Christina Henry – Der Geisterbaum (Buch)


Christina Henry - Der Geisterbaum © Cover by Penhaligon

Als zwei Mädchenleichen in der Stadt Smiths Hollow auftauchen, weiß die 14-jährige Lauren, dass niemand über die Morde sprechen wird. Schließlich wurde auch der Tod ihres Vaters, dessen Leiche ein Jahr zuvor unter dem mysteriösen Geisterbaum im Wald gefunden wurde, nie aufgeklärt. Warum musste er sterben? Welches Geheimnis verbirgt der so furchteinflößende wie vertraute Geisterbaum? Lauren begibt sich auf Spurensuche – wohl ahnend, dass sie in großer Gefahr schwebt.

Christina Henry hat sich in den vergangenen Jahren mit ihren Adaptionen bekannter Roman- und Märchenvorlagen einen Namen gemacht. Besonders ihre „gruselige“ Handschrift hat dazu beigetragen, aber auch tragische und dystopische Untertöne liegen ihr.
Mit „Der Geisterbaum“ hat sich Christina Henry wieder mehr ins Horrorgenre gewagt.

Angesiedelt ist der Roman dieses Mal in den 1980er Jahren in der Kleinstadt Smiths Hollow, deren Name wohl nicht zufällig an die berühmte Stadt Sleepy Hollow erinnert. Im Mittelpunkt steht die vierzehnjährige Lauren, deren Konstante ihres Lebens schon öfter aus den Fugen geriet. Vor einem Jahr wurde ihr Vater brutal ermordet in der Nähe des Geisterbaums gefunden, ein Ereignis, welches außer ihr niemand zu erschüttern scheint.

Das Verhältnis zu ihrer Mutter ist angespannt und zu allem Überfluss interessiert sich ihre beste Freundin Miranda plötzlich nicht mehr für gemeinsame Abenteuer am Geisterbaum, sondern nur noch für Jungs, Autos, Styling und die perfekte Figur. Als die Leichen der Mädchen im Garten einer unbequemen Nachbarin gefunden werden und sich zunehmend seltsame Ereignisse häufen, macht sich Lauren daran, dem Geschehen auf den Grund zu gehen.
Warum spricht niemand über die Morde? Warum verschwinden immer wieder Menschen, an die sich plötzlich niemand mehr erinnern kann? Und warum weiß ihr vierjähriger Bruder Dinge, die er gar nicht wissen sollte?

Mit ähnlichen Fragen beschäftigt sich Offizier Alex Lopez, der vor nicht allzu langer Zeit mit seiner Familie nach Smiths Hollow zog. Verwundert über die Gleichgültigkeit seiner Kollegen und der Stadtbewohner bemüht er sich, den Rätseln auf den Grund zu gehen. Dabei stößt er, ähnlich wie Lauren, auf einen düsteren Abgrund, der unter der so schläfrigen Oberfläche der Stadt ruht.

Abgründe finden sich reichlich; Fragen und Rätsel werden zuhauf aufgeworfen, im Laufe der Geschichte aber nach und nach aufgeklärt. Dies geschieht jedoch auf eine sehr geschickte Weise, sodass die Spannung konstant bis zur letzten Seite aufrechterhalten wird.

Klug konstruiert ist auch das Zusammenwirken der Erzählperspektiven. „Der Geisterbaum“ wird von vielen unterschiedlichen Personen geschildert, da die Wechsel jedoch fließend stattfinden und das vorherige Geschehen aufgreifen, kommt beim Leser kaum Irritation auf.

Das große Ensemble bietet reichlich Identifikationspotenzial, von Jugendlichen, die die Tücken des Erwachsenwerdens erfahren bis hin zu Erwachsenen, die die Tücken des Erwachsenseins durchleben.

„Es war lächerlich, sich als erwachsene Frau zu fühlen wie ein Highschool-Mädchen, das nicht in den Club der Coolen aufgenommen wurde, aber so war es schon immer gewesen“.

Wie in allen Büchern von Christina Henry finden sich auch hier gesellschaftsrelevante und -kritische Themen, die durch verschiedene Figuren des Romans verdeutlicht und dargestellt werden. Dass man auf diese Weise Einblicke in mannigfaltige Lebensrealitäten erhält, ist ein interessantes Leseerlebnis.

Der Schreibstil ist angenehm, klar und zugleich äußerst spannend. Wer die Bücher von Christina Henry kennt, weiß, dass es mitunter auch recht blutig werden kann. Auch „Der Geisterbaum“ steht dem in nichts nach und wer mit drastischeren Beschreibungen Schwierigkeiten hat, sollte sich dessen bewusst sein.

Nichtsdestotrotz ist der neue Roman von Christina Henry eine Freude für alle Leser des Phantastik-, Mystik- und Horrorgenres, mit einer großartig geschilderten Atmosphäre. Wer die Autorin und ihre Bücher noch nicht kennt, sie aber gerne kennenlernen möchte, findet in „Der Geisterbaum“ einen guten Einstieg. Und alle Fans ihrer Bücher werden mit Sicherheit wieder auf ihre Kosten kommen.


Wertung: 13/15 dpt

  • Autor: Christina Henry
  • Titel: Der Geisterbaum
  • Originaltitel: Ghost Tree
  • Übersetzer: Sigrun Zühlke
  • Verlag: Penhaligon in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH
  • Erschienen: 03/2023
  • Einband: Gebundenes Buch, Pappband
  • Seiten: 512
  • ISBN: 978-3-7645-3276-5
  • Sonstige Informationen:
  • Produktseite
  • Erwerbsmöglichkeiten

Cover © Cover by Penhaligon in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH


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