Isabella Archan – Die Schlange von Sirmione (Buch)

Auch ich in Arkadien mit der Zornnatter

Nach der Polizistin Willa Stark, der Zahnärztin Leocardia Cardiff und der „Mörder“-Mitzi (wie Cardiff Amateurdetektivin aus Gründen – aber anderen) betritt mit der Wiener Polizistin Edwina Teufel eine neue Hauptfigur die Bretter der literarischen Bühne Isabella Archans.

Die Chefinspektorin, Spitzname „Zornnatter“, nimmt nach einem kollegenorientierten Wutausbruch eine nicht ganz freiwillige berufliche Auszeit, die sie mit Innehalten und einem Teilzeitjob in einem Fundbüro am Gardasee verbringt. Gelegenheit für Selbstreflexion, die italienische Landschaft zu genießen und Wohlfühlzeit mit dem Lebensgefährten Toni zu verbringen.

Das klappt ganz gut, bis ein verlotterter und augenscheinlich verwirrter Mann an ihrem Tresen auftaucht und nach seinem „tödlichen Poem“ sucht. Edwina kann ihm nicht helfen, findet aber heraus, dass es sich bei dem obskuren Besucher um den stadtbekannten, steinreichen „Eistütenkönig“ Giovanni di Levia handelt.

Am nächsten Tag ist er tot, Opfer eines heimtückischen Anschlags, bei dem auch das Gift einer Schlange eine Rolle spielt. Natürlich fühlt sich die Polizistin außer Dienst herausgefordert und mischt sich in die Ermittlung ein. Sehr zum Missfallen des leitenden Beamten Commissario Alceste. Man kabbelt sich, rauft sich zusammen und muss einen weiteren Tötungsakt hinnehmen, ehe sich der Täter offenbart. In einer für Edwina brenzligen Situation. Ob es gut ausgehen wird? Jeder, der mehr als einen Kriminalroman gelesen hat, kennt die Antwort. Die anderen vermutlich auch.

„Die Schlange von Sirmione“ ist ein Sommerroman im besten Sinne. Isabella Archan gelingt es trefflich die Topographie in ihren Roman einzubauen. Der Gardasee, die Ortschaften, Architektur, Landschaften und Bewohner prägen das Geschehen, sind Ausgangspunkt und Katalysator für die späte Selbstfindung der Wiener Polizistin Edwina Teufel und tragen ihren Teil zum Spannungsaufbau bei.

Der auf einem entspannten Level bleibt, erst im letzten Drittel sorgen einige Twists und überraschende (wie erwartbare) Ereignisse für gesteigerte Dramatik. Zuvor sorgen kleine Rätsel, Geheimnisse und Ränke bezüglich der Befugnisse Edwina Teufels für Unterhaltung.

Dezenter Humor und Ernsthaftigkeit halten sich die Waage, es gibt ebenso wenig krachlederne Bespaßung wie nervenzerrende Schockmomente. Verfehlungen der Vergangenheit, die Sünden der Väter fordern ihren Tribut, Beziehungsgeflechte werden entwirrt und fördern überraschende Verbindungen zu Tage. Familie ist ebenso Hort der Sicherheit wie Heimstatt des Schreckens und der (unangenehmen) Überraschungen.

Isabella Archan entwickelt ihr erzählerisches Gespinst mit eleganter Unaufgeregtheit, manchmal ein bisschen redselig, was aber zu einem lauen Tag an einem italienischen See passt.

Außerdem gibt die Autorin eine Lehrstunde in Sachen McGuffin. Die Schlangenthematik zieht sich, angefangen bei Edwina Teufels Spitznamen, durchs gesamte Buch bis zum Quasi-Epilog, aber notwendig sind die Reptilien und ihr Gift für die Handlung nicht. Rohypnol wäre eine naheliegendere Wahl gewesen und hätte zwecks Opferbetäubung vermutlich sogar zuverlässiger gewirkt.

Ähnlich verhält es sich mit dem „tödlichen Poem“, mit dem der später ermordete Giovanni di Levia das Fundbüro aufmischt, dessen Provenienz sie umtreibt und ihre ermittlungstechnische Neugier anregt, insofern als eine handlungstreibende Anekdote dient, vielleicht auch im Dunkeln leuchtet, viel mehr aber nicht her- und preisgibt.

Das mitunter erwähnte und nicht aufgedröselte Trauma aus Teufels Vergangenheit könnte man ebenso hinzuzählen, es kann aber auch ein Verweis darauf sein, dass Edwina Teufel zur Serienfigur wird. Das Lago di Garda-Dolce Vita, versetzt mit giftigen Injektionen, würde für weitere Exkursionen genügend Stoffe hergeben.

Cover  © Haymon Verlag

Wertung: 10/15 dpt

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