Ein dubioser Todesfall

Nach einer rauschenden Party wird der Gastgeber tot aufgefunden. Manual „Manu“ Lienhardt war ein erfolgreicher DJ, jedoch liegt seine größte Zeit länger zurück. Frauen, die ihn nach wie vor anhimmeln, gibt es dennoch reichlich, wie die Party belegt. Es ging hoch her einschließlich Alkohol, Drogen und Sex. Jetzt liegt Manu nach einem Sturz von seinem Balkon aus dem vierten Stock im Innenhof. Inspektor Felix Grohsman und sein Team übernehmen. Von mehreren teils lautstarken Streitgesprächen berichten Gäste, aber was geschah wirklich? Ein Unfall, ein Suizid oder gar ein Mord?
Manus Karriere war Geschichte, laut ärztlichem Gutachten litt er zudem unter einem Hirntumor. Allerdings fehlt der für Selbstmörder eigentlich übliche Abschiedsbrief. Dunkle Erinnerungen werden bei Grohsman wach, denn sein bester Freund Josef starb vor fünfundzwanzig Jahren. Er stürzte sich damals von der in der Nähe gelegenen Nussdorfer Schmerlbrücke. Alles sprach für Suizid, doch einen Abschiedsbrief gab es nicht, weshalb ihm Josefs Schwester schwere Vorwürfe machte, er hätte doch als Polizist ermitteln müssen.
Ein erster Verdacht fällt auf den Steuerberater, da Manu angeblich ein Verhältnis mit dessen Frau gehabt haben soll. Die Nachbarn verwickeln sich in Widersprüche oder reden von Beginn an wirres Zeug. Derweil hat die hinzugezogene Kriminalpsychologin Nicky Witt ein ganz anderes Problem. Sie behandelt einen Patienten, der angibt, den Liebhaber seiner Frau nach einer Party vom Balkon gestoßen zu haben und dabei kann es sich nur um Manu handeln.
Das große Durcheinander
Nach „Mexikoplatz“ und „Wiener Todesmelodie“ ist der vorliegende Krimi „Tod am Nussdorfer Wehr“ von Mina Albich bereits der dritte Fall für das Trio Felix Grohsman, Nicky Witt und Joe Kettler. Folglich gibt es auch ein Wiedersehen mit mehreren Nebenfiguren. Zu Beginn macht sich zunächst Verwirrung breit, nicht nur bei den Ermittlern, sondern beim Leser. Laut Buchrücken stürzt im 20. Bezirk ein Mann von seinem Balkon, im Roman findet der besagte Sturz nach wenigen Seiten im 19. Bezirk statt. Wenn das derart weitergeht …
Sagen wir so: Wem undurchsichtige Plots nichts ausmachen, der darf zugreifen, denn der vielzitierte Wiener Schmäh wird grandios vorgetragen (jedenfalls aus der Sicht eines Nicht-Wieners wie dem Rezensenten). Unterhaltsam ist es allemal, viele Dialoge sind lustig und lohnen allein die Lektüre. Eh klar. Gleichwohl herrscht maximales Durcheinander, was nicht nur an den Nachbarn liegt, die wahlweise harte Tabletten nehmen oder an einer Amnesie leiden. Nickys Patient weist ebenfalls ordentliche Gedächtnislücken auf. So werden die Ermittler vermehrt auf falsche Spuren angesetzt und da sie zunächst einen Suizid für möglich halten, wird arg oberflächlich gearbeitet.
Der, ja, Mord, ereignet sich am 3. November und wird erst am 12. November als solcher erkannt. Ein Tresor im Arbeitszimmer des Opfers wird mit auffälliger Verspätung entdeckt, was ebenso für eine Art Testament gilt, das erst am 15. November in Manus Wohnung bei einer weiteren Durchsuchung gefunden wird. Dass die Hauptfigur Felix Grohsman teils unsympathisch rüberkommt, macht es nicht einfacher und dessen Arbeit ist nicht immer professionell. „Was für ein grober Schnitzer, ärgerte sich Grohsman“ auf Seite 308.
Zum allgemeinen Chaos passt die Auflösung, für die man starke Nerven und Kommissar Zufall braucht. „Wie konnte ein Mensch so viele Umstände und Zufälle auf seiner Seite haben?“, lautet die mehr als berechtigte Frage auf Seite 310.
Das Fazit findet sich schließlich auf Seite 314: „So einen verrückten Fall hatten wir noch nie.“
- Autorin: Mina Albich
- Titel: Tod am Nussdorfer Wehr
- Verlag: Gmeiner
- Umfang: 320 Seiten
- Einband: Taschenbuch
- Erschienen: Oktober 2024
- ISBN: 978-3-7408-2219-4
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Wertung: 9/15 dpt