
Vom 27.03. bis 30.03.2025 fand erneut das große Frühlingsfest der Buchszene statt: die Leipziger Buchmesse. 296.000 Besucher*innen und damit 13.000 mehr als im Vorjahr1 fanden Ihren Weg in diese (besonders für die Buch- und Literaturwelt) geschichtsträchtige Stadt. Sie tummelten sich aber nicht nur tagsüber in den Messehallen, sondern auch abends in unterschiedlichen Locations der Stadt, um im Rahmen von „Leipzig liest“ weiteren Lesungen zu lauschen.
Für mich war diese Messe wiedermal ein berauschendes Erlebnis, dessen Eindrücke ich die letzten Wochen erstmal sortieren und sacken lassen musste. Dementsprechend ist das hier, logischerweise und sowieso, nur mein rein subjektiver Erfahrungsbericht. Praktischerweise kann ich nun aber auch frei von den tollen Herbstiteln schwärmen, die mir vorgestellt wurden, da die Programme mittlerweile alle veröffentlicht wurden.
Im Vorfeld zur Messe habe ich mich, sehr zur Belustigung meines Begleiters, lang und ausführlich mit dem umfassenden Programm auseinandergesetzt, und all die Veranstaltungen notiert, die ich auf der Messe und außerhalb gerne besuchen würde. Das Ergebnis war ernüchternd: Mein Tag hat zu wenig Stunden und die Messe allgemein zu wenig Tage. Nichtsdestotrotz habe ich tolle Termine bei großartigen Verlagen gehabt und fantastische Veranstaltungen auf und außerhalb der Messe besucht, die nach wie vor bei mir nachhallen.
Direkt am Donnerstag habe ich die Lesung zu „Nerd Girl Magic“2 besucht – ein Sachbuch, von Simoné Goldschmidt-Lechner, bei dem mich vor allem die differenzierte und unpolemische Darstellung sehr begeistert hat. Erschienen ist das Buch im Verbrecher Verlag, der dieses Jahr 30 Jahre alt wird, und bei dem es sich immer lohnt, das Programm im Blick zu behalten. Happy dirty thirty, liebe Verbrecher!
Ein absoluter Pflichttermin, auch wenn ich bereits mehrere Veranstaltungen dazu besucht habe, sind die szenischen Lesungen zur „Fabelwesen“3-Reihe von Florian Schäfer und Elif Siebenpfeiffer. In der Rolle des Konstantin O. Boldt liest Florian Schäfer aus „Fast verschwundene Fabelwesen“ und „Verborgene Fabelwesen der Meere“ und Elif Siebenpfeiffer illustriert gleichzeitig und zeigt damit, wie die großartigen Zeichnungen und Grafiken in den Büchern entstanden sind. Erschienen sind die Bücher zwar bei arsEdition (Band drei kommt im September!), Florian und Elif hatten jedoch, gemeinsam mit ihrem Team aus Sagenforscher*innen und Folklorist*innen das erste Mal einen eigenen Stand in Leipzig. Ein Besuch dort war absolut lohnenswert, denn es waren nicht nur Nachbildungen von Fabelwesen zu bestaunen, sondern man konnte auch in entsprechenden Sachbüchern blättern (und diese natürlich auch käuflich erwerben). Zur Lesung von „Fast verschwundene Fabelwesen“ im Aquarium des Leipziger Zoos habe ich es leider nicht geschafft, aber wer jetzt neugierig geworden ist, sollte einfach mal bei @forgotten.creatures auf Instagram vorbeischauen.
Für den ersten Abend hatte ich dann wieder einmal das große Glück, ein goldenes Ticket für das #booksmeetpizza-Treffen des Schöne-Bücher-Netzwerks zu ergattern. Wie auch schon letztes Jahr in Frankfurt hat es wirklich Spaß gemacht, die aktuellen Programme einiger unabhängiger Verlage kennenzulernen, die Menschen hinter den Verlagen zu treffen und auch mit der ein oder anderen Blogger-Kollegin, die man sonst nur zwischen den Instagram-Kacheln trifft, einen Schnack zu halten. Begrüßt haben uns dieses Jahr die „Edition Roter Drache“ (Fantasy und Dark Fantasy), „Pinguletta“ (Bellektristik, Hörbücher, autobiografisches Sachbuch), „Edition Helden“ (Kinder Comics, Pen & Paper Mitrate Comics), „Second Chances“ (Neuauflage und Fortsetzung von Reihen, die von anderen Verlagen nicht weitergeführt wurden), „Ultra Violett Verlag“ (Belletristik, Dystopien, Biografien, Generationenromane), „Stroux“ (Biografisches, Natur, Belletristik), „Härter“ (Kinderbücher, Sachbücher, Kochbücher), „Edition Wannenbuch“ (Bücher für die Badewanne) und „Paparento“ (True Crime, Krimi, Cosy Crime).
All diese Verlage beweisen, dass es sich definitiv lohnt, auch außerhalb der großen Publikumsverlage, die Augen aufzuhalten. Meine besondere Aufmerksamkeit geweckt haben auf jeden Fall die Fantasybücher von der „Edition Roter Drache“ und das Nature Writing beim „Stroux“ Verlag. Aber auch die Kinder-Comics von der „Edition Helden“ und die Badewannenbücher (ja, wirklich! Bücher für die Badewanne!) der „Edition Wannenbuch“ schaue ich mir mal genauer an. Beim „Second Chances“ Verlag war für mich bisher leider nichts dabei, die Idee und das Engagement hinter dem Verlag finde ich jedoch großartig!
Ganz besonders großen Spaß hatte ich jedoch beim Blogger*innen-Event vom Leykam Verlag – und ich verspreche, das lag nicht (nur) am Sekt! Mit einer passenden Playlist wurde uns das kommende Herbstprogramm vorgestellt, das auf jeden Fall einiges an vielversprechender feministischer und gesellschaftskritischer Literatur für Groß und Klein bereit hält! (Vielen Dank auch an Aleya und Bernd, ich hatte eine richtig gute Zeit bei euch!).
Eine wahre Oase im Messetrubel gab es dann beim Event von Voland & Quist, wo wir der Autorin Simone Scharbert dabei zuschauen durften, wie mittels Cyanotopien die Cover ihrer Bücher entstanden sind. In ihrem aktuellen Buch „Für Anna“ erzählt sie die Geschichte von Anna Atkins, die im viktiorianischen Zeitalter die Wegbereiterin der heutigen Fotografie war, aber kaum wahrgenommen wurde.
Aber auch bei den „großen“ Verlagen wurden wir herzlich empfangen, durften in die neuen Programme spinksen und wurden sehr großzügig mit Büchern und Schokolade versorgt. Ich persönlich habe Ch. Beck und dem Unionsverlag, die zusammen ein Event organisiert hatten, und dem Dumont Verlag einen Besuch abgestattet, und freue mich auch da auf so einige belletristische und literarische Titel.
Neben den Terminen bei Verlagen waren es aber die Veranstaltungen außerhalb der Messe, die für mich ein besonderes Highlight bildeten.
Noch auf der Messe wurde der diesjährige „Seraph“, der große Phantastikpreis des „Phantastische Akademie e.V.“ verliehen. In den drei Kategorien gewann Freya Petersen mit „Die Mutter der Masken – Säure“ den Preis für das beste Debüt, Theresa Hannig mit „Parts per Million“ den Preis für das beste Buch und Kai-Holger Brassel mit „All an!“ den Preis für den besten Independent-Titel. Freya Petersens Buch liegt bei mir zu Hause noch ungelesen und ich freue mich nun umso mehr darauf. Besonders gefreut habe ich mich aber auch, dass wir dort eine kleine Booknerds-Live-Reunion hatten!
In den Reden der Jury und Moderator*innen während der Verleihung wurde auch immer wieder deutlich, dass besonders in den krisenhaften Zeiten, in denen wir uns aktuell befinden, dem Buch als Medium und auch der Phantastik eine wichtige (politische) Rolle zukommt.
Am Abend lasen die Preisträger*innen dann noch auf der „Langen Nacht der Phantastik“. Ein wenig die Show stahlen ihn da aber die (gewohnt) genialen Alleinunterhalter*innen Markus Heitz, Liza Grimm und Lisanne Surborg, die sowohl aus ihren aktuelle Büchern lasen wie auch interaktive Spiele mit dem Publikum veranstalteten. Ein Kuschel-Schnitzel von Herrn Heitz gab’s für mich leider nicht (wer schon mal auf einer seiner Lesungen war, weiß Bescheid) und auch beim Bingo habe ich nicht gewonnen, dafür gab es aber für meine Begleitung eine Schlafmaske von Lisanne Surborg. Wer das hier nun sehr kryptisch beschrieben findet, der muss wohl einmal selbst die „Lange Nacht der Phantastik“ besuchen.
Die selbe Location und teilweise die selben Menschen auf der Bühne gab es für mich dann am nächsten Abend für ein Live-Pen-und-Paper. Als bisher absolute Laiin in diesem Spiel, boten mir Markus Heitz, Liza Grimm, Mikkel Robrahn, Christoph Hardebusch und Annabelle Stehl eine sehr humorvolle Einführung in Pen&Paper-Games an sich.
Absolutes Highlight und ein großer Überraschungserfolg, der zeigt, dass es sich auch manchmal lohnen kann, Unbekanntes zu wagen, war die Matinée zur Premierenlesung vom neuesten (und wohl auch letzten?) Teil des „Liber Vampirorum“ – eine Anthologie-Reihe mit Vampirgeschichten, unabhängig herausgegeben von Christian von Aster und mit Geschichten von namhaften Autor*innen wie Lisanne Surborg, Bernhard Hennen und einem Vorwort von Bela B. Felsenheimer, aber auch unbekannteren Autor*innen, deren Geschichten den anderen in nichts nachstehen. Die perfekte Kulisse für diese Premiere bot dabei der Krystallsaal in Leipzig, ein plüschiges und kleines Varieté. Dass die Bücher nur limitiert verfügbar waren, die vorherigen zu Unsummen auf ebay gehandelt werden und einige der Gäste offensichtlich schon bei der ersten Premiere dabei waren, gab mir noch mehr das Gefühl, bei etwas ganz Besonderem dabei gewesen zu sein.
Alles in allem kann ich zusammenfassen: ich hatte eine wahnsinnige gute, wenn auch reizüberflutende und rasante Zeit, die sich kaum in ein paar Zeilen pressen lässt. Wer eine weniger subjektiv gefärbte Sichtweise haben möchte, schaut am besten mal auf der Seite der Messe vorbei. Im Idealfall erlebt man Leipzig aber selbst. Ausgespart habe ich hier zum Beispiel auch die (vermutlich berechtigte) Kritik an den Einlassbedingungen, die zu kilometerlangen Schlangen führten, denen ich aber durch ein Presseticket entgehen konnte. Gleichzeitig habe ich sehr viele Lesungen, Veranstaltungen und Stände aus Zeitmangel gar nicht sehen können – ich wäre zum Beispiel auch gerne viel ausführlicher über die Antiquariatsmesse geschlendert. Ich bin nichtsdestotrotz unglaublich dankbar für diese Möglichkeit und mein Appartement für 2026 ist bereits gebucht! Sehen wir uns dort?
- Quelle: https://www.leipziger-buchmesse.de/de/news/ueberwaeltigender-besucherzuspruch-296-000-menschen-auf-der-leipziger-buchmesse-2025 ↩︎
- Rezension hier: https://www.booknerds.de/2025/03/simon-goldschmidt-lechner-nerd-girl-magic-buch/ ↩︎
- Rezension zum zweiten Band: https://www.booknerds.de/2024/10/florian-schaefer-elif-siebenpfeiffer-verborgene-fabelwesen-der-meere-die-zweite-expedition-des-konstantin-o-boldt-buch/ ↩︎