Burkhard Müller – Die Elbe – Porträt eines Flusses (Buch)


Orte und ihre Geschichte entlang der Elbe

Zwei große deutsche Flüsse gibt es, im Westen der Rhein und im Osten die Elbe. So war es jedenfalls zu BRD- und DDR-Zeiten. Die Elbe entspringt nahe der polnisch-tschechischen Grenze und hat eine Länge von 1.094 Kilometern; der Rhein zum Vergleich 1.233. Burkhard Müller, unter anderem Autor der Süddeutschen Zeitung, hat sich wiederholt auf die Reise begeben und ist dem Flussverlauf von seiner Quelle bis zur Mündung gefolgt.

Unterteilt ist das Buch in vier Kapitel: Böhmische Elbe, Sächsische Elbe, Mittelelbe und Unterelbe. Die Reise beginnt in Tschechien, wo sich die ersten rund 370 Flusskilometer befinden und dort an der Schneekoppe, dem mit 1.600 Metern höchsten Berg Mitteleuropas. Danach geht es in die Stadt Hradec Králové, besser bekannt als Königgrätz, wo einst am 3. Juli 1866 die große Schlacht zwischen Preußen und Österreich stattfand. Es geht weiter nach Melnik, wo die deutlich größere Moldau und der Moldaukanal in die kleinere Elbe münden. Die Kleinstadt Duchov liegt auf dem Weg, wo in Schloss Dux ein gewisser Casanova seine letzten dreizehn Lebensjahre als Bibliothekar verbrachte, gefolgt von Litoměřice, in dessen Nähe eine alte Habsburgerfestung zu finden ist, die während des Dritten Reiches zum Konzentrationslager Theresienstadt umfunktioniert wurde.

Jenseits der tschechischen Grenze wird das Elbtal sehr eng, die Dörfer sind mitunter kaum erreichbar. Zahlreiche Schlösser liegen auf der Strecke, wie in Pirna und Pillniz, bevor man Dresden erreicht. Hier liegen die Elbwiesen, befindet sich die Augustusbrücke sowie die Waldschlösschenbrücke, wobei letztere die Stadt den Status als Weltkulturerbe kostete. Wenig später in Radebeul steht das Karl-May-Museum, was der Autor zum Anlass nimmt die Frage zu stellen, wie man Indianer heute korrekterweise nennen darf. In Sachsen-Anhalt geht es nach Wittenberg zu Luther, nach Dessau zum Bauhaus (gemeint ist nicht der gleichnamige Baumarkt-Riese) und nach Havelberg, Deutschlands größten Biosphärenreservat Mittelelbe. Den Abschluss der Reise bilden Lauenburg (hier ist das Elbschifffahrtsmuseum zu finden, obgleich die Elbe fast frei von Frachtschiffen ist) und – nach mehrseitiger Befassung mit einem gewissen Herrn Bismarck – die Stadt Hamburg und dessen Hafen.   

Kenntnisreich, teils ausufernd erzählt

Nein, Burkhard Müllers Buch „Die Elbe. Porträt eines Flusses“ kann man nicht mit der beliebten Fernsehsendung „Wunderschön!“ vergleichen, jedoch ist der Aufbau ähnlich. Man hat ein Ziel ausgewählt, hier die Elbe, und bereist dieses, wobei man zahlreiche Gelegenheiten erhält, sich über Gott und die Welt auszulassen, wovon der Autor reichlich Gebrauch macht. So schafft es Müller spielend, selbst den Bogen zur Augsburger Puppenkiste zu schlagen oder Terrence Hill unterzubringen. Man erfährt einiges über die stolzen Preise in der Porzellanmanufaktur Meissen, die Meinung des Autors zur Frakturschrift oder eben die bereits erwähnten Indianer, wenn man sie denn so nennen darf. Spätestens an diesen Stellen ist der Bezug zur Elbe bestenfalls noch marginal erkennbar. Hut ab, wer ihn, wie der Autor, trotzdem findet!

„Porträt der Orte entlang eines Flusses“ wäre der genauere Untertitel gewesen. Müller beschreibt vor allem die von ihm und seinen wechselnden Begleitern besuchten Orte teils sehr ausführlich, bringt umfangreiche historische und politische Kenntnisse – ein wohltuender Unterschied zu der massentauglich-oberflächlichen Sendung „Wunderschön!“ – unter, so dass man viel über die jeweilige Stadtgeschichte erfährt. Man mag beklagen, dass die eine oder andere Stadt keine Erwähnung findet, aber es soll ja irgendwie noch überschaubar bleiben. Daher geht der Mix schon so in Ordnung. Die teils überbordende Detailverliebtheit und ausartenden persönlichen Ansichten und Erlebnisse des Autors, sind sicher Geschmacksache und verfallen teils ins Triviale, wenn beispielsweise irgendwo ein Glas Marmelade erstanden wird (da grüßt die TV-Sendung), tragen aber zum letztlich kurzweiligen Lesevergnügen bei.

  • Autor: Burkhard Müller
  • Titel: Die Elbe – Porträt eines Flusses
  • Verlag: Rowohlt
  • Umfang: 304 Seiten
  • Einband: Hardcover
  • Erschienen: Mai 2024
  • ISBN: 978-3-7371-0195-0
  • Produktseite

Wertung: 12/15 dpt


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