Matthias Wittekindt – Ein Licht im Zimmer (Buch)


Matthias Wittekindt – Ein Licht im Zimmer (Buch)

Viel Arbeit an der Atlantikküste

Ein Licht im Zimmer
© btb

Bauge, eine Kleinstadt an der Atlantikküste. Zwei Jahre ist es her, da wurde in einem Container neben einem Kindergarten ein menschliches Bein gefunden. Einige Wochen später fand man drei Frauenleichen in den Wäldern von Villons, einer fehlte ein Bein. Da alle Opfer mit einem Hammer erschlagen wurden, ist seither vom „Hammermörder“ die Rede, der allerdings seitdem anscheinend nicht mehr aktiv war.

Nun herrscht Aufregung in Bauge, denn am Strand sind Knochen angespült worden. Schnell klärt sich, dass es sich um tierische Knochen handelt, offenbar Küchenabfälle, die illegal ins Meer gelangten. Die Abfälle stammen aus der Kantine eines im Bau befindlichen Gezeitenlaufwerkes, an dem rund vierhundert chinesische Arbeiter beschäftigt sind. Sehr zum Unmut der Bewohner Bauges. Sie fürchten eine Versandung der Austernbänke und überhaupt; wieso arbeiten dort Chinesen und keine Franzosen? Die Stimmung ist aufgeheizt, es kommt zu gewalttätigen Übergriffen und die ersten Medien berichten schon über Rassismus, der wiederum den Tourismus gefährdet. Und was macht Kommissarin Nicole Giry? Sie liegt seit geraumer Zeit auf einer psychiatrischen Station wegen Überforderung. Um sie aus der Schusslinie zu holen, bitte ihr einflussreicher Vater ausgerechnet Kommissar Colbert aus Fleurville um Hilfe, obwohl die beiden keineswegs befreundet sind. Doch Colbert will politisch Karriere machen, dafür braucht er Entlastung im Job und schickt Brigadier Ohayon für einen Monat an die Küste. Als Gegenleistung winkt diesem eine Beförderung. Einzige Aufgabe: Weitere Unruhen in Bauge verhindern.

Kaum angekommen zeigt Judith Jambet einen Überfall im Stadtpark an. Ein Chinese hätte sie mit einem Hammer angegriffen. Zudem verschwindet die siebzehnjährige Delphine, angeblich um ein Festival in London zu besuchen und ihre Freundin Helene wird von einem Auto angefahren und schwer verletzt. Viel Arbeit für das kleine Team in Bauge, welches sich zunächst an Ohayon gewöhnen muss.

Das große Durcheinander

Matthias Wittekindt eröffnete mit seinem Debütroman „Schneeschwestern“ die sogenannte Fleurville-Reihe, benannt nach einer fiktiven Kleinstadt an der deutsch-französischen Grenze. Fünf Bände sind erschienen, von denen “Marmormänner” (Band 2) und „Die Tankstelle von Courcelles“ (Band 5 und zugleich ein Prequel zur Serie) mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet wurden (3. Platz 2014 und 2. Platz 2019). Auf dem Buchcover von „Ein Licht im Zimmer“, dem dritten Teil der Reihe, ist zu lesen: „Ein Fall für das Team von Kommissar Colbert“, womit das große Durcheinander schon beginnt bevor es losgeht. Colbert hat nur zu Beginn und am Ende des Romans einen Kurzauftritt, während das aus den beiden Vorgängern bekannte Personaltableau, also „das Team“, gar nicht in Erscheinung tritt.

Im ersten Teil stand Kommissar Colbert im Fokus der Handlung, im zweiten Teil die Spurenermittlerin Marie Grenier, wobei – damals noch Sergeant – Ohayon schon jeweils eine prägende Nebenfigur abgab. Nun ist Ohayon also der Protagonist, was insofern überrascht, da er noch im ersten Teil als eher arbeitsscheu dargestellt wurde. Doch man weiß, dass er mit seiner eigenwilligen Art durchaus erfolgreich ist.

In „Ein Licht im Zimmer“ gibt es mehrere Handlungsstränge, die eine hohe Aufmerksamkeit erfordern, um die zahlreichen Personen jeweils der richtigen Szenerie zuordnen zu können. Einige überdrehte Jugendliche nehmen bezogen auf das Verschwinden von Delphine, den Unfall von Helene sowie einen geheimnisvollen BUCHCLUB ordentlich Raum ein; der Überfall auf Judith Jambet ebenfalls. Es passieren noch weitere mehr oder weniger kriminelle Ereignisse, die ihrer Aufklärung harren, wobei nicht zuletzt vor allem der Hammermörder enttarnt werden will. Leider gibt es dabei Handlungsstränge, die sich nach langwieriger Ermittlungstätigkeit, sprich sehr vielen Seiten, in Wohlgefallen auflösen. Man kann auch sagen, dass der Autor hier reichlich Nebelkerzen gezündet hat, während die Suche nach dem Hammermörder zunehmend in den Hintergrund rückt. Dafür erfolgt dessen Enttarnung dann wiederum überraschend plötzlich am Ende des Romans.

Kurzum: Der Merksatz „Weniger wäre mehr gewesen.“ gilt hier ohne Einschränkung.

  • Autor: Matthias Wittekindt
  • Titel: Ein Licht im Zimmer
  • Verlag: btb (Originalverlag: Edition Nautilus)
  • Umfang: 352 Seiten
  • Einband: Taschenbuch
  • Erschienen: März 2017
  • ISBN: 978-3-442-71429-2
  • Produktseite


Wertung: 7/15 dpt


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