ein Geheimnis gibt.

„Ich bin sicher, wir werden Monikas Mörder finden – oder die Mörderin.“

„Ja, natürlich, im Jahr der Frau muss auch bei Mordverdacht Gleichberechtigung herrschen.“

Bald gibt es aber noch eine weitere Verdächtige, die Vorsitzende des Fanclubs Elke Böhm, die nicht nur widersprüchliche Aussagen macht, sondern von der erst vierundzwanzigjährigen Mona in deren Testament bedacht wurde. Während der Fall nicht recht von der Stelle kommt, häufen sich für Carla private Probleme. Ihre geheim gehaltene Beziehung zu Polizeipräsident Fritz von Eschweg steht auf der Kippe und die siebzehnjährige Tochter pubertiert. Damit nicht genug, wird auch noch Archivar Heinz Färber, Carlas bester Freund und Neffe von Fritz, verhaftet, nachdem er sich auf DDR-Gebiet als Fluchthelfer versuchte. Derweil finden bundesweit Demonstrationen gegen den § 218 statt und die Zweite Generation der RAF steht in den Startlöchern. 

Neue Abteilung „Gewalt gegen Frauen“

Willkommen in den 1970er Jahren und damit beim zweiten Fall für Carla Frings aus der Feder des Autorinnenduos Christine Grän und Marianne von Waldenfels, deren erster Fall „Das Fräulein muss sterben“ zu überzeugen wusste. Den Vorgänger sollte man „unbedingt“ kennen, da auf diesen bezüglich des Privatlebens einiger Figuren mehrfach Bezug genommen wird, was sich aber nur in Gänze erschließt, wenn man eben die vorausgegangenen Geschehnisse in den Jahren 1973 und 1974 verfolgt hat.

Es gilt einmal mehr einen kniffligen Fall mit einigen Verdächtigen zu lösen, derweil sich private Probleme bei Carla, Elfi und Heinz auftürmen. Zudem bilden zeitgeschichtliche Ereignisse einen informativen Hintergrund, wobei das Thema Fluchthelfer kenntnisreich und detailliert als Sidestory vertieft wird. Die damalige DDR stand wirtschaftlich kurz vor der Pleite und „erwirtschaftete“ große Summen durch die Freilassung von vor allem politischen Gefangenen. Diese wurden gegen Geld, aber auch Waren freigekauft, was selbstverständlich niemand wissen durfte und in vollem Umfang erst später publik wurde. Schließlich war Kalter Krieg und quasi Klassenkampf. Die Rolle der RAF wird hingegen nur angerissen, spielt aber zum Ende des Romans eine wichtige Rolle und dies nicht nur, weil sich am 9. Mai 1976 Ulrike Meinhof in ihrer Zelle erhängte.

Da das erste Mordopfer, zwei weitere werden folgen, eine aufstrebende Sängerin war, gibt es tiefe Einblicke in die Schlagerszene und deren Schattenseiten. Überhaupt erfahren jene, die damals nicht dabei waren, einiges über die Kultur der 1970er Jahre. Frauen im Polizeidienst waren die Ausnahme, auch hiervon erzählt der Roman. Wie schon der Vorgänger ist „Die Frau, der Ruhm und der Tod“ eine stimmungsvolle und vielschichtige Zeitreise mit sympathischen Figuren. Gerne mit Fortsetzung.

  • Autorinnen:  Christine Grän, Marianne von Waldenfels
  • Titel: Die Frau, der Ruhm und der Tod
  • Verlag: Droemer
  • Umfang: 320 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: Dezember 2025
  • ISBN: 978-3-426-56256-7
  • Produktseite

Wertung: 12/15 dpt

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