Michelle Paver – Schneegrab (Buch)


© PIPER

Wir schreiben das Jahr 1935 und Stephen Pearce will einen Berg besteigen. Und zwar nicht irgendeinen Berg, sondern den Kangchenjunga im Himalaya. Dafür muss er sich zwar der Expedition seines erfahreneren Bruders Kits anschließen, aber das ist ein Preis, den er zu zahlen bereit ist, oder?

Unsere beiden Brüder sind mit Bergsteiger-Heldengeschichten aufgewachsen. Im Besonderen mit der von General Sir Edmund Lyell und dessen Versuch, eben den Kangchenjunga zu besteigen, der auf tragische Weise endete. Kits möchte nun unbedingt schaffen, was seinem Helden misslungen ist. Doch die ganze Expedition ist überschattet von den Geistern der Vergangenheit. Alle sind sich nur allzu sehr des Unglücks bewusst, das Lyells Gruppe ereilt hat. Und je höher sie kommen, desto mehr häufen sich die seltsamen Vorfälle.

Die ganze Reise ist begleitet von dem Respekt, den das Gebirge einem einflößen kann. Der Gefahr, dass dieser Respekt in blanke Angst umschlagen kann. Dem Aberglauben, dem wir versucht sind, zu verfallen. Aber auch der Verbissenheit, dem Berg zu trotzen, die vielleicht noch gefährlicher ist.

Denn Stephen möchte unbedingt diesen Berg besteigen. Aber warum eigentlich? Sein Bruder Kits ist ein Bergsteiger durch und durch. Er ist erfahren, fit und einfach talentiert. Vielleicht nicht immer der angenehmste Zeitgenosse, aber er weiß, was er tut. Und Stephen möchte ihm in nichts nachstehen – nur ist er eben einfach nicht so erfahren. Er hat nicht einmal als Vorbereitung die Bücher über die fehlgeschlagene Expedition gelesen. Man bekommt das Gefühl, er möchte aus purem Trotz auf den Berg, und da fängt die Geschichte leider an, ein bisschen anstrengend zu werden. 

Wir haben es hier also mit ein paar Helden zu tun, die den Hang dazu haben, sich selbst ein bisschen zu wichtig zu nehmen. Und davon ist unser Erzähler keineswegs ausgenommen, auch wenn er das bestimmt nicht so sieht. Dabei sind aber leider weder die Charaktere selbst, noch deren Beziehungen, allen voran die der beiden Brüder, so sehr ausgearbeitet, wie ich es mir gewünscht hätte. Spannungen zwischen den Charakteren werden geschickt und interessant aufgebaut, aber verlaufen dann oft etwas im Sande.

Eine große Rolle spielt auch die Herablassung der heldenhaften weißen Bergsteiger gegenüber den Sherpas: Einheimische, die den Großteil des Proviants tragen, ohne die die Expedition nicht zu denken wäre und die keinerlei Anerkennung bekommen, manchmal sogar nicht einmal Schuhe. Wie falsch diese Einstellung ist, wird in dem Buch gut herausgestellt, wobei hervorzuheben ist, dass es sich dabei um reale Probleme handelt. Aber auch unser Hauptcharakter, obwohl er es gerne anders sehen würde, ist nicht frei von Vorurteilen und er verachtet deren Glauben und ist der Meinung, alles besser zu wissen.

“Schneegrab” von Michelle Paver ist ein Abenteuerroman mit übernatürlichen Elementen, geschrieben in der Ich-Perspektive, wobei der Schreibstil an ein Expeditionstagebuch erinnert. Es gibt viel guten Spannungsaufbau, der aber meiner Meinung nach nicht zufriedenstellend aufgelöst wird. Insgesamt eine sehr interessante Prämisse, bei der man gerne noch weiter in die Tiefe hätte gehen können.


Wertung: 10/15 dpt

  • Autor: Michelle Paver
  • Titel: Schneegrab
  • Originaltitel: Thin Air
  • Übersetzer: Karin Dufner
  • Verlag: PIPER
  • Erschienen: Dezember 2022
  • Seiten: 304
  • ISBN: 978-3-492-06345-6
  • Sonstige Informationen:
  • Produktseite
  • Erwerbsmöglichkeiten

 


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