Colin Cotterill – Dr. Siri und der verschollene Bruchpilot (Buch)

Gewohnt skurrile Krimikost

Laos im Jahr 1981. Der frühere Leichenbeschauer und Meisterdetektiv Dr. Siri Paiboun ist inzwischen stolze 77 Jahre alt und hat sich längst in die Nudelküche seiner Madame Daeng zurückgezogen. Doch ein skurriler Fall führt ihn erneut ins Leichenschauhaus, denn die Haare und Nägel des verstorbenen Genossen Thinh wachsen munter weiter. Ein Fall, den Siri sich anschauen muss, zumal Thinh auf rätselhafte Weise zu Tode kam. Angeblich stürzte er angetrunken von einer Felswand in Vang Vieng, wobei er zuvor in Begleitung einer Frau gesehen wurde. Wer war die Unbekannte? Seine Haupt- oder Nebenfrau oder gar eine Frau aus dem kleinen Dorf? Und war es tatsächlich nur ein Unfall? Da sein Vater zu den reichsten Männern Vietnams gehört, schickt Chefinspektor Phosy seinen Hauptmann Sihot nach Vang Vieng, wo dieser umgehend verschwindet.

„Darüber habe ich auch schon nachgedacht, Geung. Unser Mann ist ein erfahrener Wanderer. Er war schon viele Male im Gebirge. Ein glücklicher Mensch. Er führt ein hübsches Mädchen zu einem lauschigen Plätzchen. Sie trinken ein Glas Wein. Kein Stress. Und hast du nicht gesehen, stürzt der Mann auch schon die Felswand hinab. Dafür habe ich nur eine Erklärung.“

Siri selbst erhält derweil ein ominöses Paket, welches ein Tagebuch enthält, dass je zur Hälfte in japanischer und laotischer Sprache geschrieben wurde, 1937 beginnt und am Tag vor der Kapitulationserklärung des Tennō im August 1945 abrupt endet. Ein Absender ist nicht angegeben, dafür liegt ein Notizzettel bei: „Dr. Siri, wir brauchen dringend Ihre Hilfe.“ Aber wer sind wir und wobei soll Siri helfen? Da Siri und Daeng seit jeher Spaß am Lösen von Rätseln haben, lesen sie das Tagebuch – so sie es sprachlich können – und stellen fest, dass es wenig zur Klärung der vorgenannten Fragen beiträgt. Immerhin führt eine vielversprechende Spur in das einst mondäne Städtchen Thakhek, wo ein letztes, großes Abenteuer auf die Beiden wartet.

Der fünfzehnte und letzte Fall für Dr. Siri

„Dr. Siri und der verschollene Bruchpilot“ ist der bereits fünfzehnte Fall einer der außergewöhnlichsten Krimiserien, die mit dem vorliegenden Band ihren Abschluss findet. Man muss es vorweg so deutlich sagen, das Ende kommt nicht zu früh. Ja, Fans der Serie greifen wie gewohnt zu und bekommen was sie sehnsüchtig erwarten: Dr. Siri und Madame Daeng, Chefinspektor Phosy und Schwester Dtui, Herrn Geung und dessen Frau Tukta, in einer anderen Welt Tante Bpoo und den unlängst verstorbenen Civilai sowie indirekt Köter und den verrückten Rajid. Alles gut wie immer, auch der schräge Humor ist derselbe und Ausflüge in die Anderswelt gibt es gleich in unterschiedlicher Form.

„Er ist einer der reichsten Männer Vietnams.“

„Ich dachte, wir hätten Reichtum abgeschafft. Gilt die kommunistische Lehre noch, oder habe ich da etwas verschlafen?“

Aber wenn Siri seinen Lieben aus dem Tagebuch vorliest, fällt schon mal der Spruch, dies sei so „spannend wie ein Hörbuch ohne Spannung“. Oder mit den Worten von Madame Daeng: „Selbst mit den lustigen Geschichten ist es immer noch langweilig.“ Am Ende erfolgt eine – man will fast sagen – sirieske Auflösung. Wer die Vorgänger nicht kennt, wird dieser aber nur bedingt etwas abgewinnen können und eher eine überflüssige Aufblähung des Buchumfanges vermuten. Dass es im weiteren Verlauf teils ausführlich um die laotische Transkription japanischer Namen geht, macht es nicht besser. Dabei gibt es durchaus den einen oder anderen Erzählstrang, der einen kriminellen Plot und dessen jeweilige Auflösung bereithält und ab dem zweiten Drittel nimmt die Handlung gut Fahrt auf. Mit raten seitens der Leser ist derweil unnötig, da man eh‘ keine Chance hat, wie die Auflösung beim eingangs erwähnten Felssturz zeigen wird.

Eine Verneigung zum Schluss: Mich hat die Serie über viele Jahre begleitet und bestens unterhalten. Nahezu alle fünfzehn Romane habe ich gelesen und anfangs für die Krimi-Couch, später dann für Booknerds rezensiert. Wie so oft ist der Abschied zunächst eine traurige Nachricht, andererseits ist die Geschichte mit ihren Witzen über den Kommunismus oder den Reisen in die Anderswelt auch ausgereizt. „Dr. Siri und der verschollene Bruchpilot“ ist ein würdiger Abschluss einer unbedingt lesenswerten Serie für all jene Krimifans, die es nicht immer allzu ernst nehmen und das Außergewöhnliche suchen.

  • Autor: Colin Cotterill
  • Titel: Dr. Siri und der verschollene Bruchpilot
  • Originaltitel: The Delightful Life of a Suicide Pilot. Aus dem Englischen übersetzt von Thomas Mohr
  • Verlag: Goldmann
  • Umfang: 336 Seiten
  • Einband: Hardcover
  • Erschienen: Juni 2025
  • ISBN: 978-3-442-31735-6
  • Produktseite

Wertung: 11/15 dpt

Teile diesen Beitrag:
Schreibe einen Kommentar

Hinweis: Mit dem Absenden deines Kommentars werden Benutzername, E-Mail-Adresse sowie zur Vermeidung von Missbrauch für 7 Tage die dazugehörige IP-Adresse, die deinem Internetanschluss aktuell zugewiesen ist, in unserer Datenbank gespeichert. E-Mail-Adresse und die IP-Adresse werden selbstverständlich nicht veröffentlicht oder an Dritte weitergegeben. Du hast die Option, Kommentare für diesen Beitrag per E-Mail zu abonnieren - in diesem Fall erhältst du eine E-Mail, in der du das Abonnement bestätigen kannst. Mehr Informationen finden sich in unserer Datenschutzerklärung.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ähnliche Beiträge

Du möchtest nichts mehr verpassen?
Abonniere unseren Newsletter!

Total
0
Share