
Max‘ Leben ist so, als ob es gar nicht seins wäre. Er empfindet keine große Zuneigung zu Annette, seiner Lebensgefährtin, das gemeinsame Kind ist ihm fremd, sein Job als Archivar interessiert ihn nicht. Als plötzlich seine Ex-Freundin Iza wieder in Erscheinung tritt und ihn um einen Gefallen bittet, gerät er in einen wilden Strudel aus alten Erinnerungen und neuen wirren Hoffnungen.
Iza ist das komplette Gegenteil der in Max‘ Augen spießigen Annette. Iza ist unkonventionell, sie stammt aus komplizierten chaotischen Familienverhältnissen, mit einer alkoholkranken Mutter und einem Stiefvater im Gefängnis. In Rückblenden erzählt Birkholz von der wilden gemeinsamen Vergangenheit, die auch Max in Schwierigkeiten brachte.
Iza überredet Max zu einer Reise nach Polen. Erneut verstrickt er sich. Seine ohnehin wenig stabilen Überzeugungen bröckeln.
Jens Birkholz erzählt in seinem Roman „Der Ausbruch“ die Geschichte eines Mannes, der glaubt eine zweite Chance zum Neuanfang zu erhalten und im Grunde die gleichen Fehler wie beim ersten Mal begeht. Denn Max hat sich nicht weiterentwickelt. Verantwortungsscheu sucht er nach einfachen Lösungen.
Birkholz spart nicht mit absurd-komischen Szenen, in denen er seine Figuren immer wieder an ihre Grenzen bringt. Dabei spielt er durchaus mit gängigen Klischees, um seine Protagonisten zu charakterisieren. Auch die Milieu-Darstellungen sind überzeichnet. Die gut situierte bürgerliche Gesellschaft kontrastiert plakativ mit der sozial-schwachen Unterschicht. Birkholz hebt die Unvereinbarkeit beider Milieus hervor. Dass das Ganze nie in völligen Klamauk abdriftet, liegt daran, dass er die Tragik einzelner Schicksale deutlich herausarbeitet. Trotz der teilweise überzogenen Darstellung entwickelt er durchaus Empathie auch für jene Charaktere, mit denen sein Protagonist Max nicht zu recht kommt. Glücklich ist am Ende keine von Birkholz‘ Figuren wirklich.
Die Prosa ist durchgängig unterhaltsam. Der Plot entwickelt sich rasant. Die Dialoge sind pointiert. Der Wechsel zwischen den Erzählebenen sorgt für Spannung. Der Roman liest sich so schnell weg wie eine lockere Komödie. Der Humor ist böse und subversiv. Fast verleitet Birkholz seine Leser:innen dazu, das Wesentliche zu übersehen. Denn in der vermeinlich lustigen Geschichte hat der Autor durchaus existentielle Fragen platziert.
Fazit: Eine locker zu lesende Lektüre, bei der sich Komödie und Tragödie gegenseitig befeuern.
- Autor: Jörn Birkholz
- Titel: Der Ausbruch
- Verlag: Karl Rauch Verlag
- Erschienen: September 2024
- Einband: Gebundene Ausgabe
- Seiten: 192 Seiten
- ISBN: 978-3792002919

Wertung: 11/15 dpt