Preisgekrönter Southern Noir
Nach vielen erfolglosen Jahren stehen die Denton Pirates wieder in den Play-offs, was Coach Trent Powers vor ein Problem stellt. Schulleiter Bradshaw fordert, dass Trent mehr auf jene Spieler setzen soll, deren Eltern die Schule fördern. Doch Trent weiß, will er die State Championship gewinnen, braucht er Billy Lowe in seinem Team. Billy ist jedoch äußerst unbeliebt, da er mit seiner alkoholkranken Mutter Tina und deren schlagwütigem Lebensgefährten Travis in einem heruntergekommenen Trailer wohnt. Man gehört zum White Trash, zum weißen Abschaum, und sieht es auch selber so. Alkohol und Gewalt bestimmen das Leben der Menschen, ein Buch hingegen ist eher etwas Unbekanntes.
Billy ist im Team gleichermaßen alleiniger Topspieler wie Außenseiter. Er hat seine Gefühle nicht unter Kontrolle, neigt zu eruptiven Gewaltausbrüchen. Als er einen Mitschüler, dessen Vater der Hauptsponsor der Schule ist, niederschlägt, wird es eng. Aber der von Ehrgeiz zerfressene Trent hat keine Alternative, wenn er siegen will. Dann wird Travis ermordet im Trailer aufgefunden und eine verheerende Abwärtsspirale nimmt ihren Lauf.
Facettenreiche Finsternis
„Bis aufs Blut“ gewann 2023 den Edgar Allan Poe Award und ist bei Atrium unter der Bezeichnung „Thriller“ erschienen. Doch Vorsicht: Ja, es ist ein Thriller, einer aus dem Subgenre Southern Noir, der somit, der Name sagt es, in den Südstaaten Amerikas spielt. Konkret in Arkansas, in das es Trent nebst Familie verschlagen hat, nachdem er zuletzt in Kalifornien wegen anhaltender Erfolglosigkeit seinen Trainerjob verlor. Denton ist seine letzte Chance. Holt er die State Championship, kann er sich einer neuen Herausforderung stellen und das verhasste „Drecksloch“ verlassen. Trent ist ebenso strenggläubig wie maximal ehrgeizig, wobei Letzteres ihn mit seiner resoluten Frau Marley verbindet.
„Natürlich.“
„Kaputte Knie, zertrümmerte Schultern, ganz zu schweigen von all den Schlägen und Stößen gegen den Kopf – finden Sie das in Ordnung?“
„Das gehört zum Spiel.“
„Und genau da liegt das Problem. Es ist nur ein Spiel.
Zudem erkennt Trent in Billy sich selber wieder, denn er wuchs in mehreren Pflegefamilien auf, hatte es nie leicht. Jetzt will er Billy helfen, ihn gegen alle Widerstände im Team durchsetzen. Für den Erfolg und für Billy. Dumm nur, dass Billy nach einem Streit Travis kurz vor dessen gewaltsamen Tod niederschlug, was Trent gesehen hat. Sheriff Timmons sieht derweil weit und breit nur zwei Verdächtige: Tina und Billy. Trents Tochter Lorna versucht ebenfalls Billy zu helfen, was zu weiteren Komplikationen führt. Und dann wäre da noch Ricky, Billys älterer Bruder, der schon zum Frühstück an der Flasche hängt.
„Und wenn du’s getan hast, ist es auch egal.
Southern Noir beschreibt nicht nur einen kriminellen Plot, der sich hier zunächst auffallend langsam entwickelt und erst nach gut einem Drittel ein wenig Fahrt aufnimmt, sondern widmet sich verstärkt der Landschaft und seinen Figuren. Vor allem Letzteres gelingt Eli Cranor bravourös, denn er gibt jenen eine Stimme, die normalerweise keine haben. Abwechselnd erzählt die Handlung über die Welt und Gedanken des Ich-Erzählers Billy sowie in der dritten Person von Trent. Gewalt, Vorurteile und eine allgemeine Finsternis respektive Hoffnungslosigkeit prägen die Geschichte. Ein erfreulicher Ausgang für Billy scheint nicht zu erwarten und für Trent, Lorna, Tina und Ricky? Eher auch nicht. „Bis aufs Blut“ ist eine mitunter schmerzhafte Lektüre, die den Bodensatz der amerikanischen Gesellschaft gekonnt spiegelt. Wer wissen will, wie es ganz unten zugeht, findet einen Einblick. Düster und beklemmend. Im Schlussdrittel folgen mehrere Wendungen, die dann endgültig des Wahnsinns fette Beute sind.
- Autor: Eli Cranor
- Titel: Bis aufs Blut
- Originaltitel: Don’t Know Tough Aus dem Englischen übersetzt von Cornelius Hartz
- Verlag: Atrium
- Umfang: 304 Seiten
- Einband: Hardcover
- Erschienen: April 2024
- ISBN: 978-3-03792-229-3
- Produktseite
Wertung: 12/15 dpt