Nick Martin – Die geilste Lücke im Lebenslauf (Buch)


Nick Martin - Die geilste Lücke im Lebenslauf (© Conbook Medien GmbH)Nick Martin wurde 2018 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zum Kultur- und Kreativpiloten gekürt. Und das, obwohl er 2009 seinen Job hinschmiss und seitdem fast ununterbrochen um die Welt reist. Irgendwas wird er wohl richtig gemacht haben. Was genau verrät er in seinem Reisebericht Die geilste Lücke im Lebenslauf – 6 Jahre Weltreisen.

Noch vor zehn Jahren sahen seine Berufsaussichten trübe aus. Nach einer Ausbildung zum IT-Kaufmann arbeitete er in Festanstellung bei dem Unternehmen, das ihn auch ausgebildet hatte. Seine berufliche Laufbahn schien für die kommenden Jahre festzuliegen – bis er im Urlaub nach Neuseeland flog, um dort mit einem Campervan das Land zu erkunden. Auf dieser Reise fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Wieso nur lebte er schon im zarten Alter von Anfang 20 spießig typisch deutsch nach Plan?

Wieder zu Hause versucht er sich in den Alltag einzufinden, doch nach zwei Monaten gibt er seiner Sehnsucht nach, kündigt seinen Job und geht auf zunächst auf ein Jahr angelegte Weltreise. Zunächst fliegt er nach Mexiko, wo er erst einmal Spanisch lernt, doch nach dieser Schonfrist beginnt das Herumreisen. Um in Kontakt mit Locals zu kommen, couchsurft er gerne und lernt so tatsächlich sehr viele interessante und liebenswerte Weggenossen kennen. Auch sein erstes lebensbedrohliches Abenteuer, ein Katamaransegeltörn mit Hurricane, erlebt er dank dieser Übernachtungsplattform. Nach drei Monaten Mexiko reist er durch die USA und Kanada, wo sein Vater und sein Bruder ihn kurz besuchen. Dieser Besuch macht ihm bewusst, dass er zwar seine Familie vermisst, sich aber nicht vorstellen kann, die Reise nach nur einem Jahr schon zu beenden. Als er dann nach einigen ereignisreichen weiteren Monaten auf den Fidschis und in Australien nach Hause zurückkehrt, fällt er in ein tiefes Loch. Aus dieser Travel-Depression erweckt ihn Steffi, ein Mädchen, das eine Freundin ihm vorstellt, weil sie auch viel gereist sei. Sie verstehen sich auf Anhieb und so erwachen Nicks Lebensgeister und er beginnt Geld zu sparen, um wieder reisen zu können.

Nach einem weiteren monatelangen Kontinente-Hopping, mal mit, mal ohne Steffi verfestigt sich bei Nick immer mehr die Idee, als Digital Nomad leben zu wollen. Als er das nächste Mal in Deutschland ist, weil die Geburt seines Neffen ansteht, streckt er schon mal die Fühler aus und bewirbt sich erfolgreich als Swiss Explorer, ein halbjähriger Job der Swiss Air, für den er auf Kurztrips verschickt wird, um vor Ort die Insidertipps auszukundschaften und jeweils ein Promo-Video aufzunehmen. Daneben richtet er zusammen mit Steffi seinen Reiseblog ein und besucht Konferenz digitaler Nomaden. Auf einer weiteren Reise, diesmal durch Asien, veröffentlicht er im Selbstverlag sein erstes E-Book, ein Kochbuch. Nach seiner Rückkehr ist er bereit für seine erste Bühnenshow über seine gesammelten Reiseerfahrungen.

Die geilste Lücke im Lebenslauf ist ein ausführlicher, mitreißender, ehrlicher Reisebericht eines sympathischen Surfer-Dudes. Nick Martin hat in den sechs Jahren, die er unterwegs war, das eine oder andere erlebt und lässt den Leser daran teilhaben – auch an den unschönen Momenten. Für Reiseinteressierte, die noch zögern, ob sie sich wirklich solchen Strapazen aussetzen sollen, um die Welt zu sehen, ist dieses Buch sicher eine Entscheidungshilfe, denn es beleuchtet das Backpackerleben in all seine Facetten. Auch die Entwicklung zum digitalen Nomaden ist sehr nachvollziehbar und interessant beschrieben. Das Ganze liest sich in einem Rutsch und langweilt so gut wie nicht, allerdings beginnt man als nicht ganz so extravertierter Leser bei der zigsten Bekanntschaft stellvertretend Sozialstress zu verspüren.

Sprachlich ist das Buch weniger erwähnenswert. Es ist sehr mündlich geschrieben, so weit, so gut, aber ab und an ist es doch unfreiwillig komisch durch verdrehte Redewendungen, schräge Bilder und merkwürdige Zusammenstellungen. Darüber hinaus ist der Wortschatz recht klischeehaft und begrenzt, vor allem die Anzahl der Adjektive. Anita Vetter, die Freundin, die mit Nick zusammen das Buch verfasst hat, hätte da gerne ein bisschen mehr durchgreifen sollen.

Wegen der dürftigen Beschreibungen – über die für sein Empfinden schönste Ruinenstadt, Palenque, schreibt er beispielsweise: „Meine Erwartungen an Palenque wurden mehr als übertroffen.“ That´s it. – eignet sich das Buch eher nicht für das Zusammenstellen einer interessanten eigenen Reiseroute. Auch die Fotos sind eher Schnappschüsse als Werbefotos. Dem Autor ging es beim Niederschreiben seiner Reiseerinnerungen ganz offensichtlich vor allem um Erfahrungen und Begegnungen und auch um seine persönliche Entwicklung. Das ist ihm gut gelungen. Reiseführer gibt es schließlich genügend. Diese Funktion braucht dieses Buch also nicht auch noch zu erfüllen. Wer sich dafür interessiert, wie das Leben auf Reisen so ist, wenn man länger als die mehr oder weniger standardmäßigen zwei, drei Urlaubswochen unterwegs ist, der wird an diesem Buch auf alle Fälle seine Freude haben.

Kleine Anmerkung am Rande: In Hinsicht auf die Klimawandeldiskussion mutet ein Buch wie dieses, wo ein einzelner Mensch quasi im Alleingang mit all seinen Flugmeilen das Klima killt, ein wenig unzeitgemäß an, aber davon werden sich die meisten Leser wahrscheinlich nicht abschrecken lassen.

  • Autor: Nick Martin
  • Titel: Die geilste Lücke im Lebenslauf – 6 Jahre Weltreisen
  • Verlag: Conbook Verlag
  • Erschienen: 2019
  • Einband: Premium-Paperback mit Einbandklappen
  • Seiten: 288
  • ISBN: 978-3-95889-249-1
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite
    Erwerbsmöglichkeiten

Wertung: 12/15 dpt


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