Das blühende Leben ist Tiffany Blechschmid (Johanna Wokalek; “Barfuss”, “Nordwand”), die Besitzerin eines Feinkostladens in Berlin-Kreuzberg, nicht gerade. In allem sieht sie lediglich das Negative, bei Eventualitäten rechnet die abergläubische junge Frau ebenfalls eher mit dem Schlechten statt dem Guten, und mit ihrer meist schlechten Laune wirkt sie auch auf ihre Mitarbeiterinnen und Mitmenschen nicht gerade aufbauend. Dabei sehnt sie sich eigentlich nach den schönen Dingen dieser Welt und vielleicht auch nach einem Mann in ihrem Leben, und so driftet sie nicht nur nachts, sondern auch tagsüber in Träume ab. Ihr größtes Problem ist sie selbst, und das hält sie jedes Mal von ihrem Glück ab.
Es ist beileibe nicht so, dass die Herren sich nicht für Tiffany interessieren, und so umwerben sowohl der übereifrige Polizist Frank (Benjamin Sadler) als auch der verträumte Fotograf Thomas (Itay Tiran) sie immer wieder. Doch Tiffany, der obendrein immer wieder ihre tote Mutter (Iris Berben) begegnet, welche ihr in ihr Tun hereinreden möchte, scheint nicht in der Lage zu sein, Gefühle zu erwidern und mal etwas aus sich heraus zu gehen, geschweige denn dem Leben seine positiven Seiten abzugewinnen. Selbst die Ratschläge derer, die sie in ihr Herz geschlossen haben, mag sie nicht annehmen. Wie kann sie wieder zu einem gut gelaunten Menschen werden, zu einer Frau, die wieder positive Gefühle fühlen und ausdrücken kann? Tiffany muss in ihrem Leben bestimmte Schritte gehen, auf die sie jedoch erst noch kommen muss…
Der deutschsprachige Film musste in den vergangenen Jahren einiges an Kritik einstecken, was vor allem auch an der Qualität der meisten Produktionen lag und auch noch liegt. Ein Blick in das Abendprogramm der Öffentlich-Rechtlichen oder den wochentags auf Sat.1 ausgestrahlten Eigenproduktions-Spielfilme sprechen da eine deutliche Sprache. So langsam tut sich allerdings wieder Erbaulicheres, und ein weiteres Beispiel ist die “Verfilmung” des gleichnamigen Anti-Ratgebers von Paul Watzlawick, die zwar hier und dort durchaus ein paar Schönheits- und Logikfehler (Torte!) aufweist, aber alles in allem ein wunderbar schrulliger, unterhaltsamer und irgendwie “lieber” Film nach alter Schule ist.
Immer wieder von einer Erzählstimme aus dem Off unterbrochen, bekommt der Zuschauer einen Einblick in Tiffanys Arbeitstag gewährt, ist unsichtbarer Beobachter bei ihren Dates, ihren Träumen, in ihrer Wohnung und bei ihren Gesprächen mit der imaginären Mutter, und die beabsichtigte Nervigkeit Tiffanys funktioniert hervorragend – man muss permanent aufgrund ihrer stets gegensätzlich oder tolpatschig agierenden Art mit den Augen rollen. Zudem opfern sich ihre Kollegen, Kolleginnen, Freundinnen, Freunde und Verehrer, ihr alter Klavierlehrer und ihr Vermieter immer wieder herzallerliebst für sie auf und bringen einen mit ihren Bemühungen des Öfteren zum Schmunzeln.
Schauspielerisch wirkt Johanna Wokalek hierbei wie auch die anderen Darsteller angenehm ungekünstelt, und die Dialoge erscheinen zu keiner Zeit gestelzt. Klar ist so manches vorhersehbar, und sicherlich erfüllt der Film keine künstlerisch hohen Ansprüche, doch man darf stark bezweifeln, ob das überhaupt die Intention der Filmverantwortlichen war. “Anleitung zum Unglücklichsein” ist schlichtweg lockere Unterhaltung, hat einen gewissen Niedlichkeitsfaktor und steht qualitativ deutlich über den meisten vergleichbaren Produktionen, die meist derart seichtigkeitsschwanger und mit dermaßen hoher Gesichtsinflation daherkommen, dass man nach wenigen Minuten schon zum Wegschalten verleitet ist.
Auch angenehm ist, dass bei “Anleitung zum Unglücklichsein” auf Modernismen verzichtet wird. Hier steht noch der Mensch im Vordergrund, Smartphones und anderer Technikkram spielt keine Rolle (Tiffanys Uralt-Handy zählen wir hier mal nicht mit), vor allem aber musikalisch wird nicht irgendeine aktuelle Single verbraten und womöglich noch in Videoclipform zu den Extra-Features gepackt, sondern erstaunlich gut passende klassische Musik verwendet, die dem Film eine ganz eigene Beschwingtheit und Ironie verleiht.
Außerdem haftet “Anleitung zum Unglücklichsein” von der Machart her hier und dort durchaus ein leicht britisches Flair an – würde man den Feinkostladen in ein Londoner Teelädchen umwandeln, den dösbaddeligen norddeutschen Polizisten durch einen leicht ungehobelten Schotten ersetzen und noch ein paar andere regionale Dinge verändern, hätte der Film beinahe auch eine englische Produktion sein können, besonders was den Humor betrifft.
Cover und Packshots © Studiocanal
- Titel: Anleitung zum Unglücklichsein
- Produktionsland und -jahr: D/A, 2012
- Genre:
Komödie, Romanze, Literaturverfilmung
- Erschienen: 04.07.2013
- Label: Studiocanal
- Spielzeit:
84 Minuten auf 1 DVD
87 Minuten auf 1 Blu-Ray - Darsteller:
Johanna Wokalek
Iris Berben
Richy Müller
David Kross
Benjamin Sadler
Itay Tiran
Michael Gwisdek
Katharina Marie Schubert
Margarita Broich
Rüdiger Vogler
Dogan Akgün
Luna Rösner
Vladimer Gorochov
Michael Kranz - Regie: Sherry Hormann
- Drehbuch: Sherry Hormann
- Kamera: Woycjech Szepel
- Extras:
Interviews mit Johanna Wokalek, Iris Berben
und Regisseurin Sherry Hormann
Trailer
Wendecover
- Technische Details (DVD)
Video: 1,85:1 (anamorph)
Audio: Deutsch (Stereo DD, 5.1 DD)
- Technische Details (Blu-Ray)
Video: 1,85:1 1080/24p Full HD
Audio: D (5.1 DTS-HD MA, Stereo DTS-HD MA)
- FSK: 6
- Sonstige Informationen:
Website zum Film mit Trailer, Infos,
Erwerbsmöglichkeiten und vielem mehr
Wertung: 11/15 dpt