
Klara Reininger wohnt im fiktiven Nussbachdorf im deutsch-österreichischen Grenzgebiet und genießt als Gattin des Landarztes, kurz “Frau Doktor”, ein angenehmes Leben. Beide sind bereits im Ruhestand und genießen die Freizeit. In “Altweiberfrühling” tun das aber gleich mehrere Protagonisten.
Allen voran Klaras Mann, der von ihr im Eigenheim mit einer jungen Blondine inflagranti erwischt wird. Für die Betrogene ist alles klar: der Mann muss aus dem Haus! Gesagt, getan, Rollläden geschlossen und ab auf die Couch. Mit 65 Jahren ist das Leben ja quasi vorbei. Da hat Klara aber die Rechnung ohne ihre extrovertierte Freundin Elisabeth Rothberger, kurz Liesl, gemacht, die sich fortan bemüht, Klara aus der Lethargie und vor allem wieder unters Volk zu bringen.
Ob Friseurbesuch, Supermarkt oder im Kaffeehaus – mit den beiden rüstigen Damen bleibt kein Auge trocken. Dabei rückt die Autorin Roosa Root zentrale Themen in den Vordergrund: “Wie verhält sich Lust und Sexualität im Alter?”, “Abhängigkeit vom Partner – ja/nein?”, Einsamkeit, Lebenssinn, Generationenkonflikt, Selbstbestimmung, gesellschaftliche Konventionen. Natürlich passiert dies zunehmend überspitzt, dennoch so weit nachvollziehbar für die Leserschaft.
Auch die Nebencharaktere, allen voran die junge Studentin Niki, ergänzen das Ensemble auf wunderbare Art und Weise. Gerade die Kombination zwischen den beiden älteren Damen und der schlagfertigen jungen Frau ist gut gelungen und sorgt für einige Lacher.
Während die Handlung anfangs nichts Außergewöhnliches erwarten lässt, hält Roosa Root immer wieder eine weitere spannende oder lustige Wendung parat, sodass keine Langeweile aufkommt. Ganz im Gegenteil: wachsen doch die schrulligen Charaktere schnell ans Herz.
Auch wenn es der jungen Autorin gelingt, über 400 Seiten die Stimmung aufrechtzuerhalten, muss ich einige stilistische Schnitzer bemängeln. Auch wenn Klara die Gattin des Doktors war, passt das Adjektiv “affektflach” eher in den Pschyrembel (der in der Geschichte übrigens auch vorkommt), als in diesen humorvollen Roman. Auch bezweifle ich, dass Polizisten am Land “mit Kollegen korrespondieren”. Die inflationäre Verwendung von Artikeln bei Eigennamen (die Liesl, die Niki, der Walter, etc.) ist in der Umgangssprache üblich, beim geschriebenen Wort wird es mitunter mühsam. Dies sind jedoch nur kleinere Feinheiten, denn letztlich würde “Altweiberfrühling” auch hervorragend als TV-Film funktionieren.
Als Bonus gibt es sogar ein Tiramisu-Rezept.
Fazit: Klara und Liesl nehmen uns in “Altweiberfrühling” als Damen im besten Alter auf einen aberwitzigen Trip mit. Gerne mehr davon!
- Autor: Roosa Root
- Titel: Altweiberfrühling
- Verlag: Empire Verlag
- Erschienen: 02/2025
- Einband: Taschenbuch
- Seiten: 444
- ISBN: 978-3989427716
- Sonstige Informationen:
- Produktseite
- Erwerbsmöglichkeiten

Wertung: 11/15 dpt