Über Pablo Diego José Francisco de Paula Juan Mepomuceno María de los Remedios Cipriano de la Santísima Trinidad Ruiz y Picasso (so sein voller Name) ist viel geschrieben worden. Allein die Bibliografie im Anhang dieses Buches hier umfasst sechseinhalb Seiten. Warum also noch ein Buch über Picasso? Wurde da nicht bereits alles gesagt? Genie, Großmeister, Geizhals, Gönner, Erfinder des Kubismus, Sexist, Frauenheld, Tyrann – je nachdem wen man fragt. Jeder, der Picasso persönlich kannte, ist wohl spätestens nach seinem Tod zu Wort gekommen. Jeder, bis auf Eugenios Arias. Picassos Friseur und langjähriger Freund hat sich bisher standhaft geweigert, sich in irgendeiner Form über Picasso zu äußern. Die Autorinnen Monika Czernin und Melissa Müller haben es jedoch geschafft, ihn zu überreden, und konnten so die Geschichte dieser Freundschaft festhalten.
So versprechen zumindest Klappentext und Vorwort. Letztendlich ist es aber nur eine weitere Biografie über Picasso, diesmal aus der Sicht eines loyalen Freundes, der Kritik an Picasso auch posthum nicht oder kaum zulässt. Trotzdem versuchen die Autorinnen auch die Negativaspekte nicht unerwähnt zu lassen. Anders als von mir erwartet, handelt es sich dabei aber um keinen Text in Romanform. Stattdessen hatte ich zunächst meine Schwierigkeiten mit den sehr langen Sätzen, Aufzählungen und Stiwchworten und allgmein dem journalistischen Stil. Direkte Äußerungen von Arias wurden jedoch kursiv gesetzt, das hat mir gut gefallen.
Die Geschichte der Freundschaft der beiden ließe sich auf zwanzig Seiten erzählen. Die Umstände ihres Kennenlernens waren nicht besonders spektakulär, dass die Freundschaft trotz Picassos Launen so lange anhielt, dafür vermutlich umso mehr. Wie Eugenios Arias dies anstellte bzw. warum diese beiden so unterschiedlichen Männer dann doch so gut zusammenpassten, wird in Nebensätzen immer wieder deutlich.
Allgemein wird im Buch viel Wert darauf gelegt, die verbindenden Elemente zwischen Picasso und Arias herauszustellen: beide sind Spanier und leben in Frankreich im Exil, beide bekennen sich als kommunistisch, beide lieben den Stierkampf. Viel mehr Gemeinsamkeiten gibt es nicht, weswegen sich dann darauf verlegt wird, die Lebensgeschichten beider im Detail zu erzählen. Obwohl ich über Picasso vorher nicht viel wusste, fand ich dabei Arias’ Lebensgeschichte deutlich interessanter und viel würdiger, darüber ein Buch zu schreiben.
Das Buch hangelt sich thematisch an vermeintlichen weiteren Gemeinsamkeiten entlang und springt deswegen leider sehr in den Zeiten, was mir häufig erst dann auffiel, wenn wieder von einer anderen Frau an Picassos Seite die Rede war. Allgemein braucht es Hintergrundwissen über den spanischen Bürgerkrieg und politische Zusammenhänge zu dieser Zeit in ganz Europa, um das Buch zu verstehen.
Insgesamt ein Buch, dass für Fans von Picasso und seinen Einfluss auf die Kunstgeschichte sicher eine tolle Ergänzung ist. Ich selbst hätte, wie bereits erwähnt, lieber mehr über Eugenios Arias erfahren.
- Autor: Monika Czernin, Melissa Müller
- Titel: Picassos Friseur. Die Geschichte einer Freundschaft
- Verlag: Diogenes
- Erschienen: 03/2023
- Einband: Hardcover
- Seiten: 288
- ISBN: 978-3-257-07240-2
- Sonstige Informationen:
- Erwerbsmöglichkeiten
Wertung: 7/15 dpt
Danke für die ausführliche Rezension.
Als Fan des Künstlers bestimmt eine Bereicherung.
Danke für deinen Kommentar! 🙂 Für Picasso-Fans ist das Buch sicherlich eine schöne Ergänzung!