Katharina Eigner – Johann Strauss Walzertod (Buch)

Walzer, Fiaker und Frauenmorde

Oktober 1844 in Wien. Die Stadt liegt dem Walzerkönig Johann Strauss zu Füßen, dessen Familienleben allerdings in Scherben. Nicht für ihn, denn er lebt mit seiner neuen Liebe, Emilie Trampusch, zusammen und verprasst mit ihr sein Einkommen. Seiner Frau Anna und deren sechs Kindern bleibt hingegen kaum etwas zum Leben, dementsprechend groß ist der Groll auf den Vater. Anna und ihr ältester Sohn Johann sinnen auf Rache und dies insbesondere in musikalischer Form. Das „Dommayer“ ist legendär, hier spielt vor allem der Vater zwei Mal die Woche auf, immer vor vollem Haus. Ausgerechnet dort plant der Sohn eine Soirée Dansante, um den Vater, der ihm stets die Musik verboten hat, vom Thron zu stoßen.

„Ginge es nach meinem Vater, dann säße ich jetzt in irgendeiner Schreibstube und wäre eine Buchhalterseele. Ich würde Akten wälzen, mir zu Mittag eine Beamtenforelle holen und mich überpünktlich in den Feierabend verabschieden.“

Heinrich Kaunitz, Fiakerfahrer Nummer 25, hat derweil viel größere Sorgen. Seine Frau und ihr ungeborenes Kind starben bei einem Feuer im eigenen Haus. Jetzt versucht er einen Neustart in der Leopoldstadt, wo mit Johann Strauss Sohn sein wichtigster Kunde im „Hirschenhaus“ wohnt. Indessen geschehen einige Frauenmorde, die Wachtmeister Theo Haas auf den Plan rufen. Wie sich herausstellt, eint alle Opfer, dass bei ihnen Tanzkarten gefunden werden. Eine sogenannte Ballspende, doch bei den jeweiligen Tänzen ist kein Partner eingetragen. Nur ein Name wird auf allen Karten erwähnt: Johann Strauss.

Wiener Stadtgeschichte trifft Krimi trifft Johann Strauss

Katharina Eigner, mitunter bekannt durch die Reihen um Arzthelferin Rosemarie Dorn oder Restauratorin Rosina Gamper, legt mit „Johann Strauss Walzertod“ einen vielschichtigen Roman vor, der wunderbar in das 200. Jubiläumsjahr von Johann Strauss Sohn (1825-1899) passt. Johann Strauss Vater (1804-1849; „Radetzky Marsch“) war spätestens nach dem Tod von Josef Lanner (1801-1843; „Krönungswalzer“), der Wiener Walzerkönig schlechthin. Seinen Kindern verbot er jedoch vehement Musik zu spielen und fürchtete deren Konkurrenz. Zu Recht, wie sich im Falle des später deutlich berühmteren Johann Strauss Sohn („Die Fledermaus“, „Der Zigeunerbaron“, „Kaiser-Walzer“ oder „Tritsch-Tratsch-Polka“) zeigte. Vor dem ersten und gleichzeitig entscheidenden musikalischen Duell zwischen Vater und Sohn spielt der vorliegende Roman. Kurz vor dem besagten Tanzabend im „Dommayer“ kommt es zum Showdown mit dem Frauenmörder.

Johann Strauss Vater hat nur einen Mini-Auftritt, während sein Sohn und dessen Mutter Anna deutlich mehr Platz einnehmen. Man erhält Einblicke in das massiv gestörte Familienleben, sofern dieses einem nicht schon bekannt ist. Wer sich übrigens für Johann Strauss Sohn interessiert, dem sei die aktuelle Ausstellung „New Dimensions“ im Wiener Johann-Strauss-Museum sehr empfohlen (Rundgang von circa 80 Minuten).

„Extrablatt! Großbritannien führt die Factory Bill ein! Keine Fabrikarbeit mehr für Kinder unter acht Jahren!“

„Die werden sich noch wundern, die Briten!“

Neben Johann Strauss Vater und Johann Strauss Sohn erhält man durch den Fiaker Kaunitz und dessen Lebensalltag aufschlussreiche Einblicke in die damalige Zeit. Rund hundertfünfzig Fabriken und Manufakturen sind entstanden, arbeitssuchende Migranten, vor allem aus den böhmischen Kronländern, strömen in die Residenzstadt. 380.000 Einwohner zählt Wien bereits; ohne die Vorstädte. Kaiser Ferdinand I. ist geistig und körperlich arg limitiert, dafür herrscht Staatskanzler Clemens Fürst Metternich (1773-1859) mit eiserner Hand und verfügt über ein dichtes Überwachungsnetz. Wer wie Kaunitz „Der Graf von Monte Christo“ lesen möchte (selbst Wachtmeister Hass ist begeistert von Edmond Dantès), hat da schnell ein Problem, denn zahlreiche Werke sind verboten. Kaunitz leidet nicht nur unter dem enormen Verlust seiner Familie, sondern gerät unfreiwillig in die Mordserie und somit ins Visier von Wachtmeister Haas. Dieser hat nicht nur die Ermittlungen am Hals, sondern zudem das Patenkind seines Vorgesetzten, das sich als völlig ungeeignet für den Polizeidienst erweist.

„Ich habe gehört, dass deshalb auf dem Gebiet der Wiederbelebung eifrig geforscht wird.“

„Leider führten nicht alle Maßnahmen zum Erfolg. Ehrlich gesagt sogar erschreckend wenige davon. Aber es gibt durchaus auch interessante Ansätze. Einige meiner Kollegen blasen mittels Blasebalg Tabakrauch in den After der Person. Andere wiederum gießen kohlensäurehaltiges Wasser in die Nase des Scheintoten.“

„Johann Strauss Walzertod“ bietet einen guten Mix aus Stadtgeschichte, Kriminalfall und – ein wenig – Musikgeschichte. Eine Fortsetzung wäre in jeder Hinsicht wünschenswert.

  • Autorin: Katharina Eigner
  • Titel: Johann Strauss – Walzertod
  • Verlag: Gmeiner
  • Umfang: 368 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: April 2025
  • ISBN: 978-3-8392-0746-8
  • Produktseite

Wertung: 12/15 dpt

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