T. Kingfisher – The Hollow Places. Kara und die rätselhafte Welt hinter den Dingen (Buch)

Erst kürzlich habe ich “Was die Toten bewegt” und “Was die Nacht verschweigt” von T. Kingfisher hier besprochen. Mit “The Hollow Places” erschien ein etwas ausführlicheres Standalone (368 Seiten statt knapp 200 Seiten) im Eichborn-Verlag. Bereits das Cover verspricht hier wieder eine ordentliche Portion atmosphärischen Grusel.

Was ich vor dem Lesen der Danksagung im Buch nicht wusste: Auch “The Hollow Places” ist eine Adaption/Neuinterpretation eines Klassikers der Gothic-Horror-Literatur, nämlich von Algernon Blackwoods Novelle “Die Weiden”. Recht neu im Horror-Genre hatte ich von Blackwood vorher noch nie gehört, spätestens seit der Lektüre dieses Buches steht er aber auf meiner Liste ganz oben!

Nach der Trennung von ihrem Mann nimmt Kara das Angebot ihres Onkel Earls, ihm in seinem Kuriositäten-Museum auszuhelfen und dort zu wohnen, dankend an. Das Museum wird nur noch kurioser, als sie eines Tages in einer der Wände ein Loch entdeckt … Gemeinsam mit Simon, dem schwulen Barista aus dem Café nebenan, erkundet sie das Loch und was dahinter liegt – nichtsahnend dass sie damit eine Welt betritt, in der nichts ist wie es scheint und sie sich in große Gefahr begibt. Niederträchtige Weidenbäume und gruselige Fährmänner sind nur einige der merkwürdigen Erscheinungen, denen Kara und Simon dort begegnen.

Thalia gibt das empfohlene Lesealter für “The Hollow Places” mit sechzehn Jahren an und ich kann diese Einschätzung absolut unterschreiben. Das Buch ist zwar kein Splatter-Horror-Schocker bei dem hartgesottene Leser*innen vom Stuhl fallen, aber es bedient dennoch einige Horror-Elemente, die, zumindest für mich, um einiges schauriger waren, als in Kingfishers Poe-Adaptionen. Ob das am Grundmaterial von Blackwood liegt, kann ich nicht beurteilen. Für mich macht es aber auch immer einen Unterschied, ob eine Geschichte in unserer aktuellen Zeit spielt – und das ist bei “The Hollow Places” der Fall. In jedem Fall ist das Buch viel horror- und weniger fantasylastiger als ich nach Lesen des Klappentextes dachte. Kingfisher vermischt hier die Elemente der ursprünglichen Geschichte, mit übersinnlichen und klassischen Horror-Elementen und auch einer kleinen Portion recht expliziten Bodyhorrors.

Mit Kara, von ihrem Onkel und dem Nachbarn Simon nur Karotte genannt, hat Kingfisher eine selbstbewusste und unglaublich sympathische Protagonistin erschaffen. Aber auch ihr Onkel Earl und der Nachbar Simon sind so gut und liebenswürdig gezeichnet, dass ich gerne mal mit allen dreien einen Kaffee trinken würde. Dazu kommt die wunderbar verschrobene Atmosphäre, die durch das Kuriositäten-Museum an sich entsteht. Definitiv ein Museum nach meinem Geschmack! Außerdem liebt Kara Bücher. Sie selbst schreibt smutty Fanfictions und macht immer wieder Anspielungen auf klassische Literatur. Das alles gepaart mit dem typischen Kingfisher-Humor gibt der Horror-Geschichte ein Grundgerüst, das mir enorm gut gefallen hat.

Hin und wieder gibt es kleinere Logiklücken, wie z. B. dass die Wochentage durcheinander gerieten oder dass nicht gut aufgeklärt wird, wieso der Ausgang aus der Parallelwelt trotz eindeutiger Kennzeichnung nicht erkennbar ist – beides schmälert den Lesespaß aber kaum. Und auch der Auslöser für die gesamte Misere ist den Lesenden, im Gegensatz zu Kara sehr schnell klar. Da aber noch so viel unvorhergesehenes passiert, bleibt die Spannung dennoch erhalten.

Für mich eine ganz klare Empfehlung für alle Fans von Schauergeschichten und T. Kingfishers großartigem Stil!

  • Autor: T. Kingfisher
  • Titel: The Hollow Places
  • Originaltitel: The Hollow Places
  • Übersetzer: Sonia Bonné
  • Verlag: Eichborn
  • Erschienen: 11/2024
  • Einband: Taschenbuch
  • Seiten: 365
  • ISBN: 978-3-7517-6453-7
  • Sonstige Informationen:
  • Produktseite
  • Erwerbsmöglichkeiten

Wertung: 13/15 dpt

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2 Kommentare
  1. Hallo Karoline,
    dieses Buch war mein erstes der Autorin. Ich habe so viel Gutes über ihre Werke gehört, da musste ich endlich mal eines lesen. Mir gefiel hier das Setting sehr. Einerseits gefiel mir der “leichte”Horror. Andererseits hätte ich mir aber auch gewünscht, dass die Autorin mehr “show don’t tell” verwendet hätte. Ein großer Teil der Spannung wurde durch die Gedankenwelt der Protagonistin abgedeckt. Durch ihre Ängste und Sorgen. Da hätte man, m.E. noch mehr draus machen können. Die Figuren fand ich wiederum großartig. Und ja, du hast es gut zum Ausdruck gebracht. “Verschroben” trifft es sehr gut. Und gerade das hat mir hier sehr gefallen.Das wird definitiv nicht mein letztes Buch der Autorin bleiben.

    Liebe Grüße
    Tanja :o)

    1. Liebe Tanja,
      Vielen Dank für deinen Kommentar! Ich geb dir vollkommen recht – „Show don’t tell“ ist nichts, worauf T. Kingfisher großen Wert legt. Wem das sehr wichtig ist, der sollte besser nicht zu ihren Büchern greifen. Nichtsdestotrotz schafft sie es für mich fast immer eine Atmosphäre entstehen zu lassen, in die ich eintauchen kann. Da legt aber auch jeder seine Prioritäten anders. 🙂

      Liebe Grüße und einen guten Start ins neue Jahr!

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